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Spirituelle Fragen

Innerhalb der Mauern des Kapuzinerklosters Wesemlin in Luzern soll ein Neubau mit Wohnungen entstehen. Die passenste Antwort fand das Architekturbüro Marques.

 

«Nur noch wenige junge Menschen fühlen sich berufen, ein ganzes Leben in einer Klostergemeinschaft zu verbringen», schreibt die Ausloberin des Studienauftrags, die Schweizerische Kapuzinerprovinz Luzern. Geblieben sei aber ein starkes Interesse an Religion, Spiritualität, an Rückzug, Besinnung und am klösterlichen Leben. Mit dem Konzept «Oase W» möchte sich das Kapuzinerkloster Wesemlin in Luzern den neuen Herausforderungen stellen. Das Kloster, in dem heute nur noch knapp zwanzig Brüder leben, soll zu einem «spirituellen Zentrum» werden und sich zur Stadt hin öffnen: mit zeitgemässen Formen von Meditation und Gebet, mit dem Angebot eines Klosterlebens auf Zeit und mit einem besinnlichen Klostergarten, der der Stadtbevölkerung offen stehen soll. Ein Teil des Areals soll zudem für einen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Dass letzterer vor allem der wirtschaftlichen Absicherung des Klosterbetriebs dient, verheimlicht die Provinzleitung nicht. Gleichwohl erhofft sie sich einen Neubau, der «in Harmonie und Ergänzung zur franziskanisch einfachen Ausrichtung des Klosters und der Lebensweise der Brüder» steht. Diesen Fragen widmete sich ein Studienauftrag, der sowohl die Projektierung des Wohnungsneubaus als auch die Konzeption des Klostergartens umfasste. Prämiert wurde das Projekt von Daniele Marques in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten Appert Zwahlen. Ihre Analyse unterteilt die gesamte Klosteranlage in einen Kernbereich des Klosters und in einen profanen Bereich mit Ökonomiegebäuden und Schuppen. «Folgerichtig planen die Architekten das klosternahe Wohnen in dem vom Kloster am weitesten entfernten Bereich des Planungsperimeters», schreibt die Jury. Mit der Setzung in einem neuem Wäldchen und der Materialisierung in Holz würde die Zugehörigkeit zum weltlichen Teil der Anlage unterstrichen – ein «äusserst klarer konzeptioneller Ansatz».
Der vorgeschlagene Solitär präsentiert sich als sechsgeschossiger Holzbau, der auf einem quadratischen Grundriss aufgebaut ist. Das Preisgericht lobt an Marques' Entwurf die konstruktive Logik, die strukturelle Klarheit und das technische Know-How. Neben diesen nüchternen Qualitäten ist aber noch etwas anderes hervorzuheben: nämlich dass es Marques gelungen ist, für die ungewöhnliche Aufgabe einen eigenwilligen, atmosphärisch stimmigen Ausdruck zu finden. Dass der filigrane Holzbau auf einer flächenmässig grösseren Tiefgarage sitzt, kann zwar zugegebenermassen weder mit dem vermittelten architektonischen Bild noch mit dem kapuzinischen «Bekenntnis zur Schlichtheit und Einfachheit» so richtig in Einklang gebracht werden. Dennoch kommt das Projekt dem Wunsch nach einem «spirituellen Charakter» des Wohnens im Klostergarten am nächsten. Das wird spätestens beim Vergleich mit anderen Beiträgen klar, bei denen die Jury zu recht den «bekannten Eindruck einer gediegenen Altersresidenz» kritisiert.


Neubau Lebensraum Klostergarten und Konzept Klostergarten
Studienauftrag mit acht Teams aus Architekten und Landschaftsarchitekten für die Schweizerische Kapuzinerprovinz Luzern
Fachjury: Marlis David, Guido Hager, Eva Keller, Armando Meletta, Jürg Rehsteiner, Andreas Rüedi
Rangierung Neubau:
– 1. Rang: Architekturbüro Marques, Luzern
– 2. Rang: Carlen Parini Architekten, Luzern
– 3. Rang: Seilerlinhart Architekten, Luzern
Rangierung Klostergarten:
– 1. Rang: Appert Zwahlen Partner, Cham
– 2. Rang: Rotzler Krebs Partner Landschaftsarchitekten, Winterthur
– 3. Rang: Beglinger + Bryan Landschaftsarchitektur, Zürich

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