Realisiert wurde die Stahl-Glas-Konstruktion als VISS Fassade in einer Ansichtsbreite von 50 mm und zwei unterschiedlichen Bautiefen. Fotos: Ossip van Duivenbode
Im Auftrag von Jansen

Fassade mit Wow-Effekt

Das «Werk 12» der niederländischen Architekten MVRDV im Münchner Werksviertel überrascht mit einer schlichten und doch ausdrucksstarken Fassade, an der fünf Meter hohe Comic-Ausrufe prangen.

Knödelgasse, Püreelinie und Kartoffelgleis: Die Strassennamen im Münchner Werksviertel hinter dem Ostbahnhof erinnern an die Zeit, als Unternehmen wie Pfanni, Zündapp und Optimol das Gelände prägten. In den Siebzigerjahren Jahren gaben diese und viele andere Betriebe den innerstädtischen Standort auf. Seither entwickelt sich in den verlassenen Industrie- und Gewerbehallen der Kunstpark Ost: ein vielfältiges Miteinander von Kunst, Kultur und Kneipen. 

«Mir ist wichtig, dass hier etwas Besonderes entsteht», erläutert Bauherr Werner Eckart, Geschäftsführer der OTEC, zur Entwicklung des Werksviertels. Hinter dem Kürzel OTEC verbirgt sich die Stiftung Otto Eckart, die 1996 vom langjährigen Inhaber der Pfanni-Werke ins Leben gerufen wurde. Die Stiftung betreibt auf dem Werksgelände das Kartoffelmuseum und Pfanni-Museum, fördert Kinder und Jugendliche und engagiert sich für Kunst, Kultur sowie den Umweltschutz.

Mit Werk 12 bereichern die niederländischen Architekten MVRDV das Münchner Werksviertel um ein spektakuläres Gebäude.
Fünf doppelgeschossige Plattformen

Den Auftakt zur Transformation des acht Hektar grossen Areals zu einem urbanen Quartier setzte ein städtebaulicher Wettbewerb vor zwanzig Jahren. Rund zehn Jahre später wurde der Bebauungsplan aufgestellt: Mit einer Mischnutzung von 7000 Arbeitsplätzen, 1100 Wohnungen und Raum für ein breit gefächertes Kultur- und Freizeitangebot entsteht hier Münchens Zukunftsviertel. 

Inmitten dieses heterogenen baulichen Umfelds haben die Rotterdamer Architekten MVRDV das «Werk 12» errichtet. Es steht am zentralen Platz des Viertels, dem Knödelplatz. Das Bauwerk inszenieren die Architekten als Gegenstück zur Münchner Innenstadt. Es ist ein fünfstöckiges Gebäude in schlichter Form, sparsamer Materialsprache und transparenter Fassade, geprägt von breiten Terrassen, die jedes Stockwerk umgeben, und die Kaskadentreppen, die diese Terrassen miteinander verbinden. 

In Bereichen, vor denen die Kaskadentreppe verläuft, werden die Lasten der Verglasung über den Querriegel seitlich in die Betonkonstruktion abgetragen.

Für das Konzept des Hauses aus fünf übereinander gestapelten doppelgeschossigen Plattformen war eine komplett aussenliegende Erschiessung nötig. Clever: MVRDV organisieren die Ebenen nicht in der Fläche, sondern als Volumen mit verschiedenen Höhenstaffelungen und bieten diese zur Bespielung an. Ein gelungenes Experiment für ein flexibles Gebäude mit räumlicher Vielfalt. Um grösstmögliche Flexibilität zu erreichen, entwarf MVRDV den Neubau mit besonders hohen Decken: 5,5 Meter zwischen den einzelnen Stockwerken ermöglichen es künftigen Nutzern nun, im «Werk12» Zwischengeschosse einzuziehen. Verglasungen vom Boden bis zur Sichtbetondecke schaffen eine enge Verbindung zwischen innen und aussen.

Die Gebäudehülle ist mit Stahlprofilen gefertigt. Anspruch der Architekten war es, die Stahl-Glas-Konstruktion so reduziert wie möglich zu gestalten. Realisiert wurde sie als Fassade in einer Ansichtsbreite von nur 50 Millimetern und zwei unterschiedlichen Bautiefen: In einem umlaufenden Rahmen von 120 Millimetern Tiefe sitzen zwei Pfosten und, auf der Höhe von drei Metern, ein Riegel, die nur 95 Millimeter tief sind. Besondere Herausforderung: In bestimmten Bereichen musste die zusätzliche Belastung der Betonkonstruktion durch die Kaskadentreppe berücksichtigt werden.

Die Janisol 2 F30-Brandschutzverglasung im (kalten) Treppenhaus wurde mit ZiE reali-siert, da der Einbau vor Inkrafttreten der DIN EN 16034 zum 1.11. 2019 erfolgte.

In diesen Bereichen werden die auf die Stahl-Glasfassade auftreffenden Lasten über den Querriegel seitlich in die Betonkonstruktion abgetragen – ein statischer Ansatz, wie er nur mit Stahlprofilen möglich ist, weil die derart belasteten Riegel mit einem innen liegenden Stahlflach ertüchtigt werden können, ohne dass man aussen etwas davon sieht. Die auf allen Ebenen erforderlichen Fluchttüren, die auf die umlaufenden Terrassen münden und den Fluchtweg über die Kaskadentreppen sichern, sind gemäss dem Fassadenraster knapp drei Meter hoch – also weitaus höher, als die DIN formuliert. Sie konnten mit dem Stahlprofilsystem Janisol von Jansen , das für diese Höhe geprüft und zugelassen ist, unauffällig in die Fassade integriert werden. 

Im Poolbereich wurden die Stahlprofile vorbehandelt, um sie bestmöglich vor Korrosion zu schützen.
Gebäude mit Wow-Effekt
Hauptmieter des Werk 12 ist ein Fitnessstudio das in loftartiger Atmosphäre auf drei Etagen Workout, Wellness und ein 25 Meter langes Sportschwimmbecken bieten. Im Poolbereich wurden die Stahlprofile vorbehandelt, um sie bestmöglich vor Korrosion zu schützen. Im Erdgeschoss befinden sich gastronomische Betriebe; Übergrosse Janisol Hebe-/Schiebetüren sowie ein Faltschiebetür-Element ermöglichen hier den nahtlosen Übergang von innen nach aussen.

Anspruch der Architekten war es, die Stahl-Glas-Konstruktion so reduziert wie möglich zu gestalten.

Das flexibel nutzbare «Werk12» wurde soeben mit dem vom Deutschen Architekturmuseum ausgelobten DAM Preis 2021 ausgezeichnet. Die Jury würdigte das fünfstöckige unter anderem wegen seiner einfachen Form, der transparenten Fassaden und der Verwendung ehrlicher Materialien. Auffälligstes Merkmal des Neubaus aber ist das lautmalerische Kunstwerk aus kapitalen Lettern, die vor der Fassade leuchten: «AAAHHH, OH, PUH, WOW, HMPF, HIHI» heisst das Sprachkunstwerk vom lokalen Künstler-Duo Beate Engl und Christian Engelmann.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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