Beate Schnitter (1929 – 2023) Fotos: Urs Walder

«Ich habe stets mit allen Fasern für meine Arbeit gelebt»

Beate Schnitter ist gestorben. Fast bis zuletzt hat die Architektin hartnäckig und argumentationslustig für die Baukultur gestritten. In der Rubrik ‹Rückspiegel› aus dem Jahr 2016 erzählte sie aus ihrem Leben.

You are very opinionated, sagte mir einmal ein Freund. Das stimmt. Ich habe zu allem eine Meinung. So bin ich aufgewachsen. Um mich herum waren immer Menschen, die Werturteile fällten. Sorgfältig, lebhaft, bestimmt. In die Schweiz kam ich erst mit elf Jahren. Mein Vater, der Wasserbauingenieur Erwin Schnitter, arbeitete in Deutschland, Frankreich, Irland, den Niederlanden. Meine Mutter Rosie Guyer war Lehrerin, Kinderbuchautorin und unterrichtete uns drei Kinder zum Teil selbst. Musisch und intellektuell reich war meine Kindheit, und immer wurde diskutiert. Daher stammen wohl meine hohen Qualitätsansprüche an mich und andere. 1944 erlebte ich das deutsche Bombardement von Rotterdam. Nie vergesse ich den triumphierenden Blick des Bomberpiloten, der vor meinem Kinderzimmer an der Willemskade vorbeiflog. Ich erlebte, wie eine Stadt kaputtging. Durch die drei Schwestern Guyer – meine Mutter, die Künstlerin Claire und die Architektin Luise – war es für mich selbstverständlich, dass Frauen künstlerisch und selbstständig arbeiteten. Meine Tanten nannten sich übrigens Ali und Lux, um in ihren männlich dominierten Berufen nicht sofort aufzufallen. Aus ihrem Kreis heraus fand ich geradeaus zur Architektur. Am meist knöchernen Studium an der ETH genoss ich vor allem Sigfried Giedions spekulative Kunstbetrachtungen, wie Magie für mich. Danach ging ich 1954 zu Haefeli Moser Steiger, lernte die Praxis von Max Ernst Haefeli und vom Bauleiter Oswald Caretta. Ein Jahr später starb Lux. Kurz entschlossen übernahm ich ihr Büro und ihre beiden Mitarbeiter. Bald folgte mein erstes grosses Bauprojekt, eine Feriensiedlung im südfranzösischen Hyères. Bis vor wenigen Jahren habe ich entworfen, neu gebaut, umgebaut. Vor allem Wohnhäuser. Meilensteine waren die Überbauung Eiwog in Stäfa ab 1975 oder die Semper-Sternwarte in Zürich, die ich zwischen 1988 und 1997 sanieren und umbauen dur...
«Ich habe stets mit allen Fasern für meine Arbeit gelebt»

Beate Schnitter ist gestorben. Fast bis zuletzt hat die Architektin hartnäckig und argumentationslustig für die Baukultur gestritten. In der Rubrik ‹Rückspiegel› aus dem Jahr 2016 erzählte sie aus ihrem Leben.

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