1. Rang von spillmann echsle architekten: Blick von der Kasernenstrasse
Die Militärkaserne in Zürich soll zum Bildungszentrum werden. Aber wie kann eine Trutzburg des Historismus einer zivilen Nutzung zugeführt werden, ohne den architektonischen Charakter zu verlieren?
Ein neues Wohnquartier, ein Freistaat nach dem Vorbild von Christiania in Kopenhagen oder alles plattmachen und einen Zürcher Central Park anlegen: Dies sind einige der zahlreichen Ideen, die um 2012 kursierten, als bekannt wurde, dass durch den Wegzug der kantonalen Ordnungshüter in das neue Polizei- und Justizzentrum (PJZ) auf dem ehemaligen Güterbahnhofareal das gesamte Kasernenareal frei wird. Die Kasernenanlage – ein zentral gelegenes Stadtstück zwischen Hauptbahnhof, Bahnhofstrasse, Europaallee und Langstrasse – hat eine lange Planungsgeschichte und wurde immer wieder zur Projektionsfläche unterschiedlicher Visionen.
Die Gesamtanlage umfasst mit den Ställen, Reithallen, der Exerzierwiese und den Zeughäusern ein über die Sihl greifendes, zusammenhängendes Areal und ist aufgrund ihrer militär- und stadthistorischen sowie ihrer architektonischen und städtebaulichen Eigenschaften ein Baudenkmal von nationaler Bedeutung. Sie gehört zu den bedeutenden Leistungen des Historismus in der Schweiz. Nachdem das Militär 1987 aus der Stadt weggezogen war, gingen die Bauten in unterschiedliche Nutzungen über. Die Stallungen wurden zu Theaterhäusern, die Kaserne zum kantonalen Polizeizentrum, die Zeughäuser wurden mit kulturellen Zwischennutzungen bespielt. Stadt und Kanton einigten sich 2016 im Masterplan ‹Zukunft Kasernenareal Zürich› auf die Koordination der Einzelbausteine in der Gesamtentwicklung. Ein Teilprojekt des Masterplans erlitt 2019 im Kantonsrat allerdings vorläufigen Schiffbruch: Die Legislative verwehrte einen 30-Millionen-Kredit zur Sanierung des Zeughaus-Areals und entschied sich gegen die Verlängerung des Baurechtsvertrags zwischen Stadt und Kanton. Gegenstand des vorliegenden Projektwettbewerbs war allerdings ein anderer Baustein: die ehemalige Militärkaserne, das grösste Gebäude der Gesamtanlage. Hier soll bis 2026 das Bildungszentrum...
Gläserne Krone und entblösste Struktur
Die Militärkaserne in Zürich soll zum Bildungszentrum werden. Aber wie kann eine Trutzburg des Historismus einer zivilen Nutzung zugeführt werden, ohne den architektonischen Charakter zu verlieren?
Philippe Jorisch 05.06.2020 16:00