Die drei Geschwister Rahel, Samuel und Simon Wüst stehen hinter dem St. Galler Büro Wister Architekten. (Foto: Kollektiv Oskar)

Holz, Natur und Familie

Die drei Geschwister Samuel, Simon und Rahel Wüst stehen hinter dem St. Galler Büro Wister Architekten. Ein Porträt rund um familiäre Arbeitsteilung, natürliche Baustoffe und ausgeklügelte Details.

«Wir konnten unser Büro doch nicht Wüst nennen», sagt Samuel Wüst schmunzelnd. Also suchte er mit seinen Geschwistern Simon und Rahel nach einem anderen Namen für ihr Architekturbüro. Fündig wurden sie im Mittelalter beim Beruf des Wisters, der laut Erzählungen Ritterrüstungen gravierte und sprachlich mit dem Familiennamen Wüst verwandt sein soll. Also nannten sie ihr Büro, das sie 2018 in St. Gallen gründeten, Wister Architekten. Der Name steht für Handwerk, Tradition und Region.

Die drei Geschwister decken je einen anderen Schwerpunkt ab. Samuel Wüst studierte an der Universität Liechtenstein Architektur, mit je einem Austauschsemester in Dublin und in Tokio. Simon Wüst lernte Hochbauzeichner und bildete sich weiter zum Baubiologen. Die gelernte Kauffrau Rahel Wüst kümmert sich um die Zahlen und «hält den beiden den Rücken frei», wie sie sagt. Der Übergang in die Selbstständigkeit war fliessend. Samuel und Simon waren beim Holzbauer Nägeli in Gais in Appenzell Ausserrhoden angestellt, während sie nebenbei Wettbewerbe machten. Seit diesem Jahr konzentriert sich Samuel nun auf das eigene Büro, das sich neben Grafikateliers, IT-Start-ups und Yoga-Studios im Kreativcluster ‹Lattich› befindet, einem temporären Gebäude aus gelben Holzmodulen neben dem alten Güterbahnhof in St. Gallen.

Ihr Büro im Kreativcluster «Lattich» haben die Architekten selber ausgebaut. (Foto: Wister Architekten)

Der Innenausbau nutzt jeden Quadratmeter aus. (Foto: Wister Architekten)

Den Innenausbau ihres Moduls haben die Architekten selbst gezeichnet und gezimmert. «Wir arbeiteten jeweils am Abend an den Maschinen in der Zimmerei», sagt Simon Wüst. Der Ausbau mit Dreischichtplatten ist einfach, aber platzsparend und ausgeklügelt. Leichte Schrägen holen mehr aus dem rechteckigen Raum. Eine Eckbank beim Eingang integriert die Garderobe, ein Gestell und das Waschbecken. Eine Stufe markiert die Schwelle zum Arbeitsbereich im hinteren Teil. Wer wenig Platz hat, muss flexibel sein. Samuel Wüst klappt die Decke nach unten oder die Wand zur Seite, hinter der sich Stauraum verbirgt.

Ausführungsplanung von A bis Z

Wie viele junge Büros planen Wister Architekten Umbauten und schrubben Wettbewerbe, vor allem in der Ostschweiz. Beim offenen Projektwettbewerb für eine Kita in St. Gallen mit 114 Abgaben schafften sie es in die vierte Runde. Beim Holzbauer haben die beiden Brüder das Planungshandwerk und die Ausführung vertieft. Von dort kommt auch die Arbeit mit dem 3-D-Modell am Computer. So können sie den Bauherren genauer aufzeigen, was sie entwerfen. «Man darf jedoch nicht zu viel zeigen», sagt Samuel Wüst. «Sonst wird man vom Planer zum Zeichner.»

Das Erstlingswerk ist ein Einfamilienhaus in Gams im St. Galler Rheintal. (Foto: Kalena Leo)

Ein Panoramafenster rahmt die Aussicht. (Foto: Kalena Leo)

Ihr Erstlingswerk ist ein Einfamilienhaus in Gams im St. Galler Rheintal, das die Architekten für ihre Tante entwarfen. «Wir haben die Ausführung von A bis Z selbst geplant», erklärt Simon Wüst. Das Budget hielt, die Bauherrschaft war glücklich. «Das bestätigte uns, dass wir als Familie zusammenarbeiten können.» Das Holzhaus steht auf einem Betonsockel am Hang. Beim Ausdruck orientierten sich die Architekten an den Ställen, die verstreut in der Landschaft stehen: Schrägdach, Lättlifassade. Konstruiert ist das Haus mit einem Vollholzbausystem ohne Leim, Nägel oder Schrauben. Ein Fenster öffnet den Panoramablick hinaus ins Tal, der lehmverputzte Ofen wird zum Dreh- und Angelpunkt der Stube. Das Holz der Wände, Decken und Böden ziehen die Architekten bis zur Badewanne. Die Ökologie, die Natur ist den Geschwistern nahe. Als reine Holzarchitekten wollen sie sich indes nicht verstanden wissen, so Samuel Wüst: «Jedem Ort das passende Material.»

Grundrisse

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