Modellaufnahme des grossen Saals

«Ein Untergeschoss, das nie existierte»

PARK Architekten gewinnen den Wettbewerb für die Erneuerung des Kunstmuseums St. Gallen. Peter Althaus und Markus Lüscher beantworten unserer drei Fragen.



Was ist die Erfindung am Siegerprojekt?
Peter Althaus und Markus Lüscher: Eine Unterstockung. Ausgehend vom heute verschwundenen, abschüssigen und nicht nutzbaren Raum, der einst unter dem Erdgeschoss existierte, sucht die neue Architektur eine räumliche Wirkung, die der Lage im Boden entspricht. Die Raumfolge und Einteilung folgt der Struktur der oberen Geschosse. Aber die neuen, gewölbten Decken können geschichtlich nicht verortet werden. Das Gebäude erhält ein Untergeschoss, das nie existierte. Die neue Architektur betont die Last, die auf der Decke liegt, ruft durch Material und Raumform den Keller in Erinnerung und bewirkt eine spezifische Atmosphäre. Neben den vom Tageslicht geprägten Situationen der darüber liegenden Geschosse, schafft das Kunstlicht eine eigene räumlich Qualität, welche die Orientierung im Museum erleichtert.

Wie verhält sich das Projekt zum bestehenden Haus?
Should the Future Save the Eighties save Classicism? Das Kunstmuseum von Johann Christoph Kunkler von 1877 und die Umbauten von Marcel Ferrier aus den 1980er Jahren bilden den Ausgangspunkt nicht als Geschichte, sondern als Architektur: Als Raum, Flächen und Ebenen und als materielle Konstruktion. Wir wollen den ursprünglichen klassizistischen Bau nicht purifizieren. Und wir verzichten im Hinblick auf die architektonische Gesamtwirkung darauf, alte und neue Gebäudeteile einander didaktisch gegenüberzustellen. Dies würde die eigentliche Aufgabe des Hauses, Kunst zu zeigen, torpedieren. Wir fügen die neuen Teile als Ableitungen an das Bestehende an, ohne diesem einen spezifischen Stil aufdrängen zu wollen. Die inneren Widersprüche akzeptieren wir. Gerade dank der Heterogenität entsteht wiederum ein Ganzes.

Wo lagen die grössten Schwierigkeiten im Wettbewerb?
In der notwendigen Freiheit des Kurators. Mit wenigen Massnahmen galt es eine neue architektonische Idee mit bestehenden zu verbinden und das ganze Haus in eine singuläre Nutzung zu überführen. Das Licht der neuen Säle ist dabei gleichmässig. Die Wände sind verputzt und weiss gestrichen. Der Boden unterscheidet sich stofflich von der Wand, ist dunkler und homogen. Dank der unterschiedlichen Grössen der Räume, der erweiterten Raumhöhe von rund vier Metern und der ruhigen Lichtsituation sind sowohl an Längs- wie Querwänden ähnliche kuratorische Freiheiten wie in den Räumen in den oberen Geschossen möglich.

Erneuerung Kunstmuseum St. Gallen

Selektiver Projektwettbewerb mit 14 Architekturteams für die Stadt St. Gallen
– 1. Rang: PARK Architekten, Zürich
– 2. Rang: Buchner Bründler, Basel
– 3. Rang: ARGE Office Kersten Geers David Van Severen & Bureau Dan Budik, Brüssel (BE)
– Würdigung: Flury + Furrer Architekten, Zürich
– Würdigung: ARGE P&B Partner Architekten & Thomas Fischer Architekt, Winterthur

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