Das neue Mutterhaus beherbergt die Zellen der Schwestern, Küche und Kapitelsaal, Büros, Gemeinschaftsräume sowie eine Kapelle (links). Fotos: Jonathan Ritler, 2017 (Hochschule Luzern - Technik & Architektur)

Marcel Breuers Traumprojekt feiert Jubiläum

Vor 50 Jahren wurde das von Marcel Breuer erbaute Kloster Baldegg eingeweiht. Die Ordensgemeinschaft arbeitet mit der Hochschule Luzern an einer Zukunftsstrategie und an einem Buch zum Bauwerk.

Wie kommt es, dass im Luzerner Seetal ein Bau von Marcel Breuer steht, einem unbestrittenen «Star-Architekten» des vergangenen Jahrhunderts? Und wieso weiss kaum jemand davon?

Vor ziemlich genau 50 Jahren, am 4. November 1972, wurde das neue Mutterhaus Sonnhalde des Klosters Baldegg feierlich eröffnet. Marcel Breuer hatte in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Beat Jordi die moderne Anlage entworfen. Für den damals 70-jährigen Architekten mit Büro an der Madison Avenue in New York stellte der Auftrag der franziskanischen Ordensschwestern aus dem Luzerner Seetal ein «Traumaufgabe» dar – so konnte es jedenfalls «Das Werk» vermelden, das dem Bauwerk vier reich illustrierte Doppelseiten inklusive Interview mit Breuer himself widmete.

Plastische Geometrien in Beton: Dachrand der Kapelle

Wie dort zu erfahren ist, war es nicht die besondere Bauaufgabe allein, die zur Begeisterung des Architekten beitrug, sondern auch die «Zusammenarbeit mit einer sehr verständigen Bauherrschaft». Tatsächlich entstand die Architektur in engem Austausch mit den Schwestern des Klosters Baldegg. Unzufrieden mit dem Projekt des Schweizer Architekten Hanns Anton Brütsch, der als Gewinner aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangen war, waren sie dank eines Tipps des damaligen Luzerner Kantonsbaumeisters an Breuer gelangt. Dieser verwirklichte in der Schweizer Seen- und Hügellandschaft einen Bau aus Stein- und vorgefertigen Betonelementen, der sinnliche Plastizität mit geometrischer Strenge verband und so einen zeitgenössischen Ausdruck für die spirituelle Gemeinschaft fand. Ein Glücksfall für die Ordensgemeinschaft, die  den Bau bis heute «als ihr ideales Kloster erlebt, eingebettet in die umgebende Natur in Einklang mit ihrer religiösen Praxis».

Gegenseitige Wertschätzung zeichnete die Zusammenarbeit zwischen Marcel Breuer und den Baldegger Schwestern aus (Foto: Sr. Veronika Scharrer, Kloster Baldegg)

Von der architektonischen Popularität, wie sie beispielsweise das Kloster La Tourette von Le Corbusier geniesst, ist das zurückhaltendere Kloster Baldegg indes weit entfernt. Wie das Kloster zum 50-Jahr-Jubiläum selber schreibt, ist das Bauwerk von Breuer «der Öffentlichkeit und auch Fachleuten wenig bekannt». In Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern HSLU soll nun die Geschichte des Bauwerks aufgearbeitet und in einer Publikation einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden.

Die Beschäftigung mit dem baulichen Erbe und dessen zukünftigen Potentialen ist Teil eines umfassenden Transformationsprozess, der sich mit dem Faktum zu beschäftigen hat, das die Ordensgemeinschaft, die heute noch 180 Schwestern umfasst, allmählich kleiner wird. Das 50-Jahr-Jubiläum ist deshalb nicht nur Anlass für eine historische Rückschau, sondern auch für einen Blick in die Zukunft. «Ziel des Prozesses ist es», schreibt dazu das Kloster Baldegg, «in der Tradition der Baldegger Schwestern Formen der Gemeinschaft, des Umgangs mit der Natur, der Bildung und der Spiritualität aufzugreifen, die notwendig sind, um in Zeiten des Wandels einen Raum zu schaffen, wo die Zukunft gedacht und erarbeitet werden kann.»

 

close

Kommentare

hansfischerliu 14.12.2022 15:35
...das Bild mit dem Architekten und der Baldeggerschwester zeigt ganz genau, wie durch eine gegenseitige Wertschätzung ein so grossartiges Ensemble entstehen kann..grande!!........hansfischerliu
hansfischerliu 07.11.2022 16:29
...das Bild mit dem Architekten und der Baldeggerschwester zeigt ganz genau, wie durch eine gegenseitige Wertschätzung ein so grossartiges Ensemble entstehen kann..grande!!........hansfischerliu
Kommentar schreiben