Die grösste Simulationsfläche der Schweiz steht im Swiss Center for Design and Health in Nidau. Hier können Grundrisse und Räume im Massstab 1:1 nachgebaut und getestet werden.
560 Quadratmeter gross ist die Extended-Reality-Simulationsfläche im Living Lab. Damit ist sie schweizweit die grösste. Grundrisse lassen sich hier im SCDH in Originalgrösse auf den Boden projizieren und können mit Leichtbauwänden und Mock-ups aus der hauseigenen Werkstatt sowie echtem Mobiliar ergänzt werden. Geplante Räume werden so dreidimensional, Grundrisse begeh- und erlebbar. In Simulationsworkshops werden bereits im frühen Projektstadium Planungsfehler identifiziert und korrigiert. Dieses Vorgehen optimiert die Planungssicherheit wie auch die Arbeitsprozesse und kann Kosten sparen.
Mit Rollenspielen der Realität ein Stück näher
Das Konzept der Simulationen basiert auf einer Methode, die die amerikanische Intensivpädiaterin Nora Colman (siehe ‹Simulation verbessert die Architektur›) bei der Planung des Atlanta Children’s Hospital entwickelt hat. «Als Gastforscherin hat sie mit uns den kriterienbasierten Einsatz der Simulationsmethode trainiert», erklärt Monika Codourey, Leiterin des Living Lab. Als Erstes wird mit dem Praxispartner festgelegt, was und in welchen Szenarien getestet wird. Je nach Fragestellung wird das Vorgehen anders aufgesetzt. Auf der Simulationsfläche nehmen Baupläne erstmalig konkrete Formen an. «Zwischen den Kartonwänden gelangt man zu anderen Erkenntnissen als am Computer oder in einem virtuellen Raum», sagt Monika Codourey. Meist würden bereits beim Aufbau Schwachstellen deutlich. Etwa, dass ein Durchgang zu schmal bemessen ist. Weniger augenfällige Mängel liessen sich in den Simulationen erkennen, die von SCDH-Mitarbeitenden geleitet und moderiert werden. «Wir spielen mehrere Szenarien realitätsnah durch», so Codourey. Neben Arbeitsabläufen werden meist auch logistische Prozesse oder Notfallsituationen getestet.
Die Beteiligten nehmen im Living Lab die projektierten Räume eins zu eins wahr. «Sie schätzen etwa Wegstrecken viel besser ein und begreifen räumliche Kontexte, die sie auf dem Plan kaum bemerken würden», so Codourey. Niemand kenne die Arbeitsabläufe so gut wie die künftigen Nutzerinnen – auch nicht die Planenden und Architekten. Die Nutzer wiederum haben oft Mühe, Pläne zu verstehen. Eine Simulation erleichtert deshalb die Kommunikation zwischen den Beteiligten. Ungefähr die Hälfte der Simulationsteilnehmer beobachtet das Geschehen und macht sich Notizen. Die andere Hälfte schlüpft in Rollen, die sie aus ihrem Berufsalltag kennen. Im Debriefing tragen die Anwesenden ihre Beobachtungen zusammen. «Bereits kleine Veränderungen können viel bewirken», sagt Monika Codourey. Man schaffe damit Räumlichkeiten, die den Nutzerinnen dienten. Das sei gerade angesichts des aktuellen Fachkräftemangels entscheidend.
Monika Codourey ist Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung des SCDH und Leiterin des Living Lab. Sie ist promovierte Architektin mit Schwerpunkt transdisziplinäre Forschung und Expertise im Healthcare-Bereich.