Sechs Stufen bis zur hohen Baukultur

Die SBB ist einer hochstehenden Baukultur verpflichtet. Ein sechsstufiger Entwicklungsprozess soll dafür garantieren, dass sie diesen Auftrag auch erfüllen kann.

Fotos: Rolf Siegenthaler
In Zusammenarbeit mit SBB Immobilien

Die SBB ist einer hochstehenden Baukultur verpflichtet. Ein sechsstufiger Entwicklungsprozess soll dafür garantieren, dass sie diesen Auftrag auch erfüllen kann.

Das Tätigkeitsfeld von SBB Immobilien ist riesig: Es beinhaltet mehr als 200 gleichzeitig laufende Immobilienprojekte in unterschiedlichen Stadien von der Studie bis zur Fertigstellung. Die Projekte sind über die ganze Schweiz verteilt und umfassen ein Spektrum, das von der Sanierung eines Regionalbahnhofs über die Erstellung von Depotgebäuden bis hin zur Planung von neuen Stadtteilen reicht. Die Grundstücke befinden sich meist an zentralen Lagen und an den Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs, die Bauten selbst nehmen im Orts- oder Stadtbild eine starke Präsenz ein. Zu den vielen Projekten und prominenten Standorten kommt hinzu, dass die SBB zwar seit 1999 eine spezialrechtliche Aktiengesellschaft des Bundes ist und SBB Immobilien eine eigenständige Division innerhalb des Konzerns. Für die breite Öffentlichkeit ist die SBB jedoch noch immer einfach «die Bundesbahn». Diese steht nicht nur für ein gutes Verkehrsangebot, für Pünktlichkeit und Sauberkeit, sondern auch für eine hohe Qualität. Das gilt für das Kerngeschäft des Personenverkehrs gleichermassen wie für die Rolle der SBB als Immobilienentwicklerin und Bauherrin. Immer wenn das SBB-Logo auf Bautafeln prangt, sind die Erwartungen dementsprechend hoch. Die Bevölkerung wie auch die Politik schauen besonders genau darauf, was projektiert und realisiert wird.

«Kaum ein Immobilienentwickler steht hierzulande derart im Auge der Öffentlichkeit», bringt es Andreas Steiger auf den Punkt. Der ETH-Architekt ist seit rund 20 Jahren für SBB Immobilien tätig, zuletzt als Teamleiter Development für die Entwicklung von Anlageobjekten in der ganzen Schweiz. Wie stark Bauprojekte der SBB im Brennpunkt der Öffentlichkeit stehen können, hat er zwischen 2004 und 2021 als Verantwortlicher der SBB bei der Europaallee, die sich neben dem Zürcher Hauptbahnhof befindet, erfahren. Ein Grossteil der Rückmeldungen zum neuen Stadtteil landete zuerst bei ihm auf dem Tisch. Für Steigers Vorgesetzte, Susanne Zenker, Leiterin Development und Mitglied der Geschäftsleitung von SBB Immobilien, sind die hohen Ansprüche der Öffentlichkeit berechtigt: «Gerade als Besitzerin von zentralen und für die Verdichtung gut geeigneten Grundstücken tragen wir eine besonders grosse Verantwortung. Dazu gehört, den knappen Boden optimal zu nutzen und die Grundstücke so zu entwickeln, dass lebendige und gut durchmischte Orte entstehen.» Deshalb sei klar, dass die SBB ihre Projektentwicklungen anders angehen müsse als private Immobilienbesitzerinnen: «Wir können nicht einfach planen und dann mit dem Bau loslegen, sondern müssen mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und unter Einbezug aller wichtigen Interessengruppen vorgehen.»

Dies gilt aus Zenkers Sicht nicht nur für grosse Projekte wie beispielsweise die Europaallee in Zürich, für das Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs Wolf in Basel oder für das städtebauliche Projekt im Westen von Lausanne um den Bahnhof Prilly-Malley herum, sondern auch für kleine Projekte und über alle drei Liegenschaften-Portfolios von SBB Immobilien hinweg. Die Portfolios umfassen nebst den Anlageobjekten auch die Bahnhöfe und die Betriebsobjekte. Zu Letzteren zählen alle Gebäude, die es braucht, um Bahnleistungen zu erbringen, also zum Beispiel Werkstätten und Serviceanlagen für die Wartung der Züge. Im Gegensatz dazu gehören reine Infrastrukturbauten wie Perrons, Unterführungen, Brücken und Gleisanlagen nicht zum Aufgabenbereich von SBB Immobilien.

Berechtigte öffentliche Ansprüche
Um die zahlreichen hohen Ansprüche an die Projekte zu erfüllen, steht bei SBB Immobilien eine hochstehende Baukultur im Zentrum. Dies wird vom Bundesrat als oberstem Auftraggeber auch explizit so gewünscht: «Ziel ist es, Lebensräume von hoher Qualität zu schaffen, die künftigen sich wandelnden Anforderungen der Gesellschaft gerecht werden und gleichzeitig die historische Identität behandeln», fasst Susanne Zenker die Vorgaben des Bundesrates zusammen. Damit dieses Ziel bei allen Projekten und in allen Landesteilen erreicht wird, ist der Prozess für die Entwicklung von Projekten bei SBB Immobilien detailliert strukturiert. Zur Anwendung kommt er ab einem Investitionsvolumen von fünf Millionen Franken. Markus Siemienik, Architekt und Teamleiter Development Anlageobjekte Ost bei SBB Immobilien, vergleicht die Struktur des Prozesses gerne mit einem verwinkelten Kaninchenbau: «Hinter der ersten Höhle tun sich weitere Höhlen auf.» Umgemünzt auf den Prozess der Entwicklung von Projekten bei SBB Immobilien heisst das: Der Hauptprozess umfasst sechs Stufen. Diese bilden jeweils die erste Höhle. Dahinter folgen als weitere Höhlen zahlreiche Teilprozessschritte, zu denen wiederum diverse Instrumente wie etwa Handlungsanweisungen, Arbeitsvorlagen, Dokumente oder Checklisten gehören. So wird sichergestellt, dass der Projektleiter in Renens, der in der Romandie für einen zweistelligen Millionenbetrag einen Bahnhof saniert, gleich vorgeht wie seine Kollegin, die für den neuen, milliardenteuren Luzerner Durchgangsbahnhof verantwortlich ist.

Der Entwicklungsprozess beinhaltet neben der standardisierten Struktur als zusätzliche Qualitätssicherung auch drei Grundprämissen: Die Planung der Projekte erfolgt immer durch externe Teams. Diese wechseln bei jedem Projekt. Ausserdem wird die Öffentlichkeit in die Planung eingebunden. Der Teamwechsel bedeutet, dass die Planenden mithilfe von Konkurrenzverfahren – etwa städtebaulichen Studienaufträgen oder Architekturwettbewerben – ausgesucht werden und dass für jedes Konkurrenzverfahren eine neu zusammengesetzte Jury zuständig ist. «Zusammen mit den Wettbewerbsverfahren ist diese laufend wechselnde Aussensicht ein Schlüsselelement zur Erreichung unserer hohen baukulturellen Ziele», sagt Susanne Zenker. Der finanzielle und zeitliche Aufwand für dieses Vorgehen sei somit zwar grösser, die Resultate seien dafür überzeugender, so Zenker. Der Einbezug der Öffentlichkeit wiederum erfolgt über alle Prozessstufen hinweg – einerseits durch stetige Kommunikation, andererseits über Mitwirkungsverfahren. Je nach Projekt reicht die Spanne von einzelnen Gesprächen bis hin zu Workshops mit mehreren Dutzend Beteiligten. Vor dem Start des Prozesses müssen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Eine davon ist die Freistellung von bisher bahntechnisch genutzten Grundstücken und ihre Eingliederung ins Immobilien-Portfolio, wenn beispielsweise ein Rangierbahnhof oder ein Depotareal nicht mehr benötigt wird. Bei diesem Freistellungsprozess sind die Division Infrastruktur und, bei Flächen von mehr als 5000 Quadratmetern, das Bundesamt für Verkehr involviert. Ziel ist es, sicherzustellen, dass Bahnareale nicht vorschnell anderweitig genutzt werden und spätere Ausbauprojekte für den öffentlichen Verkehr verunmöglichen. Ist der Status des jeweiligen Grundstücks klar, gibt bei den Anlageobjekten SBB Immobilien die Richtung vor. Bei Bahnnutzungen – etwa der Sanierung und Erweiterung von Bahninfrastrukturen – ist hingegen die Division Infrastruktur der Treiber.

Ein Beispiel sind die kürzlich erneuerten und vergrösserten Unterführungen in Zürich-Oerlikon oder Winterthur. Dort erforderten die wachsenden Passagierströme Infrastrukturbauprojekte wie grössere Unterführungen, Lifte, Treppen oder Rampen. In einem zweiten Planungsschritt zog SBB Immobilien nach und ergänzte die Unterführungen mit Ladenlokalen, die für eine zusätzliche Belebung, für Sicherheitsgefühl und letztlich auch für Einnahmen sorgen. Beim ausschliesslichen Immobilien-Portfolio wiederum entscheidet das Portfoliomanagement von SBB Immobilien darüber, ob ein Grundstück gehalten, entwickelt oder an Dritte vergeben wird. Letzteres ist selten der Fall und erfolgt meist nur in Form eines Baurechts oder eines Arrondierungsverkaufs. «Rund um die Bahnhöfe wollen wir selbst die Kontrolle über unser Portfolio haben», sagt Susanne Zenker. Denn dort seien die Bauten auch ein Teil der Visitenkarte des öffentlichen Verkehrs.

Erhält ein Projekt grünes Licht, läuft unabhängig vom Portfolio ein sechsstufiger, standardisierter Prozess an:

Stufe 1: Machbarkeitsstudie
In einem ersten Schritt werden Machbarkeitsstudien durchgeführt. Sie sollen klären, in welche Richtung ein Gebäude, ein Einzelgrundstück oder ein ganzes Areal entwickelt werden soll. Ab dieser Phase erfolgt in der Regel auch ein Mitwirkungsverfahren, in das beispielsweise die Standortgemeinde oder auch Anwohnerinnen involviert sind. Die Einbindung der Öffentlichkeit und weiterer Anspruchsgruppen erfolgt nach dieser Phase im städtebaulichen Studienverfahren. «Wer in der Nähe des geplanten Projekts wohnt oder arbeitet, weiss, welche Defizite es in der Umgebung gibt», sagt Markus Siemienik. Sind Dritte als Projektpartner involviert, wird vor dem Start der nächsten Phase eine Planungsvereinbarung abgeschlossen. Diese Vereinbarung regelt die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Parteien und hält die Ziele des Projekts sowie dessen Finanzierung fest.

Stufe 2: Städtebauliche Studie
Umfasst das Projekt mehr als nur ein Einzelgebäude, erfolgt in einem zweiten Schritt eine städtebauliche Studie in Form eines Konkurrenzverfahrens mit mehreren Teams. Dabei kommen sowohl zweistufige städtebauliche Studienaufträge im Einladungsverfahren als auch offene Ausschreibungen mit Präqualifikation zur Anwendung.

Stufe 3: Sondernutzungsplan
Aus dem Konkurrenzverfahren und der Überarbeitung des Resultats entsteht schliesslich ein Richtprojekt. Auf diesem basiert als dritter Schritt die Sondernutzungsplanung, beispielsweise in Form eines Gestaltungsplans. «Da wir oft auf Arealen planen, die entweder keiner Zone angehören oder nicht zonenkonform sind, benötigen wir häufig solche Instrumente», sagt Susanne Zenker.

Stufe 4: Projektwettbewerb
Ist die Sondernutzungsplanung bewilligt, folgt als Nächstes der Projektwettbewerb mit mehreren Planungsbüros. Auch hier sind wieder ein- oder zweistufige Verfahren möglich. Bei grossen Arealen gibt es in der Regel für jedes einzelne Baufeld einen Wettbewerb. Die SBB schreibt dabei bevorzugt Generalplaner-Mandate unter Führung der Architektinnen aus. Der Grund: «So haben wir nicht nur einen einzigen Ansprechpartner, sondern auch die Sicherheit, dass die Architektur als wichtiges Element einer hochstehenden Baukultur nicht unter die Räder kommt», so Markus Siemienik.

Stufe 5: Projektierung
In der Projektierungsphase wird das Siegerprojekt aus dem Wettbewerb zur Baureife weiterentwickelt. Um die Qualität sicherzustellen, kann es vorkommen, dass SBB Immobilien in dieser Phase eine Zusatzschlaufe einbaut: Benötigt ein Projekt gegenüber dem Entwurf aus der Wettbewerbsphase aufgrund von Jury-Inputs relevante Anpassungen, wird das Gremium nach der Überarbeitung des Projekts ein weiteres Mal zur Beurteilung beigezogen.

Stufe 6: Realisierung
Ist das überarbeitete Projekt bewilligt, wird es im sechsten Schritt realisiert. Dabei kommen verschiedene Varianten zur Anwendung: Die Vergabe an einen General- oder Totalunternehmer ist ebenso möglich wie die Einzelvergabe von Aufträgen unter Führung des Generalplaners. «Aus unserer Erfahrung gibt es nicht gute oder schlechte Methoden für die Ausführung, sondern geeignete oder ungeeignete Partner», sagt Andreas Steiger. Ist das Projekt abgeschlossen, geht es schliesslich an den Betrieb über.

Hohe Baukultur sorgt für Rendite
Auch wenn der sechsstufige Prozess Pflicht ist, handelt es sich dabei nicht um ein statisches Instrument: «Die Erfahrungen aus abgeschlossenen Phasen oder fertiggestellten Projekten fliessen laufend ein und werden in die Datenbank für die Projektleitenden eingepflegt», sagt Markus Siemienik. Schliesslich sei es wichtig, dass alle Projektleitenden von den Erfahrungen ihrer Kolleginnen und Kollegen profitieren können. Trotz der vorgegebenen Struktur und zahlreichen Instrumenten sind die Projektleitenden gefordert und müssen den Prozess an die örtlichen Gegebenheiten anpassen – das Ziel einer hohen Baukultur immer im Blick: «Die Bandbreite unserer Gegenüber ist riesig. Während wir in grossen Städten in der Regel hochprofessionelle Projektpartner haben, die sich solche Prozesse gewöhnt sind und Leitungsaufgaben übernehmen, müssen wir in kleinen Gemeinden oft selbst die Führung übernehmen.» So stellt die SBB auch in der Fläche sicher, dass sie das baukulturelle Ziel erreicht. Dieses dient dazu, die hohen Anforderungen von Öffentlichkeit und Politik an die SBB als Bauherrin zu erfüllen, und hilft, die vorgegebenen wirtschaftlichen Ziele zu erreichen: «Ein qualitativ hochstehendes Projekt findet auch eine gute Mieterschaft und viele Besucher und Nutzerinnen. Und stellt so sicher, dass wir unter dem Strich unsere im Leistungsauftrag vorgegebenen Renditeziele erreichen», sagt Susanne Zenker.

 



Six étapes pour une culture du bâti de qualité

Rares sont les sociétés de développement à susciter le même intérêt que CFF Immobilier. Détenir des biens de premier ordre lui donne une responsabilité particulière, qui vaut pour les projets, petits ou grands, de chacun de ses trois portefeuilles: gares, objets de placement et objets d’exploitation tels qu’ateliers ou centres d’entretien. Les infrastructures quant à elles – quais, passages souterrains, ponts et voies ferrées – ne font pas partie du périmètre de CFF Immobilier. Selon le Conseil fédéral, son principal donneur d’ordre, CFF Immobilier a pour mission de créer des espaces de vie de qualité ayant vocation à répondre aux évolutions de la société, tout en en préservant l’identité historique. Afin d’assurer la mise en œuvre de cette mission au niveau national, tous les projets suivent un processus de développement immobilier clairement établi. Appliqué à partir d’un volume d’investissement de cinq millions de francs, il comprend six étapes.

Étape 1: étude de faisabilité
Une étude de faisabilité permet de fixer les grandes lignes du développement pour un terrain ou un bâtiment. Le plus souvent, une procédure participative implique les communes et les riverains.

Étape 2: étude d’urbanisme
Si le projet comprend plus d’un bâtiment, une étude d’urbanisme est conduite dans le cadre d’un mandat d’étude parallèle (MEP) avec préqualification ou par invitation, et engage plusieurs équipes ainsi que le public ou d’autres groupes d’intérêt.

Étape 3: plan d’affectation
La procédure de concurrence (MEP) et la révision aboutissent à un projet directeur qui se concrétise par le plan d’affectation, par exemple un plan de quartier. Cela est fréquent puisque CFF Immobilier développe souvent des projets sur des sites hors zone ou non conformes à l’affectation de la zone.

Étape 4: concours de projets
L’approbation du plan d’affectation est suivie par un concours de projets à un ou deux tours. Les CFF privilégient la mise au concours de prestations de groupes de mandataires généraux placées sous la direction des architectes.

Étape 5: projet de construction
Au cours de cette phase, le projet du concours est approfondi jusqu’au projet de construction. Par souci de qualité, CFF Immobilier peut ajouter un tour supplémentaire à ce stade: si des ajustements importants sont requis, le jury est sollicité une nouvelle fois.

Étape 6: réalisation
La sixième étape concerne la réalisation. Le marché peut être passé soit à une entreprise générale ou totale soit par lots sous la direction du mandataire général. Une fois le projet réalisé, la phase opérationnelle débute.

Malgré une structure donnée et de nombreux instruments, les responsables de projet doivent adapter le processus aux contraintes locales. «Nous avons affaire à un panel d’interlocuteurs extrêmement varié», déclare Susanne Zenker, responsable Développement. «Si dans les grandes villes nous travaillons avec des professionnels rompus à ces processus et au pilotage de projet, il nous faut souvent prendre les rênes dans les petites communes dotées d’un système de milice.» CFF Immobilier peut ainsi satisfaire aux exigences en matière de culture du bâti pour tous ses projets. Cette approche permet de répondre aux attentes du public et des décideurs politiques envers les CFF en tant que maître d’ouvrage mais aussi d’obtenir les performances voulues en termes de rentabilité: «Un projet de qualité attire des locataires intéressants et donc de nombreux visiteurs et utilisatrices, ce qui au final nous permet d’atteindre les objectifs de rentabilité définis par notre mandat de prestations», explique Susanne Zenker.

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