Leiden an der Postmoderne

Die Älteren unter uns wissen, was 1989 bedeutet: schlimme Musik, schlimme Kleidung und schlimme Architektur, die man heute wieder gut findet.

Fotos: BHSF Architektur und Städtebau (Visualisierung)

Die Älteren unter uns wissen, was 1989 bedeutet: schlimme Musik, schlimme Kleidung und schlimme Architektur, die man heute wieder gut findet.

1989: Ganz im Stil jener Zeit liess sich auch der Schweizerische Skiverband (heute: Swiss-Ski) im kultivierten und steuergünstigen Muri bei Bern ein Bürohaus bauen, ganz in Weiss, wie es sich für Schneesportaffine gehört. Es zeigt typische Gestaltungsattribute jener Zeit und wollte durchaus repräsentieren: segmentbogenförmige Erker, Fassaden mit angedeuteter Kolossalordnung, achsensymmetrischer Grundriss – die Haupterschliessungstreppe ist sogar verdoppelt – und geometrisches Dekorationswerk, am auffälligsten am Dachrand. Dort deutet es, mit etwas Fantasie gelesen, gar eine Art Krone an. So viel Repräsentanz durfte damals wieder sein.  ###Media_2### Dieses Werk ist zugegebenermassen etwas eigenwillig, sicherlich keine Spitzenarchitektur, aber eines mit Persönlichkeit, die man mögen kann oder auch nicht. Vor ein paar Jahren fiel die weisse Pracht prompt in Ungnade, und Swiss-Ski zog ins weniger noble Worblaufen. Musiker*innen haben darauf das Gebäude zwischengenutzt. Doch der Standort in Muri war nicht derart chic, wie es die Adresse vermuten lässt: Er befindet sich nicht am sonnigen Aarehang, sondern an der Autobahn. Wobei sich das künftig ändern könnte: Seit Längerem werden Pläne gewälzt, die A6 zu verlegen und die Fahrbahnen in einen innerstädtischen ‹Boulevard› umzuwidmen. Kleinstmöglicher Eingriff Die Ausloberin des Studienauftrags, die Pubal Real Estate, die sich nun anschickt, aus dem Bürohaus eine Wohnanlage zu machen, tut sich, so liest es sich zwischen den Zeilen des Programms, eher schwer mit diesem Erbe: «Die Umnutzung und Sanierung hat es zur Aufgabe, die neue Nutzung auch in der Gestaltung zum Ausdruck zu bringen.» Das klingt nicht nach überschäumender Begeisterung. Immerhin hat sie den Bestand nicht von vornherein zum Abriss freigegeben. So hatte der interessanteste Beitrag, jener, der den Bestand nicht nur akzeptiert,...

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