Des Kaninchens Shortlist: Triemli 4
Das Kaninchen, der Senn-Förderpreis für junge Architektur, zeichnet das beste Erstlingswerk des Jahres aus. In einer kleinen Serie präsentieren wir die vier Projekte der engeren Wahl.
Am 2. Dezember feiert Hochparterre die ‹Besten› in Architektur, Design und Landschaft. Das ‹Kaninchen› ergänzt die traditionsreichen Hasen und prämiert ein realisiertes Erstlingswerk. Dieses Jahr gingen über zwanzig Bewerbungen ein – vom Umbau eines Dachstocks bis zum Schulhaus-Neubau, vom privaten Auftrag bis zum gewonnenen Wettbewerb. In einer kleinen Serie zeigen wir die vier Projekte, die in einer ersten Juryrunde auf die Shortlist gewählt wurden. Heute geht's los – und dann im Wochenrhythmus weiter. Bleiben Sie dran!
Des Kaninchens Shortlist #1:
Triemli 4, Wohnhaus in Wiedikon, Zürich
Architektur: toblergmür, Zürich
Und das schreiben die Architekten zu ihrem Projekt:
«Die Liegenschaft der Baugenossenschaft Rotach an der Schweighofstrasse 362 liegt im Westen von Wiedikon, im Norden des Quartiers Friesenberg, welches stark vom Gartenstadtcharakter geprägt ist. Zeilenbauten der 1920er bis 1950er Jahre, umfassende Grünräume, aber auch die verkehrsreiche Schweighofstrasse bestimmen den Charakter der Umgebung. Der Perimeter liegt in der Zone W4 zwischen der Schweighofstrasse und der anschliessenden Erholungszone, die einen Sportplatz sowie die Aussenanlagen des Sportzentrum Heuried im Nordwesten umfasst. Die heute stark homogen bebaute Schweighofstrasse wird durch die strassenbegleitende Zeile in ihrem Charakter verändert. Die L- förmige Gebäudestruktur schliesst gegen Süden ab und schafft mit seiner gezackten Form eine veritable Gartenfassade Richtung baumbestandener Freihaltezone.
Ein Durchbruch in der Strassenfassade führt an den gedeckten Veloparkplätzen und Briefkästen zum lichtdurchfluteten Treppenhaus und dient gleichzeitig als informelle Durchwegung zum östlichen Sportplatz. Ein grosser Betontisch sowie eine Grillstelle laden zur gemeinsamen Verköstigung ein und dienen den BewohnerInnen als attraktiven Treffpunkt im Erdgeschoss. Südseitig fliesst der baumbestandene Freiraum bis ans Gebäude und verzahnt sich mit den Gärten der Erdgeschosswohnungen. Ein einziges Treppenhaus erschliesst sämtliche Wohnungen und garantiert somit willkommene Begegnungsmöglichkeiten der Bewohnenden. Die gemeinsame Dachterrasse mit Pergola und Aussenküche rundet das attraktive Angebot ab und lädt zum gemeinsamen Bestaunen der Sonnenuntergänge ein.
Die vier Wohnungen im Regelgeschoss haben je nach Lage und Orientierung ihr eigenes Thema. Verbindendes Element sind die grosszügigen, klaren Wohnräume, welche jeweils mit den Küchen und den Aussenräumen eine spannende Raumfigur bilden. Klar gegliederte Tag- und Nachtbereiche, eine optimale Möblierbarkeit sowie eine gute Besonnung und Belichtung sorgen für einen sehr hohen Wohnkomfort. Die Wohnung an der Schnittstelle zum nördlichen Nachbarn punktet durch ihren grosszügigen Laubengang, die übrigen Wohnungen erhalten ihren Charakter durch die verglaste Gartenseite mit ihren charaktervollen Verandatürmen. Die Abtreppung im Volumen löst dabei die vorhandene Lärmproblematik und lässt die Morgensonne tief in die Wohnräume strahlen.
Zur Schweighofstrasse gliedert sich das Haus mit seinem Öffnungsverhalten in die Nachbarschaft ein. Im bewussten Kontrast dazu präsentiert sich die südseitige Gartenfassade als feingliedrige Struktur, welche das Leben in den Baumwipfeln inszeniert. Ausladende Vordächer als Brise-soleil sowie Stoffmarkisen schützen vor der Sommersonne und geben der Gartenfassade eine verspielte Note. Die dicht bepflanzte Freihaltezone mit den wunderbaren, grossen und ausladenden Bäumen bieten ausreichenden Schutz vor Einblicken.
Die gewählte Materialisierung und die PV-Anlage auf dem Attikadach machen das Projekt zu einem Vorreiter bezüglich dem zeitgemässen, nachhaltigen Bauen. Die Materialien sind nachhaltig und umweltfreundlich, die Konstruktion effizient und die Energiegewinnung vorbildlich. Dazu kommt das kompakte Volumen, die konsequent übereinander liegenden Nasszellen und Küchen sowie die optimale Tageslichtnutzung. Durch das Anbauen an die nördliche Gebäudezeile kann ein rückwärtiger, lärmabgewandter Raum geschaffen werden. Durch das zusätzliche Abtreppen des Volumens gegen Osten und die entsprechende Anordnung der Wohnungen können südseitig lärmgeschützte Aussenräume und Lüftungsfenster angebracht werden. Somit können sämtliche Zimmer aller Wohnungen sowie sämtliche Aussenräume lärmabgewandt gelüftet werden. Auf eine kontrollierte Wohnungslüftung kann damit verzichtet werden. Das Gebäude wird als Holzbau ausgeführt. Die moderaten Spannweiten und die geringe Gebäudehöhe ermöglichen eine effiziente, robuste und äusserst nachhaltige Struktur. Die grossen Aussenräume sind konsequent als selbsttragende Türme vor das gedämmte Volumen gestellt. Die tragenden Holzrahmen mit der hinterlüfteten Fassade stehen für Materialeffizienz und Langlebigkeit.»
Triemli 4, Wohnhaus in Wiedikon, Zürich
Architektur: toblergmür, Zürich
Bauherrin: Baugenossenschaft Rotach Zürich
Baumanagement: Thommen Katic
Landschaftsarchitektur: LINEA landscape architecture
Kosten BKP 1-9: 12.5 Mio.
Wettbewerb auf Einladung 2019, 1.Preis
Projektierung/Ausführung 2020-2024
Fertigstellung August 2024
Kaninchen 2025
Förderpreis für das beste Erstlingswerk, gestiftet von SENN
Jury:
– Barbara Neff, Architektin, Zürich
– Martin Hofer, Immobilienexperte und Architekt, Gockhausen
– Norma Tollmann, Architektin, Basel (Gewinnerin 2023)
– Nicolas de Courten, Architekt, Lausanne (Gewinner 2024)
– Marcel Bächtiger, Redaktor Hochparterre (Leitung)
Preisverleihung der ‹Besten›
Die Hasen in Gold, Silber, Bronze, ein Kaninchen und drei Publikumspreise werden überreicht am Dienstag, 2. Dezember 2025, im Museum für Gestaltung Zürich, Ausstellungsstrasse 60, Zürich. 19 Uhr. Zur Anmeldung geht es hier.