Lukas Raeber arbeitet auf dem Lysbüchel-Areal in Basel, das bis 2021 zwischengenutzt wird. (Foto: Claudia Link)

Konsequenz mit Kniff

Der Basler Architekt Lukas Raeber setzt jedes Material konsequent nach seinem Zweck ein. Seine Konstruktionen lassen trotzdem Raum für kleine Kniffe.

Lukas Raeber hat eine Glückssträhne. Kurz nachdem der Architekt in Basel sein eigenes Büro gegründet hatte, erreichte er beim offenen Wettbewerb für das Schulhaus Limmattal den dritten Rang. Ein paar Monate später stach er bei seinem ersten selektiven Verfahren die vier etablierten Büros aus und ergatterte den ersten grossen Auftrag: die Erweiterung des Schulcampus in Dürnten. Und dann kam 2018 auch noch sein erstes Kind zur Welt. Manchmal passiert alles auf einmal.

2018 gewann Lukas Raeber den Wettbewerb für die Erweiterung des Schulcampus in Dürnten.

Schnell gestartet ist der Architekt schon zuvor. In der Schweiz war er nie in einem Architekturbüro angestellt. Sein Handwerk lernte er an der ETH in Zürich, Aufenthalte im Ausland erweiterten den Horizont. Er absolvierte Austauschsemester in Mendrisio und Tokio, arbeitete bei Frank O. Gehry in Los Angeles, später bei Diller Scofidio + Renfro in New York. «Das war meine Sturm-und-Drang-Zeit», sagt Raeber. «Ich war nur noch am Arbeiten.» Zurück in der Schweiz unterrichtete er bei Marc Angélil an der ETH und gründete mit einem Partner das Büro Reuter Raeber, mit gerade einmal 28 Jahren. 2016 bauten die Architekten ein Einfamilienhaus in Riehen, wo beide aufgewachsen sind. Die Konstruktion ist konsequent vom Material her gedacht: Ein Sichtbetonsockel trägt einen Holzelementbau, den Zugstäbe aus Metall stabilisieren. Das Haus erhielt 2016 den Arc-Award, doch auf ein grösseres Projekt warteten die beiden noch. Also wagte Lukas Raeber einen Neuanfang.

Das Einfamilienhaus in Riehen von Lukas Raeber + Patrick Reuter wurde mit dem Arc-Award ausgezeichnet. (Foto: Eik Frenzel)

Konstruktiv entwerfen

Seit 2017 arbeitet der Architekt auf dem Lysbüchel-Areal in Basel, das bis 2021 zwischengenutzt wird. Er fühlt sich wohl im temporären Mix neben Boxclub, Padel-Tennis-Halle und Autowerkstatt. In der Mitte des Ateliers stehen zwei Architekturmodelle, gegossen aus Sichtbeton. «Konstruktives Entwerfen», nennt Raeber sein Motto, das sein erstes Projekt im eigenen Büro veranschaulicht. Neben der Messehalle stockte er einen Altbau um zwei Stockwerte auf. Von aussen ist dem Haus nichts anzusehen. Innen aber tut sich eine neue, lichte Welt aus Holz auf. Der Clou: Die beiden neuen Geschosse sind an der Firstpfette aufgehängt, die zwischen den Brandmauern spannt. «Alles, was man sieht, hat einen Nutzen», erklärt der Architekt. Die ausgeklügelte Konstruktion spielt das untere Geschoss der beiden Duplexwohnungen frei, während es in den Schlafzimmern unter der Dachschräge gemütlich wird. Neben der Architektur engagiert sich Raeber auch für die Kunst. Die Brandmauer bespielt jedes Jahr ein anderes Kunstwerk, das aus der Galerie seines Bruders stammt. «Bauen hat viele Regeln und einen engen Rahmen», sagt der Architekt. «Ich mag die Freiräume, die Unmittelbarkeit der Kunst.»

Aufstockung Drahtzug in Basel: Die Treppe wird zum Möbel. (Foto: Weisswert)

Die Brandmauer bespielt jedes Jahr ein anderes Kunstwerk. (Foto: Weisswert)

Ein paar Strassen weiter plant Raeber eine nächste Aufstockung. Auf einer einstöckigen Werkstatt stapelt er vier Wohngeschosse. Auch hier plant der Architekt in Holz, wie es die Statik verlangt. Da die Ausnützung nicht vier ganze Geschosse erlaubt, greift er zu einem Kniff. An der Strasse führt die Aufstockung die Traufhöhe der Nachbarn weiter, hinten treppt das Volumen ab. Das Schrägdach, das strassenseitig angedeutet wird, entpuppt sich dahinter als Sheddach. Lukas Raeber arbeitet exakt, aber unverkrampft.

In Basel stockt Lukas Raeber eine Werkstatt um vier Wohngeschosse auf.

Auch bei der Schule in Dürnten setzt er jedes Material nach seinem Zweck ein. Sockel und Erschliessung sind aus Beton, die Klassenzimmer aus Holz. Für den Wettbewerb gaben Raeber und sein Team drei Monate lang alles. Handskizzen erzählen kleine Geschichten zum Schulalltag, die belebten Renderings machen das Projekt auch für Laien zugänglich. Im Frühling findet die Startsitzung statt. Derzeit sucht Raeber eine Mitarbeiterin und einen neuen Praktikanten. Die Karriere kann losgehen.
 

In der Rubrik ‹Wilde Karte› präsentieren Hochparterre und Velux jedes Jahr vier ausgewählte Architekturbüros, deren Gründer unter 40 sind. Am 25. September wetteifern die vier Büros im Zentrum Architektur Zürich um einen Platz bei einem eingeladenen Architekturwettbewerb.

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