Beispiel für den humanen Wohnungsbau in Österreich: die breitfüssigen Wohnscheiben von Alt-Erlaa in Wien. Fotos: Reinhard Seiss

Wie wohnen?

Der Wiener Urbanist Reinhard Seiss besucht in seinem Film «Häuser für Menschen» vier ikonische Wohnbauten in Österreich, blickt in ihre Geschichte und spricht mit Bewohnerinnen und Architekten. ‹Hochparterre Kino› zeigt den Film am 9. September.

Ein halbes Dutzend breitfüssige Wohnscheiben ragt dreissig Geschosse hoch in den Himmel. 10 000 Einwohner leben hier in 3000 Wohnungen. Alt-Erlaa (1973–1985) in Wien sieht aus wie der Inbegriff einer megalomanen Planung der Spätmoderne. Ihr Architekt, der inzwischen neunzigjährige Harry Glück, sagt Sätze wie: «Die Siedlung ist ein Produkt der Logik.» Doch dann sehen wir im Film alles andere als einsame Menschen. Wir besuchen eine Frau, die mit ihrer grossen Familie dort lebt und auf ihrer Terrasse zwischen Beeren, Bäumen und Biotop nackt den Tag begrüsst. Wir sehen Turn- und Tennishallen, 60 Läden und 30 Vereine, Kindergarten, Parks und planschende Kinder im Schwimmbad auf dem Dach – eine gestapelte heile Welt.Reinhard Seiss zeigt in seinem Film noch drei weitere Wohnbauten aus fünf Jahrzehnten. In ihnen findet der Wiener Urbanist Alternativen zum übermächtigen Traum vom Einfamilienhaus im Grünen. Doch ein verbindendes Erfolgsrezept ist nicht wirklich zu erkennen: Wir hören in den grünen Atrien von Roland Rainers Gartenstadt Puchenau (1965–2000) in Oberösterreich, wie wichtig private Rückzugsorte seien, um eine Bereitschaft zum Zusammenleben zu entwickeln. In der Siedlung Guglmugl (1998–2000) in Linz erleben wir, dass die grosse Halle die Gemeinschaft stimuliert, weil da alle Wege hindurchführen. Architekt Fritz Matzinger ist überzeugt, dass Nachbarschaft Isolation verhindern kann.Die Sargfabrik (1994–2000) in Wien ist das jüngste Beispiel des Quartetts und als eine Art urbanes Wohnlabor auch das unkonventionellste. Anders als die modernistischen Beispiele, bei denen sich die innere Wohnidylle nach aussen eher verschliesst, verwirklichte hier ein Verein die Vision eines Wohnens mit sozialem, kulturellem und gesellschaftspolitischem Anspruch. Schufen Architekten wie Glück und Rainer noch veritable Quartiere mit eigener Kirche, Schule und Apotheke, arbeiten ...
Wie wohnen?

Der Wiener Urbanist Reinhard Seiss besucht in seinem Film «Häuser für Menschen» vier ikonische Wohnbauten in Österreich, blickt in ihre Geschichte und spricht mit Bewohnerinnen und Architekten. ‹Hochparterre Kino› zeigt den Film am 9. September.

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