Ein gerader Rücken, vier Finger: das Thermalbad in Baden. Fotos: HGC
Im Auftrag von NEBA Therm

Fassade mit Charakter

Baden hat ein neues Thermalbad. Der Bau trägt die typische Handschrift des Architekten Mario Botta: kräftige Volumen und eine Hülle aus Veroneser Naturstein.

Im November 2021 öffnete das neue Thermalbad in Baden seine Türen. Mit dem in gelblichen Stein gekleideten Neubau hat Mario Botta ein architektonisches Wahrzeichen geschaffen. Die eigenständige Formensprache aus kraftvollem Volumen, klaren Kanten und prägnanten Materialien ist Bottas Markenzeichen, seit der Tessiner Architekt vor über 40 Jahren die Weltbühne der Architektur betreten hat. Manche Berufskollegen schnöden, es sei eine Architektursprache aus früherer Zeit. Aber gerade die Konstanz macht Bottas Schaffen aus. Für das Bad in Baden gewann er 2009 den Studienauftrag, doch unter anderem verzögerten archäologische Funde und denkmalpflegerische Fragen den Bau – die Vergangenheit fordert ihren Tribut.


Die polygonalen Flächen der ‹Finger› waren bautechnisch anspruchsvoll.

Die das Bad umfassende Mauer besteht aus stärkeren Steinen.

Auch die überhängenden Teile stellten hohe handwerkliche Ansprüche.

Mit dem Neubau läutet der Kurort am Limmatknie eine neue Epoche in seiner über 2000-jährigen Geschichte ein. Wie eh und je sprudelt das Thermalwasser aus 21 Quellen – 18 in Baden, drei in Ennetbaden. 47 Grad warm ist es und so mineralreich wie kaum ein anderes in der Schweiz. Schon die Kelten schrieben ihm heilsame Kräfte zu; als ‹Aquae Helveticae› erlangte der Ort zur Römerzeit historische Bedeutung. Nach wiederholtem Auf und Ab über die Jahrhunderte war der Bau des Thermalbades in den 1960er-Jahren die letzte grössere Investition. Doch es genügte den Anforderungen an einen zeitgemässen Betrieb immer weniger. Kaum mehr jemand fuhr zum Baden nach Baden. Die Verantwortlichen haben erkannt, dass sie Baden nur mit einem umfassenden Programm wieder in der ersten Liga platzieren können. Dazu gehört neben einem attraktiven Bau auch ein werbewirksamer Name: ‹Wellness-Therme Fortyseven›. Die grösste Strahlkraft entfaltet aber Mario Bottas Neubau. Neben der expressiven Form verleiht dem Gebäude vor allem das Fassadenmaterial den starken Charakter. ‹Gialetto rosa di Verona› heisst der Stein, eine spezifische Sorte des Veroneser Marmors, wie er in Steinbrüchen im Norden von Verona gewonnen wird. Seit über 2000 Jahren wird er, je nach Steinbruch in unterschiedlichen farblichen und strukturellen Varianten, in Italien und ganz Europa verwendet. Es heisst, Mario Botta sei mehrmals im Steinbruch gewesen und schnell von der spezifischen Steinlage mit den von Rosa bis Ockergelb reichenden Tönungen angetan gewesen.


Fassadenaufbau
Leichtmetallsystem Prodex mit 240mm Mineralwolle RF mit schwarzem Vlies

Fassadenplatten Naturstein, Oberfläche geflammt; Plattenstärke: 30 mm, Höhe: 296 mm,
Länge: 296 bis 796 mm

Mauerwerksteine Naturstein massiv, Oberfläche gespalten; Plattenstärke: 80 mm, Höhe: 140 mm,
Länge: 190 bis 600 mm

Sockelplatten Naturstein, Oberfläche geflammt; Plattenstärke: 30 mm, Höhe: 296 mm,
Länge: 326 bis 814 mm

Von der Generalunternehmerin erhielt die Firma Neba Therm AG den Auftrag, die Natursteinfassaden zu erstellen. Davon gibt es am Bau drei unterschiedliche Ausführungen: Fassadenplatten und Sockelplatten mit geflammter Oberfläche sowie massive Mauerwerksteine mit gespaltener Oberfläche. Insgesamt hat Neba Therm rund 29’500 hinterlüftete Fassadenplatten mit einem Gesamtgewicht von 450 Tonnen montiert. Eindrücklich ist auch die Länge der Schlitzfräsungen, die für die Befestigung nötig waren: Sie messen insgesamt nicht weniger als 35 Kilometer. Die Fassadenplatten wurden auf das Leichtmetallsystem Prodex montiert, gedämmt von 240 MillimeterMineral wolle mit schwarzem Vlies. Von den massiven Mauerwerksteinen sind rund 10’500 Stück mit einem Gesamtgewicht von 160 Tonnen verbaut. Besonders anspruchsvoll war die Montage an den trapezförmigen ‹Fingern› des Bades, wo überhängende Flächen und eine Vielzahl unterschiedlicher Winkel zu beachten waren. Herausfordernd waren zudem die Klappen rund um die Rinnen unter den Fensterflächen, die sich für die Reinigung hydraulisch bewegen lassen.

Für jeden der unterschiedlichen Randsteine fertigte man im Werk jeweils eine exakte 3D Zeichnung an. Während die Verarbeitung und die Montage der Steine sich zuverlässig planen liessen, liefen Produktion und Lieferung nicht immer reibungslos. Den Einkauf der Steine, den Transport aus Italien, die Lagerung und die Lieferung übertrug Neba Therm an das Unternehmen HG Commerciale. Dass das Werk in Italien die Steine zu spät, oft nicht in der richtigen Reihenfolge und in der erforderlichen Qualität lieferte, kostete die Verantwortlichen im Bauprozess einige Nerven – die Freude über das Ergebnis schmälert es indes nicht.


Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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