Der Teppichboden im Bürogebäude der Amberg Group in Regensdorf besteht aus entsorgten PET-Flaschen.
Im Auftrag von Integral

Das zirkuläre Büro

Ein Büroumbau beruht umfassend auf Kreislaufwirtschaft – von der Verwendung ökologischer Baustoffe über Recycling und Re-Use bis zum ‹Design for Disassembly›. Das kostet zwar, spart aber Ressourcen.

Firmen bekräftigen ihre Bestrebungen in Sachen Nachhaltigkeit oft anhand spektakulärer Vorzeigeprojekte. Doch Nachhaltigkeit umfasst alle Bereiche der Planung und des Bauens, vom Auftrag bis zum Material, vom Showroom bis zum Lager. Dass man auch bei einem Büroumbau alle Hebel des ökologischen Bauens bedienen kann, zeigt ein Projekt der Firma Integral, die als Gesamtleister auf den Innenausbau von Arbeitswelten spezialisiert ist. Sie hat den Firmensitz der Amberg Group in der Zürcher Gemeinde Regensdorf umgebaut und das Projekt dabei – ihrem Firmennamen entsprechend – in einem integralen Prozess begleitet, vom Designkonzept über die Planung bis zur Fertigstellung.


Grundriss Erdgeschoss mit Umgebung

Von Anfang an stand für die Besitzerfamilie Amberg fest, dass das Projekt nach den Leitsätzen des zirkulären Bauens erfolgen sollte. Der Umbau im laufenden Betrieb umfasste das gesamte Gebäude mit sechs Geschossen inklusive Keller und Parkgeschoss mit Lager. Nach umfangreichen Recherchen deckte Integral eine ganze Palette der Themen des nachhaltigen Bauens ab. Dazu zählt die Verwendung ökologischer Baustoffe wie etwa Lehm für die Trennwände, ebenso das Recycling von Materialien, zum Beispiel beim Teppichboden, der aus entsorgten PET-Flaschen besteht. Auch Wiederverwendung hat ihren Platz: Das alte Mobiliar wurde aufgerüstet und so weit wie möglich wieder eingesetzt. Ein weiteres zentrales Prinzip der Kreislaufwirtschaft ist ‹Design for Disassembly›: ein Ansatz, der den Rückbau bereits in der Planung berücksichtigt. In den Nasszellen wurden anstelle von Glaswänden Platten verwendet, die sortenrein trennbar sind. Für die Büros entwickelte Integral ein Glastrennwandsystem. Die Schreinerlösung besteht lediglich aus Vollholzprofilen, Glas, Schrauben und Gummidichtungen. Werden die Wände dereinst entfernt, lassen sich die Bestandteile ohne grossen Aufwand voneinander sortenrein separieren.


Für den Empfangstresen im Amberg- Headquarter wurde Schweizer Granit gewählt.

Die Fokus- und Besprechungszonen wurden mit einem Glastrennwandsystem errichtet, das ohne umweltbelastende Werkstoffe wie Aluminium oder Klebstoff auskommt.

Bei einigen der Lehmtrennwände setzt die mineralische Farbe Siena-Rot wirkungsvolle Akzente.

Zu nachhaltigem Bauen gehört schliesslich die Energieversorgung. Eine Photovoltaik-Anlage liefert die Energie für Heizung, Lüftung und Kühlung, unterstützt von einem Luft-Wärmetauscher auf dem Dach. Für angenehme Temperaturen und ein gutes Klima sorgt auch die Begrünung im Aussen- und Innenbereich. Das Projekt ist ein kleines Schaustück, das zeigt: Umfassende Nachhaltigkeit hat ihren Preis – die Amberg Group rechnet mit rund 20 Prozent Mehrkosten. «Nachhaltigkeit kostet natürlich mehr, nicht nur in Bezug auf die Materialien, sondern auch, was die bewusste Suche nach neuen Lösungen angeht», sagt Firmeninhaber Felix Amberg. Das sei anstrengend für Planer, Unternehmen und Bauherrschaften. «Wenn man ein Familienunternehmen führen möchte, dessen CO2-Fussabdruck die nachkommenden Generationen möglichst wenig belastet, ist es jeden Franken wert.»

So umfassend die Nachhaltigkeit beim Umbau betrachtet wurde, am Ziel ist sie noch nicht. «Die Bauindustrie hat noch einen langen Weg zu gehen, bis sie der Forderung nach nachhaltigen Umbauten auch nur ansatzweise gerecht werden kann», sagt Felix Amberg. Neben der Bauherrschaft ist deshalb auch die Planung gefordert. «Wir haben viel Zeit investiert, um zu evaluieren, welche Materialien und Einrichtungsobjekte in welcher Form der Wiederverwendung zugeführt werden können und welche Baustoffe sich am besten für den nachhaltigen Einsatz eignen», sagt Kerstin Schuller, die bei Integral für die Gesamtplanung, die Recherche über nachhaltige Materialien und die fachgerechte Umsetzung verantwortlich war.

Der voll integrierte Design-, Planungs- und Ausführungsansatz, der Anspruch an Kreislauffähigkeit und das grosse Netzwerk von Integral kamen dem Umbau zugute. Das eigens entworfene Wandsystem zeigt: Für solche Projekte gibt es keine Standardlösungen, auf die man zurückgreifen kann. «Das macht die Aufgabe zwar komplex, aber auch einzigartig», sagt Projektleiter Charbel Daoud. Eine Herausforderung sind dabei die Normen und Richtwerte. Eine Zertifizierung für den Schallschutz war beim Wandsystem nicht möglich. «Dass wir hier gefordert waren, dem Re-Use-Gedanken zu folgen und uns weniger von Designansprüchen leiten zu lassen, hat es uns aber auch ermöglicht, neue Wege zu gehen.» Nachhaltigkeit erfordert ein Umdenken, eröffnet aber neue gestalterische Freiräume.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz. Dieser Beitrag erscheint auch in der Hochparterre Sonderpublikation Werkplatz Spezial ‹Büro und Licht 2023›.

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