Aussenbild Kindergarten und FuSTA Fotos: nightnurse images

Lockere Präzision

Aita Flury gewinnt den Wettbewerb für einen Kindergarten mit Tagesstrukturen in Aarau mit zwei klug platzierten Baukörpern. Die Jury lobt die Selbstverständlichkeit, mit der sich das Projekt in die Situation einfügt.


Um dem Bedürfnis nach familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen (FuSTA) und einem neuen Kindergarten nachzukommen, haben die Stadt Aarau und die Kreisschule Buchs-Rohr einen gemeinsamen Architekturwettbewerb durchgeführt. Mit der Zusammenfassung der beiden Bauaufgaben erhoffte man sich eine städtebaulich überzeugende Lösung im heterogen bebauten Gebiet um die bestehende Schulanlage. Das siegreiche Projekt von Aita Flury begegnet der Aufgabenstellung mit zwei getrennten und volumetrisch unterschiedlichen Baukörpern für Kindergarten und Betreuung, die jedoch so eng aneinander geführt werden, dass sie klar als zusammengehörige Setzung in Erscheinung treten. Die Jury lobt zurecht die Selbstverständlichkeit, mit der sich das Projekt in die Situation einfügt, denn so präzise die beiden orthogonalen Bauten den Strassenraum fassen, so locker treten sie auf der durchgrünten Pausenhofseite in einen Dialog mit den bestehenden, leicht zueinander verdrehten  Baukörpern. Mit einer differenzierten Volumetrie und grosszügigen, aber effizienten Grundrissen überzeugt vor allem das Kindergartengebäude, dem die Jury eine «kompakte und gleichzeitig spannungsvolle räumliche Ausformulierung» attestiert.

Für einen gewissen Unmut bei einigen Wettbewerbsteilnehmern sorgten die aufwändigen Visualisierungen verschiedener Beiträge (darunter auch des Siegerprojekts), wurden doch  im Wettbewerbsprogramm «einfache Darstellungen (Skizzen, Modellfotos), keine Renderings» verlangt. Die Grenze zwischen bearbeiteten Modellfotos und gerenderten Bildern ist allerdings fliessend geworden, und was unter «einfach» zu verstehen ist, bleibt letztlich eine Ermessensfrage. Die unklare Situation wäre wohl zu vermeiden gewesen, wenn der Auslober konsequent auf bildliche Darstellungen verzichtet und den Mut gehabt hätte, sich ganz auf die Plandarstellung und das Situationsmodell zu verlassen – inwiefern ein solcher Verzicht tatsächlich sinnvoll ist oder bloss einer gerade modischen Abneigung gegen das Rendering entspringt, wäre freilich eine andere Frage. Aber wie dem auch sei: Die unbestrittenen Qualitäten des Siegerprojekts liegen in einem Raumverständnis, das im besten Sinn modern ist (als Referenz diente Aris Konstantinidis); die etwas nostalgische Schindelverkleidung, die in den Visualisierungen sichtbar wird, ist Geschmacksache.


FuSTA und Kindergarten in Aarau Rohr

Offener einstufiger Wettbewerb für die Kreisschule Buchs–Rohr, Buchs AG und die Stadt Aarau
Fachjury: Bettina Neumann, David Leuthold, Marie Noëlle Adolph, Felix Fuchs
– 1. Rang: Aita Flury Architektin, Müller Illien Landschaftsarchitektin, Zürich
– 2. Rang: Rafael Schmid Architekten AG, Zürich
– 3. Rang: ARGE Wassmann Architekten und denkartarchitekten, Zürich
- 4. Rang: TARKA LDT. (Tamás Lévai, Ágnes Jószai), Budapest
- 5. Rang: ARGE Malte Kloes & Christoph Reichen, Zürich
– 6. Rang: sabaarchitekten ag, Basel

Ausstellung: Dienstag, 28. April 2015, bis Donnerstag, 7. Mai 2015, Auenhalle Aarau Rohr, Stäpflistrasse, Aarau Rohr. Montag bis Donnerstag: 17 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag: 13 bis 17 Uhr

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Kommentare

Christian Kosack 08.06.2015 23:28
Der Verzicht auf Renderings in dieser frühen Phase des Architekturschaffens ist keineswegs eine Frage der "modischen Abneigung", sondern schützt den Kern des kreativen Prozesses. Das vorschnell erzwungene Bild, das in "gehetzter" Manier den fertig gestellten Bau suggeriert, gefährdet in erheblichem Maße die Offenheit des Architekten zum Reifen-lassen seiner eigenen Arbeit.
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