Im Zeichen der Sonnenstore
Am Neubau an der Klopstockstrasse in Zürich Enge waren die Sonnenstoren ein zentrales Entwurfsthema der Architekten. Bei der Umsetzung war höchste Präzision gefragt.
Rotbraune Stoffstoren sitzen schräg vor der Fassade. Sie schirmen die Sonne ab, sind aber so durchlässig, dass der Blick auf die mächtigen Bäume vis-à-vis möglich ist. Der Ausblick ins Grüne ist prächtig – dank Johann Welti-Hausheer.
Er übergab 1907 das vier Hektaren grosse ehemalige Rebland für einen symbolischen Preis an die Stadt Zürich – unter der Bedingung, dass diese das Grundstück für gemeinschaftliche Zwecke nutzt. So legte die Stadt in den 1950er-Jahren eine öffentliche Grünanlage an: die Klopstockwiese, gekrönt von der Villa Sihlberg des einstigen Brauereimeisters Hürlimann.

Auf der anderen Seite der Klopstockstrasse – eigentlich an bester Wohnlage – hatte seit rund hundert Jahren das Bauunternehmen De Capitani seinen Werkhof. 2018 beschloss die Firma, ihre Einrichtungen zu verlegen und schrieb einen Studienauftrag für eine Wohnüberbauung aus.
Michael Meier und Marius Hug Architekten gewannen und konnten ihren Entwurf bis 2024 realisieren. Zwei Treppenhäuser erschliessen insgesamt 25 Wohnungen mit 2 ½ bis 5 ½ Zimmern. Mit Ausnahme der kleinsten, nur zur Klopstockwiese ausgerichteten Appartments sind alle Wohnungen zweiseitig orientiert: zur Strasse und zum Hof. Anders als oft üblich, ist hier die Strassenseite ruhig, während der zur Brandschenke- und zur Bederstrasse offene Hof lärmbelastet ist. Diese Zweiseitigkeit bestimmte auch den Entwurf. An der Strassenseite öffnet sich das Gebäude mit geschosshohen Verglasungen und eingezogenen Loggien gegen den grossen Grünraum. Die Rückseite ist mural gestaltet und von einzelnen Öffnungen durchbrochen. Loggien gibt es indes auch hier, um ein lärmarmes Lüften zu ermöglichen.
Storen als Entwurfsthema
Bereits im Studienauftrag waren die schräg gestellten Storen an der Strassenseite ein wichtiges Entwurfsthema, wie Architekt Mathias Gfeller, Projektleiter bei Meier Hug, erzählt. Sie brechen die Strenge der orthogonalen Struktur und verleihen der Fassade einen leichten, frohen Ausdruck. Früh war auch schon klar, dass die Storen sowohl bei den verglasten Fassadenteilen als auch bei den Loggien vor dem Geländer verlaufen und über die Deckenstirnen hinausragen sollten. Auf der Hofseite setzte man hingegen auf Standardlösungen.
Die Konstruktion der geschossübergreifenden Storen an der Hauptfassade war anspruchsvoll. Insbesondere die frei im Raum hängenden Storen verlangen eine besonders hohe Stabilität gegenüber den Windkräften. Um alle Anforderungen zu erfüllen, entwickelten die Planer von Kästli Storen eine Konstruktion mit einem eigens hergestellten Strangpressprofil aus Aluminium, das sie für die unterschiedlichen Anwendungen einsetzen konnten.
Drei Grundtypen lassen sich unterscheiden: die Storen vor den Fensterfronten mit dem steilsten Neigungswinkel, die Storen vor den eingezogenen, leicht auskragenden Loggien mit einem etwas weniger steilen Neigungswinkel und die Storen vor den dreiseitig offenen Balkonen am Kopf des Gebäudes, die wiederum im steilen Winkel geneigt sind. Da hier der Wind von allen Seiten angreifen kann, erhielten diese Storen eine zusätzliche, eigens entwickelte Doppelstange, die die Stabilität sichert.
Präzision ist unabdingbar
Jeder Bauprozess bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der Präzision auf dem Plan und der Realität auf der Baustelle. Insbesondere der Rohbau ist zu einem grossen Teil Handarbeit und benötigt entsprechende Toleranzen. Diese müssen so einkalkuliert sein, dass sie sich in den späteren Bauphasen ausgleichen lassen.
Ein dermassen filigranes Bauteil wie der Sonnenschutz am Neubau an der Klopstockstrasse stellte an die Präzision besondere Anforderungen: In jedem Geschoss mussten die Führungsschienen der einzelnen, aneinandergereihten Storen massgenau montiert werden, sodass sie sich beispielsweise nicht verkanten können. Aber auch in der Vertikalen, von Geschoss zu Geschoss, war eine hohe Präzision gefordert, sodass die Position und der Neigungswinkel überall identisch sind. «Alles hat gepasst, das war ein Superjob», lobt Storenbauer Marc Kästli die planerische Arbeit des Architektenteams.
Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.
Neubau Wohnhaus Klopstock, 2024
Klopstockstrasse 19, 23
Bauherrschaft: De Capitani Immobilien, Zürich
Architektur: Michael Meier Marius Hug Architekten, Zürich
Baumanagement, Bauleitung: Rogger Ambauen AG, Emmenbrücke
Sonnenstoren: Kästli & Co. AG, Belp-Bern
Kästli & Co. AG
Sonnen- und Wetterschutzsysteme
Hühnerhubelstrasse 63
3123 Belp-Bern
+41 31 340 22 22
www.kaestlistoren.ch