Legende: Polystyrol-Kügelchen: Sie sind sowohl primärer wie sekundärer Rohstoff für Wärmedämmplatten.
Im Auftrag von Swisspor

Wärmedämmungen recyclen

Ein neues Kreislaufsystem für Wärmedämmplatten ermöglicht es, dass Swisspor laut eigenen Angaben mindestens 97 Prozent der fossilen Primärrohstoffe recyceln kann – wieder und wieder.

Aussengedämmte Fassaden sind weit verbreitet in der Schweiz. 900'000 Tonnen Wärmedämmstoffe seien darin verbaut, schätzt Swisspor. «Wenn es uns gelingt, die alten Dämmungen bei Sanierungen zu recyceln, dann benötigen wir in den nächsten Jahrzehnten für Wärmedämmungen keinen fossilen Primärrohstoff mehr», sagt Christian Röthenmund, Leiter Geschäftsentwicklung am Hauptsitz der Firma in Steinhausen. «Unsere Rohstofflager sind nicht mehr die Erdölreserven, sondern der Gebäudepark Schweiz.»

In den letzten Jahren hat Swisspor ein Recycling für EPS- und XPS-Wärmedämmungen entwickelt und in Betrieb genommen. EPS steht für expandiertes Polystyrol, das für Fassaden verwendet wird, während XPS, das extrudierte Polystyrol, im Boden und anderen nassen Bereichen zum Einsatz kommt. Beim Recycling verschränkt Swisspor die Herstellungsverfahren der beiden Polystyrol-Arten. Denn die Firma entdeckte, dass EPS/XPS-Abfälle in einem eigens entwickelten Verfahren wieder für die EPS-Herstellung aufbereitet werden können. Der primäre EPS-Rohstoff, den Swisspor einkauft, besteht aus erdölbasierten Kunststoff-«Kügelchen» (Beads). Werden sie zu Wärmedämmplatten verarbeitet, fallen beträchtliche Mengen Frässtaub und Abschnitte an. Dieser Ausschuss sowie EPS-Platten aus Sanierungsabfällen von Baustellen bilden den Sekundärrohstoff, den Swisspor durch den spezifischen Produktionsprozess wieder zu Böhnchen verarbeitet und bei der Produktion neuer Wärmedämmplatten beimischt. Nun beginnt der Herstellungsprozess aufs Neue, und gemäss Swisspor ist die Anzahl dieser Kreisläufzyklen unbegrenzt. In die Materialmischung kommen zudem Treibmittel, um das wiederverwerte Polystyrol zu veredeln, sodass es qualitativ laut Swisspor zu 100 Prozent neuem Rohstoff entspricht. Der Anteil des Sekundärrohstoffs an neuen Platten betrage mindestens 97 Prozent, sagt Christian Röthenmund, ein sehr hoher Wert. «Mit dem neuen EPS/XPS-Recycling schliesst Swisspor den Stoffkreislauf bei diesen Wärmedämmstoffen beinahe vollständig. Wir schaffen einen zirkulären Dämmstoff mit Schweizer Rohstoffen aus dem Rückbau», bringt er die neue Entwicklung auf den Punkt.


Die Mitarbeitenden des swisspor-Recyclingzentrums nehmen die Recyclingsäcke entgegen. Der Inhalt wird sortiert, …

… maschinell zerkleinert und gereinigt. Das kompaktierte Material wird dann zu EPS-Granulat weiterverarbeitet.


Aus EPS-Kügelchen werden Platten und aus Platten wieder EPS-Kügelchen

Bei der Sanierung einer Wohnüberbauung in Luzern wurde das Swisspor-Recyclingkonzept erstmals mit grossen Mengen getestet: 4000 Quadratmeter Fassadenmaterial fielen an. Inzwischen ist der Kreislauf «baureif». Abbruchunternehmungen und Bauunternehmer, können bei Swisspor Recycling-Säcke und sogenannte «Big Bags» beziehen und sie auf der Baustelle mit Dämmmaterial füllen. Das Geschäftsmodell: Der Swisspor-Recycling-Weg soll günstiger sein als die Gebühren der Kehrichtverbrennung und der Transport dorthin. Swisspor holt die Säcke ab und erhält hochwertige, lokale Sekundärrohstoffe.
2021 eröffnete die Firma ein Recyclingzentrum in Boswil, wo das «Occasions-Material» sortiert, zerkleinert, gereinigt und wieder zu EPS-Granulat verarbeitet wird. Bei aussengedämmten Fassaden lassen sich Grundputz und Einbettung schon beim Abbruch relativ einfach abschälen, während mineralische Kleberresten beim Aufbereiten in Boswil entfernt werden, so Swisspor. Inzwischen liegen auch Zahlen vor: Konventionelle Wärmedämmplatten aus Primärrohstoff emittieren 11,89 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Quadratmeter, bei den Platten aus recyceltem EPS-Abfallmaterial sind es dagegen nur noch 2,87 Kilogramm – eine Reduktion um 80 Prozent.


Wenn die alten Dämmplatten von der Fassade abgenommen sind, …

werden sie in Recyclingsäcken oder Big Bags gesammelt …

und von Swisspor abgeholt.

Man könne sogar eine Art «Appellation d'origine» anbieten, sagt Christian Röthenmund: «Baut eine Gemeinde ein neues Schulhaus, dann können wir Dämmplatten aus Abfällen dieser Gemeinde liefern.» Denn in der EPS-Herstellung kann Swisspor nicht nur Bauabfälle, sondern auch Siedlungs- und Verpackungsabfälle beimischen und wiederverwerten, ein weiteres Plus des Verfahrens. Der Abfall aus einer bestimmten Gemeinde erhält im Recyclingzentrum einen Herkunftsnachweis und wird auf Wunsch als aufbereitetes Granulat so lange gelagert, bis es an Ort und Stelle in Form von Dämmplatten wieder verbaut werden kann. «Dieses «kundenspezifische» Recycling haben wir nun rund ein Dutzend Mal durchgeführt, etwa in Lausanne, Zürich, Zug oder Montreux. Nun vergrössern wir die Anlage, um das Angebot auszubauen», informiert Christian Röthenmund. Denn in der Konkurrenz mit günstigen Dämmsystemen spricht für Swisspor, dass Kantone und Gemeinden als Vorbild für die Kreislaufwirtschaft vorangehen möchten, und über kurz oder lang dürfte die Gesetzgebung die Materialkreisläufe ohnehin vorschreiben.


Die Darstellung erläutert, wie das EPS/XPS-Recycling von Swisspor aufgebaut ist.

Auch alte Verpackungen verwertet Swisspor im EPS/XPS-Recycling.


Die Rolle der Architektinnen und Architekten: Beraten und einfordern

Als beim Umbau des Hauptsitzes von Google in Zürich – ein Sichtbetongebäude von 1980 – Betonbrüstungen abgebrochen wurden, sammelten Swisspor und Eberhard den anfallenden Beton Frässtaub ein. Die Firmen haben zusammen ein Verfahren für mineralische Abfälle entwickelt, um sie in Form von Mineralschaum weiterzuverarbeiten, ebenfalls ein Dämmmaterial. An der Müllerstrasse anfallende Frässtaub der Betonbrüstungen verkleidet nun als sichtbare Dämmung die Decke. Das Gebäude im Besitz der Swiss Prime Site (SPS) zeigt, dass sich für Investoren zurzeit höhere Kosten für eine nachhaltigere Bauweise lohnen. Denn grosse Firmen suchen zurzeit genau solche Büroflächen, da sie dies in ihren Bewertungen ausweisen können. Der Wert solcher Immobilien steigt und steigt.


Im Zug des Umbaus eines Sichtbetongebäudes von 1980 wurde Betonfrässtaub zu Mineralschaum wiederverwertet …

… und die daraus entstandenen Dämmplatten sichtbar an den Decken montiert.

«Das EPS/XPS-Recyclingverfahren hat mehrere Vorteile», bilanziert Christian Röthenmund, der als Leiter Geschäftsentwicklung dafür verantwortlich ist, dass neue Herstellungssysteme auch rentabel sind. «Indem wir die Umstellung von Primär- auf Sekundärrohstoffe vorantreiben, sorgen wir nicht nur für zirkuläre Baustoffe. Sondern auch dafür, dass die Wertschöpfung dauerhaft in der Schweiz bleibt. So werden wir unabhängiger von den volatilen Weltmarktpreisen und globalen Lieferketten.» 

Wie können Architektinnen und Architekten die hier geschilderten Kreislaufverfahren unterstützen? Zum einen, indem sie Bauwilligen wenn möglich eine Sanierung statt einen Neubau empfehlen. Weiter sollten sie bei Sanierungen und Rückbauten darauf achten, dass die Fachplaner ein funktionsfähiges Rückbaukonzept erstellen. Nur so finden die wertvollen Abbruchmaterialien den Weg in den Kreislauf statt in die Kehrichtverbrennungsanlage.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.
 

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