Von der Suppenfabrik zur Bürolandschaft: Im denkmalgeschützten Produktionsgebäude der Maggi in Kemptthal arbeiten seit letztem Jahr 200 Büroangestellte von Givaudan. Fotos: Johannes Marburg
Im Auftrag von Blumer Lehmann

Mit Holz und Kohle

Auf dem Maggi-Areal in Kemptthal entstanden in denkmalgeschützten Gemäuern moderne Grossraumbüros. Die Aufstockung und der Innenausbau setzen auf Holz.

In Kemptthal zwischen Winterthur und Zürich dreht sich alles ums Aroma: 1869 gründete Julius Maggi in der elterlichen Mühle am Ufer der Kempt seine weltberühmte Nahrungsmittelfabrik. Bis in die 1930er-Jahre wuchs die Produktionsstätte für Fertigsuppen und Flüssigwürze auf ein Industrieareal von fast einem Kilometer Länge. Ab 2002 stellte nicht mehr Maggi, sondern das Genfer Unternehmen Givaudan in den alten Hallen kulinarische Aromen her.

Das ist nun vorbei: Seit gut drei Jahren transformiert die neue Besitzerin, die heutige ‹1291 Die Schweizer Anlagestiftung›, das Areal zu einem Forschungs- und Dienstleistungscampus für 1'500 Arbeitsplätze. Die Lebensmittelindustrie bleibt ‹The Valley›, wie die Maggi-Fabrik nun heisst, aber erhalten. Givaudan bezog 2018 die Labore seines neuen Forschungszentrums im Süden des Areals (siehe Themenfokus ‹Sinnliche Forschung›). Zudem haben Ernst Niklaus Fausch Architekten bis 2019 ein Produktionsgebäude aus den 1930er-Jahren in ein Bürogebäude mit 200 Arbeitsplätzen umgebaut.

Aussen homogen, innen ein Hybrid: Die mit Klinker bekleideten Aussenwände der zweigeschossigen Aufstockung sind aus Holz gebaut.

Holzbau im Klinkerkleid

Blumer Lehmann brachten ihr Können als Holzbauer beim Umbau und der Aufstockung des denkmalgeschützten Industriebaus gleich zweifach ein: Sie erhielten zunächst den Zuschlag für den Innenausbau. Später konnten sie mit einer Unternehmervariante für die Aufstockung des dreigeschossigen Bestandes überzeugen.

Die zwei zusätzlichen Stockwerke führen die alte Tragstruktur aus Betonstützen und -decken weiter und beherbergen eine Cafeteria im Zentrum und an den Längsseiten zwei doppelgeschossige Orangerien als soziale Treffpunkte. Ursprünglich sollten die Aussenwände wie beim Bestand gemauert werden. Dagegen setzten sich Blumer Lehmann mit einem System aus selbsttragenden Holzelementen durch – aus mehreren Gründen, erklärt Geschäftsführer Richard Jussel: «Die Vorfabrikation der Elemente im Werk verlief parallel zu den Baumeisterarbeiten vor Ort, was die Bauzeit verkürzte. Zudem konnten wir mit einer besseren Energiebilanz, geringeren Aufbaustärken und tieferen Kosten punkten.»

So stecken unter dem neuen Klinkerkleid nun vorfabrizierte Holzelemente. Blumer Lehmann lieferten sie beplankt und gedämmt an und setzten sie zwischen die Betonstützen. Ein streifenförmiges Element deckt die Stützen von aussen ab und lässt das Tragwerk als Pilaster aus der Fassade hervortreten. Die Aufstockung übernimmt die Plastizität und den Fensterrhythmus des Bestandes, setzt sich aber durch die dunkleren und um 45 Grad gedrehten Klinkersteine von ihm ab. Das Sichtmauerwerk klebte ein Spezialist vor Ort auf die hinterlüftete Unterkonstruktion.

Die Aufstockung bietet Rückzugsmöglichkeiten zum Austausch. Hölzerne Deckenverkleidungen verstecken die Technik und dämpfen den Schall.

Sechzig Kilometer Weisstanne

In den Grossraumbüros der drei unteren Geschosse tritt das Holz prominenter in Erscheinung. Hier fertigten Blumer Lehmann Wand- und Deckenverkleidungen aus 32 Millimeter breiten, grau lasierten Weisstannenlatten mit 8 Millimeter breiten Fugen. Die insgesamt 60 Kilometer ast- und harzfreies Holz bezogen sie aus Überzeugung nur aus nachhaltigem Schweizer Anbau.

Bei der Planung überliessen die Holzbauer nichts dem Zufall. «Die Architekten legten grossen Wert auf die Details. Wir haben unzählige An- und Abschlüsse im Voraus geplant und genehmigen lassen», erinnert sich Jussel. Die Holzbauer isolierten das rohe Mauerwerk zuerst von innen und glichen die Ungenauigkeiten des Bestandes mit einer Schiftung aus. Ein mehrlagiges Aktivkohlevlies darauf tilgt den hartnäckigen Maggi-Duft, den die Jahrzehnte des Suppenverpackens in den Mauern hinterlassen hatten.

Massarbeit: Architekten und Holzbauer überliessen beim Innenausbau nichts dem Zufall.

Die Unterkonstruktion vermassten die Holzbauer vor Ort und produzierten im Werk die Verkleidungselemente exakt nach Aufmass. «Dadurch hatten wir die Masse unter Kontrolle, konnten das Fehlerrisiko minimieren und somit auch die Kosten senken», sagt Jussel.

Die Verkleidungen absorbieren in Kombination mit einem Akustikvlies dahinter den Schall der Grossraumbüros und verstecken die Haustechnik. Und nicht zuletzt macht das Holz die hohen Betonhallen behaglicher. Die Mitarbeitenden von Givaudan wird es freuen.

Erdgeschoss

Längsschnitt

Die Rubrik ‹Werkplatz› ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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