Vor dem grossen Ansturm: Besucher vor der prämierten Arbeit von Andrea Helbling in der Kategorie Architektur.

Swiss Photo Award, die Siegreichen

In der Photobastei trifft sich die Szene der Berufsfotografinnen und -fotografen. Heute gratulierten sie den Gewinnerinnen und Gewinnern des Swiss Photo Award, der in sechs Kategorien verliehen wird.

In der Photobastei tritt sich die Szene der Berufsfotografinnen und -fotografen . Heute gratulierten sie den Gewinnerinnen und Gewinnern des Swiss Photo Award. Aus 525 Serien hatte die Jury eine Shortlist der 36 besten Arbeiten ausgewählt, 21 davon nominierten sie für den Award, der in jeder der sechs Kategorien ausgeschrieben und mit 5000 Franken dotiert ist. Diesen Preis und die vielen Glückwünsche nahmen entgegen: Andrea Helbling für Architektur, Anita Vozza für Editorial, Lorenz Cugini für Fashion, Jessica Wolfelsperger für Fine Art, Jaromir Kreiliger in der Kategorie Free, Christian Bobst für Reportage und Diego Alborghetti für Werbung.

Die Ausstellung im zweiten Stock der Photobastei zeigt die Prints zwar nach Kategorien gehängt, mit oder ohne Rahmen oder direkt an die Wand gepinnt. Trotzdem wirbeln die Bilder mitten durch die Kategorien hindurch. Ein dokumentarischer Ansatz bei Fine Art, historische Rekonstruktion bei der Mode, Dokumentation in der Architektur, lyrische Ansätze bei der Reportage.

Bei letzterer Kategorie war die künstlerische Freiheit und die Manipulationen der ursprünglich prämierten Arbeit von Roshan Adhihetty über Nacktwanderer allerdings zu gross. Erkannt wurde das, als der Fotograf seine Arbeit den anderen Preisträgern vorstellte. Eine adhoc-Jury hat dann den Preis stattdessen an die klassische Reportage von Christian Bobst über senegalesische Wrestler verliehen. Während Adhihetty seine erzählerisch dichten Bilder inszenierte, den Wanderern Posen vorgab und Personen gar digital entfernte oder einfügte, verlässt sich Christian Bobst auf die grundsätzlichen journalistischen Prinzipien, die man von einer in der Kategorie Reportage eingegebenen Arbeit verlangen muss. Die Bilder, die Christian Bobst aus dem Senegal zurückbringt, zeigen, wie Sport und Geisterglauben zueinanderfinden – in starken Bildern, die nichts erfinden, aber das Wesentliche zeigen.

Auf der Wand gewinnen die einen oder anderen Serien an Format, wie zum Beispiel die Arbeiten in der Kategorie Werbung – Dan Cermaks Motive, die er für die Plakate einer Ausstellung über Gärten im Museum Rietberg entwickelt hat, führen ein Eigenleben als Bilder und verweigern sich auf den ersten Blick dem Werbezeweck. Gewonnen hat mit Diego Alborghetti in dieser Kategorie eine Kampagne für den Laden Sibler, für die er sorgfältig ausgewählte und gekleidete Models allerlei Haushaltgeräte tragen lässt, als wären es Modeaccessoires. Auch Lorenz Cugini, der den Preis für die beste Modefotografie gewann, testet die Grenzen der Kategorie aus: Ursprünglich für einen Artikel über Teppiche bei Hochparterre entwickelt, führte er die Serie weiter und konnte sie in einer Ausstellung im Museum Bellerive zeigen. Dabei zeigt er den Teppich, der uns stets zu Füssen liegt, als Kleidungsstück, das Eigenleben erhält. Auch in der Kategorie Free und Editorial sind die Grenzüberschreitungen vielfältig und anregend. Die beiden Jurymitglieder in der Kategorie Fine Art haben drei Serien in Schwarzweiss ausgewählt, wovon eine ebensogut in der Kategorie Reportage Interesse gefunden hätte. Sowieso Schwarzweiss: sechs von 21 Serien verzichten auf Farbe, in der Kategorie Architektur ebenso wie in Kunst, Reportage, Editorial und Free.

Der Award zeigt den Stand der Dinge der Berufsfotografie. An keinem anderen Ort in der Stadt Zürich, ja in der Schweiz, wird hier verhandelt, was die Bildwelten ausmacht, mit denen wir uns tagtäglich konfrontiert sehen. Und so, wie die Fotografinnen und Künstler souverän über die Gattungsgrenzen hinaus spielen und die Fotografie als Disziplin zwischen Kunst und angewandter Gestaltung weiterbringen, so nimmt auch die Photobastei Definitionsfragen spielerisch auf. Ist das noch Kunst oder schon etwas Neues? Wie wichtig ein solcher Freiraum für die Fotografie und angrenzende Gebiete ist, zeigt der Award. Dass Fotografie einen Raum braucht, zeigt die Photobastei. Und dass dieser Raum genutzt wird, zeigen die Besucherzahlen, die steigen. Bleibt zu hoffen, dass die Photobastei bald auf die Unterstützung zählen kann, die sie verdient. Damit sie weiterlebt.

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