Durchgang vom Platz in die Halle Fotos: Thomas Telley
Im Auftrag von Huber Fenster

Eiche in Sandstein

Der Südtrakt des Hauptbahnhofs in Zürich ist nach mehr als 150 Jahren erstmals gründlich saniert worden. Zu den wichtigsten Merkmalen des erneuerten Gebäudes zählen die Türen und Fenster aus Eichenholz.

Der Bau des Zürcher Hauptbahnhofs liegt mehr als 150 Jahre zurück. Seither wurde viel repariert, umgebaut und saniert. Richtig tiefgreifend waren diese Arbeiten nie. Doch 2018 begann die Generalsanierung des Südtrakts, wie die SBB das repräsentative Hauptgebäude am Bahnhofplatz nennen. Das Projekt stammt von Aebi & Vincent. Das Architekturbüro hatte 2009 den Wettbewerb gewonnen und sich davor unter anderem mit der Sanierung des Parlamentsgebäudes in Bern einen Namen gemacht. Zu den wichtigen Elementen an einem Gebäude gehören die Türen und Fenster: Sie sind sozusagen deren Augen und bestimmen wesentlich den architektonischen Ausdruck und damit den Charakter. Bei hochkarätigen Baudenkmälern wie dem Hauptbahnhof Zürich gilt das im besonderen Mass. Da die Rekonstruktion historischer Fenster eine Spezialität von Huber Fenster ist, wurde das Herisauer Familienunternehmen mit dem Bau der Türen und Fenster am Südtrakt betraut. In der langen Referenzliste der Firma nimmt dieses Projekt einen speziellen Platz ein – nicht nur aufgrund der prominenten Lage und Bedeutung des Objekts, sondern auch, weil der Auftrag besonders umfangreich und anspruchsvoll war.


Türen am Bahnhofplatz, aussen und innen

Türen in der Halle, aussen und innen

In den erneuerten Sandsteinfassaden am Bahnhofplatz oder in der grossen Halle stechen die Türen und Fenster nur schon wegen ihrer Farbe ins Auge: feingliedrige, mit zahlreichen Details ausgeschmückte Fensterrahmen aus warm strahlendem Eichenholz. «Eiche natur mit Öllasur. Das war der ursprüngliche Zustand», erläutert Markus Signer, Projektleiter bei Huber Fenster. Architekten und Denkmalpfleger haben dies anhand historischer Fotos und Pläne eruiert. Den dunkelgrünen Anstrich, den wir vor der Sanierung kannten, erhielten die Rahmen erst bei der Fassadensanierung 1980. Er wurde auch bei den später «originalgetreu» nachgebauten Türen in den Rundbogenöffnungen verwendet. Diese waren aus so vielen unterschiedlichen Materialien gefertigt, dass man sie nicht erhalten konnte, wie Markus Signer sagt.


Fenster am Trakt Richtung Bahnhofquai

Die ausgezeichnete Tür zur neuen Brasserie

Einzig die aus Aluminiumguss gefertigten Zierelemente konnte man teilweise wiederverwenden, nachdem man sie gereinigt und mit Ölfarbe gestrichen hatte. Andere Teile wie Ornamente und Kränze musste man nachgiessen, wofür man Abgüsse von bestehenden Elementen an anderen Stellen machte. An den eichenen Profilen zeichnen sich die dunklen Zierelemente besonders gut ab. Aber auch die zunächst weniger auffälligen Beschläge wurden möglichst originalgetreu nachgebildet: Kloben und Schlaufen aus patiniertem Messing, Stangen aus geöltem Stahl. In optischer Hinsicht historisch, technisch modern. Schliesslich galt es auch, den nötigen Anpressdruck zu gewährleisten. Hierfür arbeitete Huber Fenster mit der Firma Hager Zierbeschläge aus Niederurnen zusammen. Die Gläser erreichen in Sachen Schallschutz den Wert einer Dreifachverglasung, obschon man sich aus denkmalpflegerischen Gründen für eine Zweifachverglasung entschieden hat. An den Stellen, wo kein äusserer Sonnenschutz möglich war – in den Bogenöffnungen am Bahnhofplatz –, wurde ein möglichst unsichtbar getöntes Sonnenschutzglas eingesetzt. Besonders anspruchsvoll waren die Herstellung und die Montage der hohen Türen für die Rundbogenöffnungen. «Inklusive Gläser und technische Installationen wiegt ein solches Türelement rund eine Tonne», sagt Markus Signer. Denn eine Tür ist heute je nach Bedürfnissen mit Türschliessern und Elektroschlössern ausgestattet. Am Südtrakt sind alle Teile dafür vorbereitet: Die Aussparungen für Türschliesser und Batteriefach sind geplant, die nötigen Leerrohre sind in die Rahmen und Flügel eingebaut. Was noch nicht benötigt wird, ist mit einem Holzstück verschlossen und lässt sich bei Bedarf aktivieren.

Im Werk in Herisau war ein Geschoss eigens für die Herstellung der Bauteile für den Hauptbahnhof in Zürich reserviert. Bis zu 30 Personen aus Werkstatt, Montage und Projektleitung arbeiteten daran. «Es war aufwendiger als gedacht», konstatiert Markus Signer. Zwei Jahre dauerte die Planung, eineinhalb Jahre die Produktion. Transportiert und montiert wurden die grossen Türelemente in drei Teilen; auf der Baustelle stand ein Minikran im Einsatz. Als Erstes versetzte man das Türelement, als Zweites das bogenförmige Fensterelement, und als Drittes wurde die Öffnung mit dem dazwischenliegenden Mittelteil verschlossen. Der Blick auf das Fensterwerk zeigt: Mit dem eichenen Lidstrich an seinen Augen ist der Südtrakt des Zürcher Hauptbahnhofs bereit für die nächste Ära.


Hauptbahnhof Zürich: Südtrakt und Wannerhalle

close

Kommentare

Andreas Konrad 23.04.2024 23:12
Zürich hat sein Stadtschloss wieder - es wurde, wie oben beschrieben, mit soviel Liebe und Sinn fürs Detail rekonstruiert, dass es einem wohlschaudert. Wie plump und billig wirken da die zeitgenössischen Fensterverbrechen, denen man, in trüben Weissputz gedrückt mit vulgärer Dicke und im belanglosen Anthrazit, mit Luftlöchern, die immer provisorisch reingestanzt scheinen, mit « assymmetrischem » Würg lieblos gezeichnet, derzeit begegnen muss. Mehr davon ! Auch und vor allem bei Neubauten !
Kommentar schreiben