Planung war lange eine männliche Domäne – höchste Zeit, die Disziplin einer Standortbestimmung zu unterziehen. Hochparterre-Redaktor Joris Jehle mit einem Plädoyer für Gleichstellung und Partizipation.
Lieber Planer Die Chance ist gross, dass Sie männlich, zwischen 30 und 65 Jahre alt, Schweizer oder Deutscher, körperlich gesund sind und ein mittleres bis hohes Einkommen erzielen. Auch ich zähle zu dieser Bevölkerungsgruppe, die nicht nur in vielen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereichen übervertreten ist, sondern auch in der Planungsbranche. Sie hat Macht.
Uns Männern sollte bewusst sein, dass unsere spezifische Lebenserfahrung unseren Alltag prägt. Die männliche Perspektive unterscheidet sich massgeblich von derjenigen anderer Bevölkerungsgruppen, insbesondere von der weiblichen. Gewisse Blickwinkel können wir temporär einnehmen. Sobald wir uns ein Bein brechen, mit dem Kinderwagen oder dem gebrechlichen Vater unterwegs sind, erfahren wir einen Perspektivenwechsel: Plötzlich erleben wir, wie wichtig Barrierefreiheit oder saubere öffentliche Toiletten mit Wickeltischen sind. Andere Aspekte sind uns jedoch verschlossen, etwa die Isolation der Vollzeithausfrau, das fehlende Sicherheitsgefühl in einer schlecht ausgeleuchteten Strasse oder die Angst, ein Gesetz zu übertreten und aus dem Land geschafft zu werden.
Da wir viele Erfahrungen nicht kennen, müssen wir die Perspektiven diversifizieren. Das ist ein zentrales Anliegen der feministischen Planung, denn auch die gebaute Umwelt ist männlich geprägt. Die Begriffe ‹feministisch›, ‹gendergerecht› und ‹alltagsgerecht› überlappen sich; ich spreche von feministischer Planung, auch um das Verdienst unzähliger Frauen zu betonen.
In den vergangenen Jahren haben feministische Strömungen einen starken Aufschwung, aber auch viel Gegenwind erfahren. Und seit seinen Ursprüngen hat sich der Feminismus stark gewandelt. Heute versteht er sich als Bewegung, die für eine gerechte, zukunftsfähige Gesellschaft und für die Mitsprache von Bevölkerungsgruppen einsteht, die benachteiligt werden. ...
Lieber Planer
Planung war lange eine männliche Domäne – höchste Zeit, die Disziplin einer Standortbestimmung zu unterziehen. Hochparterre-Redaktor Joris Jehle mit einem Plädoyer für Gleichstellung und Partizipation.
24.02.2025 14:00