Visualisierung

Der neue Nachbar

Tony Fretton aus London und Blättler Dafflon aus Zürich gewinnen mit ihrem Projekt «Neighbourhood» den Studienauftrag für den Industrieplatz in Neuhausen am Rheinfall. Es ist das jüngste Kapitel in der rasanten Veränderung der Gemeinde.

Der Bauplatz am Industrieplatz hat es in sich: auf der einen Seite grenzt er an die Hangkante über dem Rheinfall, auf der anderen verzahnt er sich mit der Stadt, geradeaus blickt er auf das imposante Eingangsportal des SIG-Areals. Ende 2015 wird die neue S-Bahn-Haltstelle «Neuhausen Rheinfall» eröffnet, die direkt unterhalb der Hangkante liegt. Auf der Nordseite des Platzes, wo heute vier einfache, etwas in die Jahre gekommene Kleinbauten stehen, möchte die Halter AG einen Neubau mit «hochwertigen Dienstleistungs- und Wohnnutzungen» realisieren.

Das siegreiche Projekt von Tony Fretton und Blättler Dafflon trägt den programmatischen Namen «Neighbourhood». Die Jury attestiert den Architekten denn auch einen «sehr überzeugenden Städtebau». Mit der winkelförmigen Grundfigur gelinge es, spezifisch auf die bestehenden Nachbarschaften einzugehen. Überraschend sei dabei, wie der «fast lapidare» Plan im Aufriss interpretiert werde: «Auf diesem werden drei unterschiedlich hohe Baukörper errichtet. Jeder für sich allein funktioniert nicht. Nur zusammen entsteht die Gebäudefigur.» Die unterschiedlichen Volumen reagieren gezielt auf die jeweilige Situation: Der höchste Körper steht an der Hangkante, der niedrigste im engen Stadtraum.

Der freundliche neue Nachbar wird das Gesicht des Industrieplatzes dennoch grundlegend verändern, allein schon wegen seiner Grösse (das schlanke Wohnhochhaus ist fast vierzig Meter hoch). Im Vergleich mit anderen Bauprojekten in Neuhausen ist die Veränderung des Ortsbild allerdings fast schon massvoll. Erinnert sei unter anderem an die Überbauung des Rhytech-Areals von Peter Märkli, die hoch über dem Rheinfall zwei Wohntürme von 56 und 74 Metern Höhe vorsieht, sowie an die radikale Neuplanung des Stadtzentrums, die Adam Caruso für sich entscheiden konnte (siehe dazu den Bericht und das Interview im neuen hochparterre.wettberbe 3/2015).

So qualitätsvoll die einzelnen Entwürfe auch sein mögen: Der Bevölkerung schwirrt ob der unzähligen Bauprojekte, Zonenplan-Revisionen, Arealplanungen und Stadtvisionen langsam der Kopf. «Man braucht schon ein Elefantengedächtnis, um sich zu erinnern, was in unserer Gemeinde in den letzten Jahren alles geplant wurde», meldete sich letzthin eine besorgte Leserin der Neuhauserwoche zu Wort. Der Gemeinderat hat nun ein «Dialogforum» ins Leben gerufen: An regelmässig stattfindenden Quartiergesprächen soll die Bevölkerung «über die zukünftigen baulichen Stossrichtungen der Gemeinde Neuhausen am Rheinfall sowie über konkrete Projekte» informiert werden. Der Industrieplatz wird dabei bald wieder zum Thema werden. Bereits laufen die Vorbereitungen für einen nächsten Studienauftrag, der die Überbauung der Parzellen auf der Ostseite des Platzes zum Thema hat. Fortsetzung folgt.

Industrieplatz, Neuhausen am Rheinfall
Einstufiger nicht-anonymer Studienauftrag für Halter AG Entwicklungen
Fachjury: Emanuel Christ, Rita Illien, Peter Märkli, Susanne Vécsey
– 1. Rang: ARGE Tony Fretton Architects, London / Blättler Dafflon Architekten, Zürich
– 2. Rang: Meili Peter Architekten, Zürich
– 3. Rang: Park Architekten, Zürich

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Kommentare

Urs Honegger, Redaktion Hochparterre 24.07.2015 13:55
Zur Präzisierung: Die Präselektion und die Jurierung der beiden Wettbewerbe «Industrieplatz, Neuhausen am Rheinfall» und «Zentrumsüberbauung Kirchacker, Neuhausen am Rheinfall» fanden noch vor Peter Märklis Emeritierung statt.
Mathias 23.07.2015 15:21
Peter Märkli ist zur Überraschung und zum Bedauern vieler im wie auch über das D-ARCH hinaus nicht mehr Professor an der ETH; er hat sich diesen Frühling ganz diskret vorzeitig pensionieren lassen. Die Professur wird von Markus Peter alleine weitergeführt.
Urs Honegger, Redaktion Hochparterre 23.07.2015 10:43
«Wer sich einen Lehrstuhl teilt, steht nach SIA in einem beruflichen Abhängigkeits- oder Zusammengehörigkeitsverhältnis» schreibt Ivo Bösch im Kommentar «Auch Professoren missachten Wettbewerbsregeln» über den Wettbewerb für ein neues Ortszentrum in Neuhausen. Dort sass Professor Peter Märkli in der Jury, das Büro Meili Peter nahm am Wettbewerb teil. Nachzulesen in der aktuellen Ausgabe von hochparterre.wettbewerbe. Bestellen unter shop.hochparterre.ch.
Debi 22.07.2015 00:11
Markus Peter macht nicht-anonym einen Preis, dankdem dass sein Professorenkollege Peter Märkli in der Jury sitzt? Befangenheit gemäss SIA 142 gilt wohl nicht für gewisse Herrschaften. Der SIA, der Verein für Mauschelei und Filz?
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