Die Sanierung der Vorhangfassaden der Bestandsbauten war eine höchst anspruchsvolle Aufgabe für die Architekten und die Stahl- und Metallbauer.
Im Auftrag von Krapf

Das Filigrane bewahrt

Stahlbauten aus den 1960er-Jahren zu ertüchtigen oder zu ergänzen und die ursprüngliche Architektur zu erhalten, ist kein einfaches Unterfangen. Bei der Schulanlage Auen in Frauenfeld ist es gelungen.

Das Schulhaus Auen gilt als wichtiger Architekturzeuge der sogenannten Solothurner Schule. Erbaut nach Plänen der Architekten Alfons Barth und Hans Zaugg, wurde sie 1968 eingeweiht. Es ist ein typischer Vertreter der Stahl-Glas-Vorhang-Architektur. Die drei Flachdachkuben sind auf einem Quadratraster von 2,1 Metern aufgebaut. Das lokale Metallbauunternehmen Tuchschmid AG hatte dafür eigens ein Skelett entwickelt und realisiert, das die schlanken Stahlstützen hinter der Aluminium-Glas-Fassade fast verschwinden liess. Die Schulanlage wurden zu Beginn der 1990er-Jahre von denselben Architekten ergänzt.


Die Schulanlage Auen gilt als exemplarischer Bau der Solothurner Schule, die sich radikal der modularen Stahl- und Glasvorhang-Architektur verschrieb.

Dreifachverglasungen entsprechen den energetischen Anforderungen. Da die Profile verstärkt werden mussten, wurden die «offenen» Ecken durch eine abgerundete Verglasung ausgefacht.

Die Kraftübertragung der Primärtragstruktur in den Baukörper wurde mittels einer eigens entwickelten Sockelkonstruktion gelöst.

2012 ging es wieder um eine Erweiterung, vor allem um eine energetische Ertüchtigung des Bestandes. Auch Brandschutz, Haustechnik und Erdbebensicherheit musste man verbessern. 2014 gewann das Basler Architekturbüro Jessenvollenweider den anonymen Wettbewerb für die Sanierung und die Erweiterung. Da Gebäude der Solothurner Schule damals bereits erneuert waren – etwa das Gymnasium Strandboden in Biel oder die Sportanlage in Magglingen – gab es Erfahrungen mit der Ertüchtigung von Stahl-Glas-Fassaden. Es zeigte sich, dass durch Dreifachverglasungen der Minergie-Standard erreicht werden kann und die feingliedrige Fassadenkonstruktion erhalten bleibt. Weil man dafür aber Profile verstärken musste, wurden die «offenen» Ecken mit einer abgerundeten Verglasung ausgefacht. Dafür mussten originale Bauteile entfernt werden, was zur Folge hatte, dass die ursprünglichen Anforderungen der Denkmalpflege nur teilweise erfüllt waren. Dennoch ist der Baucharakter erhalten geblieben.


Detailschnitt vertikal

Detailschnitte horizontal

Das Architekturbüro Jessenvollenweider hat als Erweiterung drei niedrigere, pavillonartige Volumen in eine neue Ost-West-Achse gesetzt. Konstruiert wurde es ebenfalls mit einem Stahltragwerk – als Neuinterpretation des Bestandes. Im Unterschied zu den Altbauten liegt hier das Tragwerk aber aussen, und die Stützen sind aus den Ecken gerückt, sodass Alt- und Neubauten trotz der vielen Gemeinsamkeiten deutlich zu unterscheiden sind. Der Stahlbau der Ergänzungsbauten stammt vom Metall- und Fassadenbauunternehmen Krapf AG. Die Primärtragkonstruktion besteht aus lasergeschweissten Stahlprofilen mit Einsatzelementen in Janisol (vom Schweizer Hersteller Jansen). Die festen Elemente, die Schiebetüren, die Doppelflügel-Drehtüren und die gebogenen Eckelemente sind Spezialanfertigungen, denn die bauphysikalischen Anforderungen mit derart filigranen Profilen zu erfüllen, war eine Herausforderung. Besonders der Einbau der beweglichen Elemente und die damit verbundene Entwässerung mussten hohen Ansprüchen genügen. Dafür wurde eigens eine Sockelkonstruktion entwickelt.

Für den respektvollen Umgang mit dem architektonischen Zeitzeugen und für die gelungene Erweiterung ist die Schulanlage Auen mit dem Schweizer Stahlbaupreis Prix Acier 2021 ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte nicht nur das herausragende Bauwerk in seiner neuen Gesamterscheinung, sondern explizit auch die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen der Bauherrschaft und den beteiligten Spezialisten – inklusive Metall- und Fassadenbauer.


Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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