«Ort der Ächtung»
Nur gerade 29 Teams mochten sich einer Aufgabe annehmen, welche die Erweiterung des bestehenden Regionalgefängnisses Altstätten von 45 auf 126 Zellenplätze zum Thema hatte.
Wenn ein Kanton einen offenen Wettbewerb ausschreibt und dafür die stolze Preissumme von 250'000 Franken bereitstellt, kann man mit zahlreichen Teilnehmern rechnen. Normalerweise. Wenn es um ein Gefängnis geht, liegen die Dinge etwas anders. Konkret verlangte das Raumprogramm nach 84 Plätzen im Gruppenvollzug, während die übrigen Zellenplätze – darunter die ausländerrechtliche Abteilung namens «Dublin-out» und eine Sonderabteilung, in welcher «Disziplinarmassnahmen innerhalb des Gefängnisses vollzogen» werden – dem Einzelvollzug unterliegen. Einzelvollzug bedeutet, dass die Insassen während des Tages mehrheitlich in ihren Zellen eingeschlossen bleiben; alle Bewegungen innerhalb des Gefängnisses sind begleitet.
Ja, es gibt schönere, auch moralisch unverfänglichere Bauaufgaben als diese, was die Jury allerdings nicht daran hinderte, in ihrem Bericht das Bild einer freundlichen Alterssiedlung erstehen zu lassen. Der «gut strukturierte Entwurf» von wulf Architekten (einem Grossbüro aus Stuttgart) zeichne sich insbesondere durch die Organisation der einzelnen Wohngruppen im Obergeschoss aus, ist dort zu lesen: «Diese treten im Gesamtvolumen jeweils als einzelne Baukörper in Erscheinung, abgetrennt durch eingezogene Leerräume, welche der Belichtung dienen. Zusammen mit den innenliegenden Spazierhöfen, welche das Zentrum jeder Wohngruppe bilden, entstehen gut belichtete Wohneinheiten mit hoher Wohnqualität.» Etwas pragmatisch würden hingegen die langen Erschliessungskorridore im Erdgeschoss wirken, die zwar gut organisiert, wegen der kompakten Organisation aber nur wenig Tageslicht erhielten.
Die Verfasser selbst machen aus dem eigentlichen Zweck des Baus keinen Hehl: Mit langen horizontalen Öffnungen der Fassade, so ihr Erläuterungstext, soll «eine gewisse abweisende Haltung zur Umgebung» erzeugt werden. Die Hoftypologie spiele so mit der «didaktischen Rolle des Gefängnisses als Ort der Ächtung der Gesellschaft gegen aussen gegenüber dem gemeinsamen Innenleben der Gesamtanlage und der Abteilungen gegen innen».
Regionalgefängnis Altstätten (SG), Erweiterung und Erneuerung
Einstufiger Projektwettbewerb im offenen, anonymen Verfahren für das Baudepartement des Kantons St. Gallen
Fachjury: Werner Binotto, Rainer Köberl, Heidi Stoffel
– 1. Rang: wulf architekten, Stuttgart (D)
– 2. Rang: hutterzoller Architektur, St. Gallen
– 3. Rang: Rigert + Bisang Architekten, Luzern
– 4. Rang: Architektengemeinschaft Bienert Kintat Architekten / Bernoulli Traut Architekten, Zürich
– 5. Rang: raumfindung architekten, Rapperswil
– 6. Rang: air architekten, Kreuzlingen
Die eingereichten Projekte können vom 27. Januar bis 6. Februar im 3. Obergeschoss des Hauptpostgebäudes in St.Gallen (Eingang Gutenbergstrasse) besichtigt werden. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 16 bis 19 Uhr, Samstag: 9 bis 12 Uhr.
Vom 25. Februar bis 27. Februar werden die rangierten Projekte im Ratsaal (5. Stock) im Rathaus Altstätten ausgestellt. Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag: 17 bis 19 Uhr, Samstag 9 bis 12 Uhr.
Am 24. Februar 2016, 17 Uhr, wird Kantonsbaumeister Werner Binotto im Rahmen der Ausstellungseröffnung im Ratsaal in Anwesenheit von Vertretern des Amtes für Justizvollzug die Projekte vorstellen.