Die Architektur des Films ‹High-Rise› ist im Computer gebaut worden. Fotos: StudioCanal

Tower der Triebe

Wahnsinn, Narzissmus, Stromausfall – das sind die Elemente der Film-Dystopie ‹High-Rise›. Und wir mittendrin: Am 28. Juni zeigt Hochparterre Kino den Londoner Mikrokosmos.

Flackernde Fenster vor düsterem Himmel. Wir blicken auf einen vierzig Geschosse hohen Mikrokosmos am Rande von London, der schleichend kollabiert. Lifte bleiben stecken, der Müllschlucker verstopft, und Partys entwickeln sich zu Orgien. Wahnsinn, Narzissmus, Stromausfall – das sind die Elemente der Dystopie ‹High-Rise›. Und wir mittendrin. Mit dem Erzähler Doktor Laing (Tom Hiddleston) ziehen wir ein, umarmen den Beton des Appartements, staunen über das barocke Feiern der Upperclass in den oberen Geschossen und über die sexuellen Ausschweifungen der desillusionierten Familienväter und -mütter unten. Der gottgleiche Architekt (Jeremy Irons) wohnt im Penthouse. Während seine Frau auf einem Schimmel durch den nostalgischen Dachgarten reitet, beugt er sich zweifelnd über seine Pläne. Ob er etwas falsch gemacht hat? Wir, irgendwie zwischen den gesellschaftlichen Klassen, schwimmen im 30. Stock, spielen im 20. Squash, kaufen im 15. Wein und sonnen uns auf unserer leergefegten Terrasse im 25. Drei Monate später werden wir dort einen Hund braten.Mit diesem Hund beginnt das Buch des 2009 verstorbenen Briten J. G. Ballard von 1975. Manche, die es schon lange lieben, werden über die filmische Adaption fluchen, der letzte in einer Reihe vieler gescheiterter Versuche. Viele werden sie aber auch für geglückt halten. Allein der Stil! Das Buch spielt in seiner Entstehungszeit, der Film holt die Siebzigerjahre zurück, huldigt der Kleidung aus der Zeit, den Autos und Tapeten. Und natürlich Sex, Alkohol und Architektur. Die runden Betonecken der Wannenbalkone sind erotischer Brutalismus und das digitale Werk des Produktionsdesigners Mark Tildesley. Baute man das Hochhaus, so würde Inneres und Äusseres schwerlich zusammenpassen. Dann hätte es wohl 500Wohnungen ohne Fenster, scherzte Regisseur Ben Wheatley in einem Interview.Trotzdem: Das Haus ist der Star. Finster krümmt es sich de...
Tower der Triebe

Wahnsinn, Narzissmus, Stromausfall – das sind die Elemente der Film-Dystopie ‹High-Rise›. Und wir mittendrin: Am 28. Juni zeigt Hochparterre Kino den Londoner Mikrokosmos.

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