Die Küche zitiert die Ästhetik der 1950er-Jahre. Fotos: Zeljko Gataric
Im Auftrag von Argolite

Bewährtes Prinzip, neue Optionen

Farbige Kunstharzplatten zierten in den 1950er-Jahren fast jedes Küchenmöbel. Eine Küche in einem Bischofszeller Altstadthaus lässt die Ästhetik von damals wieder aufleben.

Für ein paar Jahrzehnte waren sie fast von der Bildfläche verschwunden, doch in jüngerer Zeit sind sie in Secondhand-Möbelläden wieder heiss begehrt: Küchenbüffets und -schränke aus den 1950er-Jahren mit knallgelben, leuchtroten oder grasgrünen Fronten. Die farbenfrohen Stücke eroberten die Haushalte nach dem Zweiten Weltkrieg wie im Sturm. Aus guten Gründen: Mit ihrem meist aus einfachen Holzwerkstoffen gefertigten Innenleben waren sie für die Masse erschwinglich. Zugleich sorgten die mit farbigen Schichtstoffplatten belegten Oberflächen für Stimmung in der Küche und machten die Möbel robust, hygienisch und pflegeleicht.

Weitaus eleganter als der Klassiker aus der Nachkriegszeit ist die neue Küche, die die Schreinerei Scherrer aus Niederhelfenschwil SG in eine Altstadtwohnung in Bischofszell TG eingebaut hat. Die lange Zeile an der Wand und der grosse Block in der Raummitte bieten alles, was Hobbyköche sich wünschen können. Mit schwarzer Natursteinabdeckung, goldschimmernder Rückwand und offenen Regalen aus geöltem Kirschbaumholz wirkt die Küche zwar zeitgenössisch, an den Details aber blitzt die Ästhetik der 1950er-Jahre auf: Versetzte Schiebetüren verschliessen den Stauraum im Block, die Fronten der Oberschränke stehen schräg und haben schlichte Massivholz-Griffleisten. Vor allem aber hat Schreiner Marco Buff auf das zeittypische Material von damals zurückgegriffen und die Fronten mit mintblauen HPL-Platten von der Firma Argolite bestückt.


Die Korpusse und Griffe bestehen aus Kirschholz...

Das Material ist auch heute noch alles andere als exotisch. Nicht nur in Küchen kommen wir alle täglich mit ‹High Pressure Laminate›, kurz: HPL, in Berührung. Auch Tischplatten, Türblätter, Badezimmerwände und sogar Fassaden sind mit dem Kunstharzmaterial ausgestattet. Doch so verbreitet sie sind: Viele Menschen wissen wohl nur wenig über die Schichtstoffplatten, die in der Grundausführung aus nichts anderem als 70 Prozent Papier und 30 Prozent Harz bestehen.

Als einziges Unternehmen in der Schweiz stellt Argolite aus Willisau im Kanton Luzern HPL-Platten her – seit 1953. Das Produktionsprinzip ist erstaunlich einfach und hat sich seit den Anfängen kaum verändert: Die phenolharzgetränkten Kernpapiere kauft Argolite zu, die Dekorpapiere – sie bilden jeweils die oberste Schicht der Platte – werden in der hauseigenen Beharzungsanlage in ein mit Silberionen versetztes Melaminharzbad getaucht. In der Presse verbinden sich Kern- und Dekorpapiere bei 140 Grad und 80 Kilogramm Druck pro Quadratzentimeter zu einer hygienischen, kratzfesten, hitze- und lichtbeständigen Platte. Die dünnsten HPL-Platten mit bloss drei Schichten Kernpapier sind 0,9 Millimeter stark und dienen als Deckschicht, etwa bei Küchenmöbeln oder Einbauschränken. Ab zwei Millimetern Stärke gelten die Platten als selbsttragend; die dicksten sind mit 131 Lagen Kernpapier formstabil und eignen sich sogar für Anwendungen im Aussenbereich.


...die Fronten aus blauen HPL-Platten.

Ungleich grösser als vor 70 Jahren ist die Produktepalette: Neben unifarbenen Papieren presst Argolite heute auch Naturfaserpapiere, Textilien, Holzdekor und sogar individuelle Fotomotive in Kunstharz. Eisenpulverbeschichtete Kernpapiere machen die Platten magnetisch, eingelegte Aluminiumfolien sorgen bei Bedarf für Dampfdichtigkeit. Die Oberflächen gibt es von seidenmatt bis Hochglanz und von glatt über gerillt bis körnig. Ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Produkten: Argolite produziert bereits für Einzelstücke nach individuellen Wünschen und innerhalb von kurzer Zeit. Zugleich ist das Unternehmen mit seinem Lager für Grossaufträge respektive ein Volumen von 250 000 Platten gerüstet. Die Fronten der Küche in Bischofszell hat Marco Buff mit einer 0,9 Millimeter starken HPL-Platte in der Farbe ‹Wermut› ausgestattet, die Argolite im Standardsortiment führt. Die Oberfläche ist matt und unempfindlich gegenüber Fingerabdrücken. Dank der klugen Kombination aus hochwertigem Holz und Stein stehen die Chancen gut, dass die Küche die 1950er-Revival-Welle überdauern wird.

Die Rubrik Werkplatz ist eine Kooperation von Hochparterre mit ausgesuchten Firmen und Institutionen des Werkplatzes Schweiz.

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