Mit dem Objekt «Pulsation Gourmande» kann der Herzschlag von Tieren vor der Schlachtung am eigenen Körper gespürt werden. Fotos: Lars Badertscher

Immersive Erfahrung

Die beiden Interaction Design-Studenten Marco Ehrenmann und Thomas Schertenleib haben ein Objekt entwickelt, das den Benutzer nachempfinden lässt, unter wie viel Stress ein Tier vor der Schlachtung steht.




Fair Trade, Veganismus, Food Waste – ethische Aspekte verschiedener Ernährungsweisen sind heute ein viel und bisweilen hitzig diskutiertes Thema. Das Abschlussprojekt der beiden Bachelor-Studierenden Marco Ehrenmann und Thomas Schertenleib an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) leistet einen Beitrag zu dieser Debatte und nimmt dabei insbesondere den Fleischkonsum sowie Tierhaltung und -tötung in den Fokus. Den beiden Interaction Designern stehen dabei Mittel zur Verfügung, die über die Ebene der abstrakten Argumentation hinausgehen.

«Immersive Erfahrung» nennt sich eines davon im Fachjargon. Die Diplomanden haben ein Objekt entwickelt, das den Benutzer nachempfinden lässt, unter wie viel Stress ein Tier vor der Schlachtung steht; wie seine Atemfrequenz ist, wie sein Herzschlag. «Es besteht ein Unterschied, ob ich etwas nur weiss oder am eigenen Leib erfahre», sagt Thomas Schertenleib.

Auch haben Ehrenmann und Schertenleib ein Gerät entwickelt, mit dem sich Fleischpackungen scannen lassen. Der Konsument wird nach erfolgtem Scan mit Fragen wie «Was bedeutet es, ein Schwein human zu töten?» konfrontiert. Er kann die Fragen für sich reflektieren oder mittels des Geräts auf einfache Weise an Beteiligte wie eine Biolabelvergabestelle oder den Fleischproduzenten weitergeben und eine Stellungnahme anfordern.

Schertenleib und Ehrenmann essen beide Fleisch, sagen aber, dass sich ihr Konsum im Zug ihres Abschlussprojekts an der ZHdK verändert habe. «Ich esse weniger und ausgewählteres Fleisch», so Ehrenmann. Die Besuche auf verschiedenen Schlachthöfen und in Mastbetrieben hätten ebenso Spuren hinterlassen wie Gespräche mit einem Jäger, Metzgern, Tierärzten und Tierschützern. «Die direkte Konfrontation schafft eine andere Art von Bewusstsein. Krass fand ich, von unseren Gesprächspartnern 1:1 zu hören, wie gegensätzlich Menschen zu diesem Thema denken.»

Die Prototypen der beschriebenen Geräte können an der Diplomausstellung der ZHdK von den Besucherinnen und Besuchern getestet werden. Insgesamt sind an der Ausstellung rund 250 Projekte zu sehen. Weitere gesellschaftliche Brennpunkte, die thematisiert werden, sind z.B. das Spannungsfeld Privatsphäre versus Sicherheit, Gesundheit im Alter oder die Sharing Economy.

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