Entwurfsskizze aus dem Gestaltungsprozess einer Clusterschule

Raum und Bildung

Meta Rüegg, Silvan Seifert und Niklaus Oppliger studieren Innenarchitektur und Szenografie an der HGK Basel. Sie haben ein Raumkonzept für die Cluster-Schule Bubenholz in Opfikon entwickelt.

Zukunft. Visionen. Neu. Da schlagen schon gewisse Herzen schneller. Vor Angst? Vor Freude? Vor Ungewissheit? Erscheint dazu noch die Schule auf dem Spielfeld, wird die Geschichte hochgradig interessant. Ende des Jahres 2023 erhielten wir von der Schulpflege Opfikon im Kanton Zürich die Anfrage, sie bei der Innenraumkonzeption des Neubaus «Cluster-Schule Bubenholz» zu unterstützen. Diese Aufgabe ermöglichte uns, das Wissen aus unserem Studium der Innenarchitektur und Szenografie unter der Leitung von Prof. Andreas Wenger mit der Praxis zu verbinden. Parallel zu unserem Prozess befand sich die Schule ebenfalls mitten in der Ausformulierung ihrer pädagogischen Visionen. Dieser Artikel erzählt von der Suche nach Antworten auf Fragen, die erst gestellt werden mussten.

Die Mittelzone ist das Zentrum und Herzstück der Lern- und Spiellandschaft in einem Cluster.

«Vision Schule Bubenholz 2029» ist ein vom Lehrkörper verfasster Leitfaden, der die Stadt Opfikon ins Auge gefasst hat. Bloss, wie sieht die Schule von morgen aus? Der Weg führt weg von der aktuellen Praxis. Dem Wandel von lehrer:innenzentriertem Lehren zu schüler:innenzentriertem Lernen wird Rechnung getragen. Ein fächerübergreifender, projektorientierter Unterricht löst den klassischen Stundenplan ab. Der Fokus liegt auf dem sozialen, kooperativen Lernen in Anlehnung an die «individualisierende Gemeinschaftsschule» von Heidi Gehrig. Stetig ändernde Gruppenkonstellationen, die altersdurchmischt lernen, ersetzen die starren Klassenstrukturen von heute. Jede Lehrperson ist Bezugsperson für eine Lerngruppe von zwölf bis vierzehn Schüler:innen. Vier Lerngruppen teilen sich zusammen ein Unterrichts-Cluster auf einer Fläche von 345 Quadratmetern.

Pädagogische Visionen verlangen völlig neue Lösungen für das «Klassenzimmer». Im Rahmen dieses Projektes erarbeiteten wir Konzepte für die Unterrichts-Cluster und übersetzten pädagogische Bedürfnisse ins räumliche. Zusammen mit den zukünftigen Nutzenden, der Schulleitung Opfikon und anderen Expert:innen des Alltags steckten wir unsere Energie in eine Forschungsarbeit über zukünftige Lernlandschaften. In unserer Auffassung von Lern- und Spielumgebungen stellen wir die Menschen in den Mittelpunkt und ermöglichen ein lustvolles Lernen.

Das Podest in einzelnen Gruppenräumen ist kombiniert mit dem weiteren Mobiliar Tribüne, Schreibtisch oder erhöhter Aufenthaltsbereich .

Dabei verstanden wir uns als Übersetzer:innen. Doch wie können wir Bedürfnisse übersetzen, die teilweise noch nicht ans Licht gekommen sind? Zusammen mit den Lehrpersonen entwickelten wir eine gemeinsame Sprache und knüpften pädagogische Settings an bestimmte Raumqualitäten: Gruppenarbeit, Rückzugsorte oder das Lernen am Phänomen.

In Workshop-Formaten tasteten wir uns gemeinsam mit dem Lehrkörper immer näher an eine räumliche Umsetzung der «Visionen Schule Bubenholz 2029» heran. Mit ihrer fachlichen Expertise prüften sie unsere Ideen puncto Machbarkeit. Der interdisziplinäre Dialog fungierte stets als Treibstoff, Antworten auf die gegenseitigen Fragen von Pädagogik und Gestaltung zu liefern. Die Partizipation stützte die geplante Umsetzung der Visionen breit ab. Ausgehend von den funktionellen Anforderungen der Schule fügten wir Schritt für Schritt die Bestandteile der Ausstattung zusammen. Kontinuierlich diskutierten wir mit Fachpersonal unterschiedlicher Disziplinen und testeten Prototypen des Entwurfs eins zu eins mit Schulklassen aus.

Mittelzone «Marktplatz»: Gezielt platzierte Akustikvorhänge und leichte, faltbare Trennwände ermöglichen die Fläche für unterschiedlich grosse, parallele Settings zu unterteilen – und wieder schnell frei zu räumen.

Die Ausstattung umfasst eine Mischung aus modularen und multifunktionalen sowie fest installierten Elementen. In einem Unterrichts-Cluster unterscheidet sich das Lernen, Arbeiten und Zusammenleben stark von traditionellen Schulräumen, da sich die Gemeinschaft selbst organisiert und flexibel auf die Bedürfnisse der Schüler:innen eingeht. Die Ausstattung ist mobil und anpassbar, wodurch verschiedene räumliche Szenarien – vom freien Spielen bis zu Einzelarbeitsplätzen – autonom eingerichtet werden können.

Diese Flexibilität erlaubt es, die Räumlichkeiten effizient zu nutzen und unterschiedlichen Lernstilen gerecht zu werden. Eine klare Signaletik unterstützt die Orientierung und ermöglicht den Kindern, ihre Lernumgebung selbstbestimmt zu nutzen. Bei grosser Aktivität und hohem Geräuschpegel schaffen akustische und visuelle Trennelemente eine angenehme Lernatmosphäre. Unterschiedliche Ebenen im Raum fördern diverse Wahrnehmungsperspektiven. Dies ermöglicht den Kindern, ihre Umgebung und den Lerngegenstand aus mehreren Blickwinkeln zu erleben. Sie ebenso als Rückzugsorte zu nutzen, begünstigen ein kindgerechtes und differenziertes Lernen.

Nutzungsvariante 1: Die Garderobenelemente sind ausgefahren und die Kinder starten in der Anfangszeit individuell in den Tag.

Nutzungsvariante 2: Die Garderobenelemente werden in den übrigen Stauraum des Eingangsbereichs geschoben. Die Fläche ist frei und wird beispielsweise mit unterschiedlichen Bewegungsangebote bespielt.

Zusammengefasst: Die Schule von morgen muss so ausgestattet sein, dass sie die pädagogische Entwicklung fortlaufend unterstützt. Dennoch ist die Balance von Flexibilität und Beständigkeit nicht zu vernachlässigen und muss gewährleistet werden können. Zweifelsfrei gehören gewisse Aspekte auch in der Zukunft zum A und O der Schulraumkonzeption. Zwingend muss genügend Stauraum für Lern- und Lehrmaterialien von Beginn an in die Planung miteinfliessen. Wer denkt, dass die Schule von morgen einfach nur Ladestationen für iPads benötigt, macht sich die Aufgabe zu leicht.

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