Der neue historische Hof. Hier ist noch am meisten alte Bausubstanz vorhanden.

Stadtreparatur im Weltkulturerbe

Seit vierzig Jahren prägen die grossen zusammenhängenden Flächen die Migros an der Berner Marktgasse. Ein Umbau soll die einst zerstörte Stadtstruktur wieder lesbar machen. Fiechter & Salzmann Architekten und Bellorini Architekten gewinnen den Studienauftrag.

Seit rund vierzig Jahren betreibt die Genossenschaft Migros Aare mitten im Unesco-Weltkulturerbe der Berner Altstadt ein Einkaufs-, Geschäfts- und Bildungszentrum. Hinter fünf historischen Fassaden an der Marktgasse und zwei Fassaden an der Zeughausgasse spannen sich grosse Verkaufs- und Gastronomieflächen auf, die nichts mit der Struktur der Altstadt zu tun haben. Der Auszug der Klubschule und der Bedarf, Bausubstanz und Technik zu erneuern, eröffnen die Möglichkeit, den ganzen Gebäudekomplex neu zu denken. Aus 31 Eingaben wurden fünf Architektenteams zu einem selektiven Studienauftrag nach SIA 143 eingeladen. Gesucht war weniger ein fertiges Projekt, sondern Lösungsansätze und Strategien, wie die Anforderungen der Nutzung als Einkaufszentrum mit den Bestrebungen der Denkmalpflege in Einklang zu bringen sind. Eine der zentralen Fragen war, wie sich die heute grossflächige Baustruktur wieder in die Parzellenstruktur der Altstadt einbinden lässt.

Die von zahlreichen Experten begleitete Jury unter dem Vorsitz von Fritz Schär hat einen eindeutigen und einstimmigen Entscheid gefällt: Sie empfiehlt die Projektstudie des Generalplanerteams um die Architektengemeinschaft Fiechter & Salzmann, Zürich, und Bellorini Architekten, Bern zur Weiterbearbeitung.

Mit drei unterschiedlichen Höfen schaffen die Verfasserinnen öffentliche Räume, die die Altstadt erlebbar machen. Hinter den Häusern Marktgasse 40/42, wo am meisten alte Substanz vorhanden ist, schaffen sie den eher ruhigen historischen Hof. Dieser ist verbunden mit dem lebendigeren Gartenhof an der Zeughausgasse. Beides sind offene, öffentliche Räume. Im Gegensatz dazu steht der ovale Hof als überdecktes Herz des Ladenzentrums. Auf dem neuen Hinterhaus gibt es zudem als weiteren öffentlichen Raum eine Dachterrasse. Im Untergeschoss wird es weiterhin einen grossflächigen Supermarkt geben. Darüber, bis ins zweite Obergeschoss, sind kleinere Laden- und Gastronomieformate vorgesehen. In den Obergeschossen ist auch Wohnen denkbar. Das Bauvolumen reduziert sich von heute 55’0000 Kubikmeter auf rund 44'000 Kubikmeter.

Läuft alles rund, soll Ende Jahr die Überbauungsordnung genehmigt sein, sodass im ersten Halbjahr 2019 die Baubewilligung eingereicht werden kann. Baubeginn des zurzeit auf 75 Millionen Franken geschätzten Projekts könnte im besten Fall im ersten Quartal 2020 sein. Die Bauzeit wird auf zwei bis drei Jahre veranschlagt.

Entwicklung Marktgasse, Bern

Studienauftrag im selektiven Verfahren nach SIA-Ordnung 143. 

Fachjury: Fritz Schär (Vorsitz), Thomas Pfluger, Stefan Gasser, Aldo Nolli, Sibylle Aubort Raderschall. 

Sachjury (Migros Aare): Anton Gäumann, Heinz Rüedi, Jürg Frefel (Ersatz). Jean-Daniel Gross, Denkmalpfleger der Stadt Bern, war einer der zahlreichen Experten.

1. Rang:

– ARGE Fiechter & Salzmann Architekten, Zürich, und Bellorini Architekten, Bern

Weitere Teilnehmer:

– Aebi & Vincent Architekten, Bern

– Ernst Niklaus Fausch Architekten, Zürich

– ARGE David Chipperfield Architects, Berlin, und B+P Baurealisation, Bern

– ARGE GWJ Architektur, Bern, und Degelo Architekten, Basel

Wettbewerbsausstellung: Bis Freitag, 9. März 2018, werktags jeweils 10–19 Uhr (samstags bis 17 Uhr), Marktgasse 46, Bern, 2. Obergeschoss (Ehemalige Turnhalle der Klubschule Migros)



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