Jeweils zwei Arbeitsplätze teilten sich eine sensorbestückte ‹Epuria›-Stehleuchte. Fotos: Faruk Pinjo
Im Auftrag von Zumtobel

Die Leuchte als Messstation

Zumtobel hat gemeinsam mit Amstein + Walthert das Potenzial von Leuchten geprüft. Das Fazit: Dank smarter Messtechnologie lassen sich Arbeitsplatzauslastung und Luftqualität verbessern.

Im fünften Stockwerk des Andreasturms beim Bahnhof Zürich-Oerlikon hat sich eine Büroetage temporär in ein Messlabor verwandelt: Das Ingenieurbüro Amstein + Walthert hat gemeinsam mit dem Leuchtenunternehmen Zumtobel das Potenzial einer Smart-Building-Umgebung im Bürobereich getestet. Da es sich um die eigenen Räume handelte, konnte das Büro den gesamten Prozess von der Planung über die Umsetzung bis zum Betrieb selbst testen und entwickeln. Als Messstationen dienten 19 mit Sensoren und Kommunikationstechnologie aufgerüstete ‹Epuria›-Stehleuchten. Ein Bluetooth-Mesh-Netz gewährleistete, dass man nachträglich und ohne zusätzlichen Aufwand neue Sensoren hinzufügen konnte. Sechs Sensoren im Mesh-Netzwerk massen die Luftqualität, drei mobile Geräte waren mit Ortungstags ausgestattet. Zumtobel lieferte die Leuchteninfrastruktur, entwickelte die Benutzeroberfläche und demonstrierte, wie die Sensoren für das Datenmanagement in die Leuchten integriert werden konnten – und dass dafür keine zusätzliche Installation nötig war. Amstein + Walthert zeigte, wie sich eine Bürolandschaft via 3-D-Scan und BIM-Modell planen und visualisieren lässt. Auf der Grundlage des BIM-Modells hat Zumtobel die Lichtplanung und Konfiguration der Leuchten dann im eigenen Werk im österreichischen Dornbirn durchgeführt.

Für den Feldversuch diente die fünfte Etage im Andreasturm in Zürich-Oerlikon temporär als Messlabor.

Jeweils zwei Arbeitsplätze teilten sich eine sensorbestückte ‹Epuria›-Stehleuchte.

Im Rahmen des Testlaufs fokussierten die Projektverantwortlichen auf zwei Themen: auf die Optimierung der Arbeitsplatzauslastung und auf die Verbesserung der Luftqualität. Denn dass man den Energieverbrauch optimieren kann, wenn die Leuchte automatisch runterdimmt, sobald niemand mehr anwesend ist, muss nicht mehr bewiesen werden. «Wir haben etwa in der dritten Januarwoche, als die meisten wegen der Pandemie im Homeoffice waren, Stundenwerte zwischen 5 und 37 Prozent gemessen», sagt Ralph Schmid, Senior-Projektleiter Consulting Immobilien-/Facility-Management bei Amstein+Walthert rückblickend. Auf dem Bildschirm war in Echtzeit zu sehen, welcher Arbeitsplatz wann und wie lange genutzt wurde. Aus Datenschutzgründen wurde nicht angezeigt, ob der einzelne Platz besetzt war – der Sensor erfasste nur zwei Arbeitsplätze auf einmal. Für Immobilienspezialisten können solche Messwerte die Basis für den Entscheid liefern, ob ein Unternehmen mehr oder weniger Fläche braucht oder ob sie sich anders nutzen lässt. Einen weiteren Vorteil sieht Ralph Schmid darin, dass die Messdaten einfach zu visualisieren sind. Er ist überzeugt, dass sie sich deshalb auch gut eignen für die Kommunikation mit Kunden.

 

‹Epuria› mit Kommunikationsbaustein sowie Anwesenheits- und Tageslichtsensorik ist nur marginal teurer als die herkömmliche Leuchte.

Auch die Luftqualität wurde über die Leuchten gemessen.

Aus der Sicht von Zumtobel sind die Messwerte noch aus einer anderen Perspektive interessant: «Die Case Study in Oerlikon hat gezeigt, dass unsere Leuchten nicht nur Licht spenden, sondern auch als Messstationen taugen», stellt Ian Abegglen, Anwenderberater Digital/IoT bei Zumtobel, fest. Und auch ökonomisch betrachtet hat das Experiment funktioniert: «Eine Stehleuchte mit einem Kommunikationsbaustein und einer Anwesenheits-/Tageslichtsensorik ist nur marginal teurer. Die Kommunikationsinfrastruktur wird deshalb bereits in der nächsten Produktion eingeplant», so Abegglen. Das Ziel sei ein offener Funkstandard, damit sich auch Produkte anderer Systeme und Hersteller anschliessen lassen. Auch die Messung des CO2-Anteils in der Luft hat funktioniert. Noch haben die Messstationen in Oerlikon die Daten nicht ans Gebäudeleitsystem weitergegeben, das dann etwa die Lüftungsintensität erhöhen könnte. Doch dieser Schritt sei nur noch ein kleiner, meint der IoT-Spezialist.


Welcher Arbeitsplatz wird wann und wie lange genutzt? Die Messwerte werden in Echtzeit angezeigt.

Das im Andreasturm an einzelnen Geräten ebenfalls erfolgreich getestete Tracking ist im Bürobereich wohl nicht die erste Funktion, die nachgefragt wird. Doch für ein Spital oder ein Unternehmen aus der Warenwirtschaft könnte sie sehr interessant sein: «Es gibt Studien, die beispielsweise zeigen, dass das Spitalpersonal bis zu 15 Prozent seiner Arbeitszeit mit der Suche nach bestimmten Geräten verbringt. Wären sie digital markiert, könnten die Leuchten deren Standort übermitteln, und das Personal könnte sich mehr auf die Sache konzentrieren», sagt Ian Abegglen. Der Feldversuch hat gezeigt: Die Zukunft des Facility-Managements ist nicht mehr so weit entfernt. Wichtig bleibe neben der Hardware aber immer auch ein gutes Daten- und Schnittstellenmanagement; es müsse so gestaltet sein, dass neue Anwendungsfälle sich flexibel implementieren lassen, sagt Ralph Schmid.

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Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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