Das «Kapitol Lichtspieltheater Bern»

The Long Goodbye

Das Kino Capitol in der Berner Altstadt verschwindet. Buol & Zünd gewinnen den Studienauftrag für den Umbau zum Wohn- und Geschäftshaus. Heute Abend lädt das «Affspace» zur Diskussion.


Es ist ein langer Abschied: Um das Kino Capitol mitten in der Berner Altstadt steht es schon länger nicht mehr gut. Fehlende Zuschauer auf der einen, lieblose Ein- und Umbauten auf der anderen Seite haben dem einst stolzen Kinopalast, einem der wenigen Art-Déco-Bauten in der Bundesstadt, zugesetzt. Nach 90 Jahren Lichtspiel-Spektakel ergeht es dem Capitol wie anderen 1-Saal-Kinos in den Schweizer Städten: es schliesst demnächst seine Tore. Für immer.


Der neue Eigentümer möchte aus dem Kino ein «Stadtpalais» mit Geschäften und Wohnungen machen. Die Denkmalpflege gab grünes Licht, weil «wesentliche räumlich-architektonische Qualitäten» des Kinos im Verlauf der Jahre verloren gegangen seien, vor allem aber auch, weil der Einbau des Kinos anno 1928 selbst als massiver Eingriff in die Stadtmorphologie zu taxieren sei: Der «Fall Capitol» könne sogar als Auftakt zur Praxis der Auskernung von Altstadtliegenschaften gelesen werden, welche der Stadt Bern beinahe die Auszeichnung als UNESCO-Welterbestätte gekostet hätte. Mit einer Neukonzeption der Liegenschaft erhofft man sich nun die «Wiederherstellung der tradierten Stadtmorphologie bis hin zu Überlegungen bezüglich des architektonischen Ausdrucks und der Materialisierung».


Gewonnen haben den Studienauftrag Buol & Zünd Architekten aus Basel. Ihr Projekt sei aus einer «äusserst präzisen Recherche» heraus entwickelt, schreibt die Jury. Die bestehende spätmittelalterliche Bausubstanz im Untergeschoss werde zur Ausgangslage einer überzeugenden Grundrisstypologie, einer Schnittfigur, welche den barocken Zustand vor dem Kinoeinbau aufnehme. Es handle sich um die «überzeugende Interpretation einer kritischen Rekonstruktion». 


Der Berner Offspace für Architektur («Affspace»), der in einer Nachbargasse des Capitols beheimatet ist, lädt heute Abend zur kritischen Diskussion: «Ein öffentlicher Ort verschwindet, geplant ist ein Wohn- und Geschäftshaus an bester Lage», schreiben die Veranstalter. «Vor rund einem Jahr trafen wir uns zu einem intensiven Gespräch mit den Investoren (HIG, vertreten durch Pascal Schütz) dem Denkmalpfleger (Jean-Daniel Gross) und dem Begleitgremium des Studienauftrages (Fritz Schär). Gemeinsam mit den Gewinnern Buol & Zünd Architekten treffen wir uns morgen um 18h zum Follow-up!»

Studienauftrag Kramgasse 72 / Rathausgasse 61

Studienauftrag für die HIG Immobilien Anlage Stiftung

Fachjury: Benedikt Graf, Christian Hönger, Fritz Schär

– 1. Rang: Buol & Zünd Architekten, Basel

Weitere Teilnehmer:

− Rolf Mühlethaler Architekt, Bern (2. Runde)

– Aebi & Vincent Architekten, Bern

− Campanile Michetti Architekten, Bern

«Follow-up Capitol», Donnerstag, 22. Juni 2017, 18 Uhr, im Affspace, Offspace für Architektur, Münstergasse 4, 3000 Bern

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