Letzte Woche entstand auf dem Basler Messeplatz das ‹Zome Alloy› des Künstlers Oscar Tuazon. Fotos: Martin Krammer
Im Auftrag von ERNE AG Holzbau

Beatnik-Blobs in Basel

Auf dem Messeplatz in Basel baut der amerikanischer Künstler Oscar Tuazon das Lowtech-Haus des Solar-Pioniers Steve Baer nach. Die Hightech-Produktion von Erne Holzbau macht das erst möglich.

‹Art Basel› prangt gross an der grau verhüllten Messehalle, wie jedes Jahr im Frühsommer. Doch diesmal wachsen sonderbare Iglus aus dem Asphalt davor. Hölzerne Iglus, aneinandergewachsen und fast ein Dutzend an der Zahl. Es ist ein Werk des jungen, in Los Angeles lebenden Künstlers Oscar Tuazon, der damit eine Ikone der amerikanischen Alternativkultur adaptiert, das ‹Zome-house›. Vater dieses Hauses ist der Solar-Pionier Steve Baer. 1938 geboren, studierte der Amerikaner an der ETH Zürich Mathematik und zog anschliessend in die berühmte Hippi-Kommune Drop City in Albuquerque. 1971 baute er sein Haus aus Polyedern, die, anders als geodätische Strukturen, gedehnt und verlängert werden können. Mit Aluminium überzogene Wabenplatten und Wände aus Lehmziegeln im Innern bilden die 11 Volumen, deren südliche Aussenwände sich aufklappen lassen, um eine Batterie von Wasserfässern in der Wüstennacht zu kühlen – ein frühes Passivhaus und ein analoger Vorläufer heutiger Blob-Versuche. Das Lowtech-Werk eines Beatnik-Ingenieurs.

Hightech kommt bei Oscar Tuazons Adaption zum Einsatz, dem ‹Zome Alloy›. Der Künstler entwickelte es zusammen mit Pariser Ingenieuren von Bollinger-Grohmann und seinem in Brüssel lebenden Architekten Antoine Rocca. Die Masse des Originalhauses, in dem Baer noch immer wohnt, übersetzten sie in eine Schalenkonstruktion aus vier Zentimeter starken Holzplatten. Erne Holzbau in Stein AG ermöglichte die Ausführung. Die Geometrie der Flächen lässt sich zwar, anders als heutige Freiform-Bauten, mit Bleistift und Kästchenpapier zeichnen, die komplexen Verbindungsstellen, an denen viele Flächen, Kanten und Winkel zusammentreffen, bedingte jedoch höchste Präzision bei der Ausführung. Dafür sorgte Ernes grosser, siebenachsiger Portalroboter, der die 236 unterschiedlichen Teile zusägte und Nuten für die Verbindungsprofile aus Aluminium fräste. Anders als die herkömmlichen CNC-Maschinen in der Nebenhalle kann der Roboter auf seiner 50 Meter langen und 5.60 Meter breiten Bahn nicht nur subtraktiv arbeiten, also sägen und fräsen, sondern auch additiv: heben, halten, nageln, schrauben – «Wie ein Handwerker», meint Martin Krammer, Leiter Strategische Marktentwicklung bei Erne Holzbau. Ein Gerät, dass praktisch den Produktionsablauf selbst berechnet.

Baer brauchte zwei Jahre, um sein ‹Zome-house› zu bauen, Erne begann vor drei Wochen mit der Produktion des ‹Zome Alloy›, das schon nächste Woche für Neugierige offen stehen soll. «Wie jedes Projekt hat uns dieses wieder ein Stück weitergebracht», sagt Krammer. Bei solch hochentwickelter Produktionsrobotik gilt es noch vieles zu klären: Wie lang braucht eine Produktion? Welches Werkzeug setzt man ein? Was lohnt sich überhaupt zu programmieren? Oder wann sind echte Handwerkerhände doch schneller?

Auf dem Messeplatz ersetzen Schwellen aus Holzbalken und Sandsäcke das Fundament – in den Asphalt, der auch im Innern als Boden dient, durften die Arbeiter nicht bohren. Während der Art-Woche soll hier eine Neuauflage der ‹Alloy Conference› stattfinden, einem legendären Treffen der Alternativhaus-Community, das 1969 in New Mexico stattfand. Sein damaliger Organisator, der heute fast achtzigjährige Steve Baer, wird dafür nach Basel reisen und mit Gästen aus Europa und den USA reden. Nach der Art Basel wird das ‹Zome Alloy› an einem anderen Ort wiedererstehen – nicht als Kunstwerk im Museum, sondern als Modell eines besseren Lebens, an dem weiter gebaut werden soll.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen des Werkplatzes Schweiz.

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