Jedes Projekt hat seine spezifischen Herausforderungen. Vier Beispiele zeigen, wie breit das Arbeitsfeld von Baumanagerinnen und Baumanagern ist.
Hochhaus für die Forschung
Das Biozentrum in Basel ist ein Generationenbauwerk. Der erste Baustein des neuen Universitätscampus auf dem Schällenmätteli bietet auf 23 400 Quadratmetern Nutzfläche Platz für rund 400 Forschende aus aller Welt. Das 72 Meter hohe Laborhaus beherbergt zahlreiche hochkomplexe Einrichtungen: von der Imaging Technologieplattform über Kernspinresonanzspektroskope bis hin zu etlichen Speziallabors für verschiedene Gefahrenstufen. Die vielen technischen Installationen stellen sehr unterschiedliche Anforderungen etwa an Raumtemperatur, Lüftung, Druckverhältnisse, Raumklima, Schwingungsfreiheit oder Biosicherheit.
Was bedeuten diese komplexen Vorgaben für die Planung, Projektierung und Projektleitung? «Zuerst einmal, dass so ein Haus ein sehr umfangreiches Bau- und Fachplanerteam mit sich bringt», erklärt Arnoud Kerkhof, seit dreieinhalb Jahren Leiter des Generalplanerteams. Das grosse Planerteam und die vielen Gewerke mit den Ansprüchen und Wünschen der Nutzer und der Bauherrschaft unter einen Hut zu bringen, war seine Aufgabe. «Teilweise gab es Sitzungen mit zwanzig Beteiligten», erinnert sich Kerkhof. Im Laufe der zehnjährigen Projektierungs- und Realisierungszeit gab es etliche Hürden zu nehmen, weil die Bauvorschriften im Laufe des Projekts änderten oder wegen der umfangreichen Gebäudeautomation – alle Maschinen und Installationen im Haus haben eigene Sensoren. Mehr als 30 000 Datenpunkte galt es zu koordinieren. Den hohen technischen und organisatorischen Anforderungen stellt der Baumanager die Menschen gegenüber: «Entscheidend für den Erfolg eines Projekts dieser Art sind gute und verlässliche Fachplaner und Bauleiter, die von Anfang bis Ende dabei sind, Termine und Kosten einhalten und ihre Pendenzen abarbeiten.» Die acht Tests, die das Biozentrum vor der Übergabe an die Universität durchlaufen musste, hat es bestanden. Anfang 2021 wurde das Forschungshochhaus an die Universität übergeben. Roderick Hönig, Fotos: Daisuke Hirabayashi
Mit Chromstahl verkleidete Kastenfenster.
Biozentrum der Universität Basel, 2021
Spital- / Pestalozzistrasse, Basel
Bauherrschaft: Kantone Basel-Stadt und Basel- Landschaft, vertreten durch das Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt
Architektur: Ilg Santer, Zürich
Leistungen b + p, Basel: Baumanagement und Bauleitung, Kosten- und Projektmanagement, GP-Leiter
Kosten: ca. Fr. 400 Mio.
Hotelumbau in Rekordzeit
Das Hotel Hof Weissbad in Appenzell-Innerrhoden wurde innerhalb kürzester Zeit entkernt und bis unters Dach neu gebaut. Baubeginn war am 2. Januar 2018 mittags. Schon am 23. Februar war der Umbau fertig: Nur sieben Wochen hat die 15 Millionen Franken teure Sanierung gedauert. Dafür ist im Normalfall ein knappes Jahr nötig. Wie war das möglich? Dank exakter Planung, die mit dem Bau eines Musterzimmers begann. Darin wurde jedes Detail im Massstab 1 : 1 bestimmt und gebaut. Gleichzeitig wurde auf die Minute genau festgehalten, wie lange es dauert, bis ein Teil um- oder eingebaut, eine Wand gegipst oder ein Fenster angeschlagen ist. Diese Daten bildeten die Basis, auf der die b + p-Mitarbeitenden hochrechneten, wie viel Zeit der gesamte Umbau in Anspruch nehmen wird. «Bei der Datenanalyse wurde uns sofort klar, dass wir viele Elemente vorfabrizieren müssen», sagt Roland Breu, der das Projekt als Standortleiter St. Gallen begleitet hat. Im Anschluss daran entstand ein Zeitplan und dabei die Erkenntnis, dass ein derart ambitioniertes Vorhaben nur zu schaffen ist, wenn an fünf Tagen jeweils zehn Stunden gearbeitet wird. Ein Jahr dauerte die Planung, dann startete der generalstabsmässig durchgetaktete Umbau. Roland Breu wusste zum Beispiel, dass an einem bestimmten Montag um 15 Uhr drei Gipser in einem bestimmten Zimmer an einer bestimmten Wand arbeiten und dass sie um 16 Uhr fertig sein werden.
Täglich waren 250 Handwerker auf der Baustelle, die von vier Bauleitern koordiniert wurden. Jeden Mittag um 12 Uhr und abends um 18 Uhr erfolgte ein Planungscheck. Bei Verzug mussten Überstunden geleistet werden. «Das klingt nach Drill», sagt Roland Breu, «doch die Handwerker empfanden es nicht so. Sie waren vielmehr froh, klare Verhältnisse vorzufinden.» Die Plattenleger beispielsweise konnten gleich loslegen, da das Material auf den Quadratzentimeter genau bestellt bei den Bädern bereitlag. Dort allerdings erwartete sie ein Mammutpro- gramm. Die Wände wurden mit zentimeterkleinen Mosaikplättchen ausgekleidet. Und so waren im Durchschnitt täglich 26 Plattenleger damit beschäftigt, die rund 18 Millionen Plättchen zu verlegen und zu fugen. Blickt Roland Breu heute zurück, kann er nur wiederholen, was sich während der sieben Wochen im Winter 2018 bestätigt hat: «Mit guter Planung, perfekter Logistik und einem professionellen Baumanagement kann man ein Hotel in so kurzer Zeit umbauen.» Marco Guetg, Fotos: Hotel Hof Weissbad
Die Bäder wurden neu gefliest.
Hotel Hof Weissbad, 2018
Im Park 1, Weissbad AI
Bauherrschaft: Hotel Hof Weissbad, Weissbad
Innenarchitektur: Grego Architektur, Zürich
Leistungen b + p, St. Gallen: Baumanagement und Bauleitung, Kosten- und Projektmanagement, Gesamtleitung
Kosten: ca. Fr. 15 Mio.
Mitten im Spitalareal
Im Juni 2018 nahm das Inselspital Bern nach rund vierjähriger Planungs- und Bauzeit das Theodor- Kocher-Haus in Betrieb. Der fünfstöckige Neubau beherbergt vorübergehend die Frauenklinik und die Neonatologie. Später kehrt diese Klinik an ihren früheren, sanierten Standort zurück, und das Theodor-Kocher-Haus wird zum Organ- und Tumorzentrum, zu dem auch ein neu erstellter, unterirdischer Zwischenbau gehört.
Der Neubau ist gross: Mit den 95 000 Kubikmetern und einer Gesamtgeschossfläche von 31 000 Quadratmetern ist er für die Mitarbeitenden von b + p Baurealisation ein Leuchtturmprojekt, allerdings eines mit grossen Herausforderungen. Denn der Bau steht mitten im Spitalareal. Dies schränkte ein und erforderte Rücksicht. Lagerplätze konnten nicht direkt auf dem Areal eingerichtet werden. Die Ambulanz musste jederzeit hindernisfrei fahren können, die Flugschneise des Rettungshelikopters musste frei bleiben. Eine im Operationsgebäude installierte elektronische Schlauchwaage registrierte allfällige Erschütterungen oder Senkungen, damit notfalls sofort reagiert werden konnte. Das Gebäude war permanent geodätisch und geotechnisch überwacht. Damit sich alle Beteiligten vorweg ein realistisches Bild über die Funktion des Hauses, die Abläufe und die Materialisierung einzelner Räume machen konnten, richtete das Baumanagement zwei massstabsgetreue Musterzimmer ein. Da kontrollierten die Fachleute, ob auch funktioniert, was im Büro entworfen wurde.
Um Zeit zu gewinnen, wurden beim Theodor- Kocher-Haus drei Bauphasen parallel in Angriff genommen – eine logistische Herausforderung. Bauleiterin Marie Portmann-Poffet stellt denn auch fest: «Ein Spital dieser Grösse baut man in der Regel nicht in so kurzer Zeit. Aber es ist uns gelungen, und – besonders erfreulich – wir hatten keine Unfälle!» Sie erinnert sich auch an eine spitalspezifische Besonderheit: «Anfänglich habe ich die Sprache der Spitalplaner und Techniker schlicht nicht verstanden.» Marie Portmann recherchierte und notierte sich die Wörter. Danach traf man sie auf der Baustelle nicht mehr ohne ihren Spickzettel an. Marco Guetg, Fotos: Kuster Frey
Der Neubau beherbergt vorübergehend die Frauenklinik. Später wird das Haus zum Organ- und Tumorzentrum.
Inselspital Bern, Theodor-Kocher-Haus, 2018
Friedbühlstrasse 19, Bern
Bauherrschaft: Inselspital, Universitätsspital Bern
Architektur: Schneider & Schneider, Aarau
Leistungen b + p, Bern: Baumanagement und Bau- leitung, Kosten- und Projektmanagement, GP- Leitung (Ausführung)
Kosten: Fr. 159,25 Mio.
Technik hinter Eleganz versteckt
«Eigentlich ist das neue Kunsthaus auch nur ein Betonhaus mit Flachdach.» So sehen das Christian Gruober und Lena Ackermann, die seit 2015 Teil der vierköpfigen Bauleitung waren. Tatsächlich war vieles normal: Es ging um Kosten, Termine und Qualität. «Trotzdem war hier alles anders», sagen sie: «Die Grösse, die Zahl der Beteiligten, die vielen Schnittstellen.» Die Crux war, im Team den Überblick zu behalten. In den Pausen, beim Znüni und Zvieri, koordinierten sich die vier. Ein 200-Millionen-Projekt muss man auch baulich aufteilen: in viele Betonieretappen und beim Ausbau in fünf Zonen, in denen die Gewerke spiralförmig und geschossweise aufeinanderfolgten.
Die Besonderheiten begannen schon beim Aushub: Weil die alte Stadtmauer mitten durch die Baustelle lief, musste man den Tiefbau um die Arbeiten der Archäologie organisieren. Anschliessend die Baumeister: Scharfkantige Sichtbetonwände mit sechs Metern Höhe, durch das Foyer fliegende Brücken und Zwischengeschosse, deren Stirnseiten man nicht sehen sollte, sind alles andere als normal. Die Haustechnik: eher wie in einem Labor als wie in einem Bürobau und dennoch unsichtbar. Die Liste des Aussergewöhnlichen ist schier endlos. «Allein zum Messing hatten wir etwa zehn Sitzungen», sagt Lena Ackermann. Lift-, Tür- und Messingbauer mussten ihre Werkpläne bis auf den Millimeter genau abstimmen, das Material von demselben Hersteller beziehen und es gleich bearbeiten. Und erst die Türen: 800 Stück, fast jede verschieden. «Darunter waren einige Diven, vermutlich 200», sagt Ackermann, «das allein beschäftigte uns etwa zwei Jahre.»
Was erstaunt: Kosten und Termine sind eingehalten. Weil man die Qualitätsansprüche von Anfang an einrechnete und genügend Reserve eingeplant hatte – die man vor allem im Tiefbau, bei den Baumeisterarbeiten und der Haustechnik auch brauchte. Und die Qualität? «Erreicht», lobt Gruober. Das Geheimnis ist die Zusammenarbeit: Das Kunsthaus ist konventionell ausgeführt, mit zahllosen Einzelverträgen. b + p Baurealisation waren als Subplaner unter den Architekten. Beides ist bei Grossprojekten ungewöhnlich. Und dass die Architekten in Berlin sassen? «Sie waren jede Woche auf dem Bau», sagt Gruober, «und schon bald war Vertrauen da. Mehr sogar: Die Wertschätzung der Stararchitekten für uns Bauleiter hat mich wirklich überrascht.» Palle Petersen, Fotos: Noshe
Die hohe Halle mit Treppen und Balkonen.
Erweiterungsbau Kunsthaus Zürich, 2021
Heimplatz, Zürich
Bauherrschaft: Einfache Gesellschaft Kunsthaus-Erweiterung: Stadt Zürich, Zürcher Kunstgesellschaft, Stiftung Zürcher Kunsthaus
Architektur: David Chipperfield Architects, Berlin
Leistungen b + p, Zürich: Baumanagement, Bauleitung, Kostenmanagement
Kosten: ca. Fr. 200 Mio.