Der Künstler und Architekt Heinz Julen wollte das Kleine Matterhorn zu einem Viertausender aufstocken. Fotos: Heinz Julen

Die Gipfel überhöhen

Seit hundert Jahren wollen Gipfelstürmer die Alpen mit Megabauten verschönern. Das zeigen derzeit zwei Ausstellungen und ein Blick zurück auf die letzten zehn Jahre Turmplanung in den Bergen.

Pfeiler und Bögen ragen aus dem Wolkenmeer, die Bergspitzen sind kristallförmig behauen, auf Gipfeln balancieren nadeldünne Pyramiden. Es sind traumähnliche Bilder, mit denen der deutsche Architekt und Stadtplaner Bruno Taut 1919 in der Publikation «Alpine Architektur» seine Utopien einfing, mit denen er Architektur und Natur verschmelzen wollte. Remo Stoffel träumt nicht. Der Besitzer der Therme Vals kalkuliert mit nackten Zahlen und schwingt dazu die PR-Trommel, dass das Echo weit übers Tal hinaus scheppert bis nach New York. Doch Stoffel wird bald merken, dass die Schweiz nicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist, und dies – aus architektonischer Sicht – mit gutem Grund. Seit Bruno Taut vor hundert Jahren die Berge verschönern wollte, geistern alpine Megalomanien durch die Architektur, die jedoch meist Fiktion blieben. Das zeigt derzeit die Ausstellung «Dreamland Alps» in der Architekturgalerie in München, die bis am 10. April 22 vorwiegend utopische Projekte in den Bergen präsentiert. 1913 ersann Adolf Loos ein gigantisches Wintersporthotel in Österreich. Ein Sanatorium gross wie ein Kreuzfahrtschiff bahnt sich 1927 auf den Plänen von Henry-Jacques Le Même den Weg durch das Plateau d’Assy. Ebenfalls in Frankreich projektierte Fernand Ottin 1946 ein Solarium, das sich um die eigene Achse drehte.Gebaut wurde keiner der drei Entwürfe, was den Gipfelträumen jedoch keinen Abbruch tat. Dies veranschaulicht auch das Musée de Bagnes in Le Châble, das bis Ende Mai Walliser Visionen vorstellt. Etwa eine Hochhaussiedlung mit 23 Türmen, in den 60er-Jahren am Hang über Crans-Montana projektiert. Nur drei Türme wurden realisiert, doch ein wohlhabender Russe glaubt heute wieder an die Idee: Er will fünf neue Türme errichten.Das ist kein Einzelfall. Das Konzept des Tourismusresorts, erfunden in den 60er- und 70er-Jahren, ist wieder en vogue – nur spektakulä...
Die Gipfel überhöhen

Seit hundert Jahren wollen Gipfelstürmer die Alpen mit Megabauten verschönern. Das zeigen derzeit zwei Ausstellungen und ein Blick zurück auf die letzten zehn Jahre Turmplanung in den Bergen.

E-Mail angeben und weiterlesen:

Geben Sie uns Ihre E-Mail-Adresse und wir geben Ihnen unseren Inhalt! Wir möchten Ihnen gerne Zugriff gewähren, obwohl dieser Beitrag Teil unseres Abos ist.