Redaktorin Rahel Marti plädiert für mehr Dialog und Differenzierung in der ISOS-Frage.
Fotos: Jonas Weibel
Die Stadt Zürich riskiert durch einen medialen Hilfeschrei, dass Ortsbildschutz und Verdichtung weiter auseinanderdividiert werden. Dabei gibt es Lösungsideen.
Zürich leidet unter einer Mechanik im Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG), die bisher unbemerkt geblieben ist. Sie verlangt, dass strenger geprüft wird, ob gewisse Bauprojekte das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS) berücksichtigen – dann nämlich, wenn die Projekte eine Bundesaufgabe tangieren. ‹ISOS-Direktanwendung› nennt sich diese Mechanik, und sie hat es in sich. Denn was als Bundesaufgabe gilt, regelt das NHG nur generell und wird zum Teil erst in der gerichtlichen Praxis konkret. Mitunter handelt es sich dabei um Sachverhalte, die das Ortsbild kaum beeinflussen, etwa um den Schutz des Grundwassers bei Fundamenten oder Pfählungen.
Offenbar steigt laut der Stadt Zürich die Zahl der Einsprachen, die eine strengere Anwendung des ISOS wegen einer tangierten Bundesaufgabe auslösen. Dann muss zwingend der Kanton und je nach seiner Einschätzung auch die Eidgenössische Kommission für Natur- und Heimatschutz oder diejenige für Denkmalpflege das betroffene Projekt überprüfen. Und das dauert. Ende Juni beklagte die Stadt an einer Medienkonferenz, dass Baubewilligungen sich dadurch verzögerten und dass man Bauherrschaften nicht mehr verbindlich beraten könne. Weil 75 Prozent des Zürcher Stadtgebiets im ISOS inventarisiert sind, kann die Mechanik ziemlich viele Projekte treffen. Uneingeschränkt erhalten bleiben müssen zwar nur Ortsbilder der ISOS-Kategorie A, die elf Prozent der Stadtfläche ausmachen. Aber es ist unklar, inwiefern auch Bauen auf schwächer geschützten Grundstücken infrage gestellt ist. Der Wohnungsbau und die Innenentwicklung könnten blockiert werden, rief Zürich warnend aus. Komplexer Sachverhalt, vereinfachtes Denkschema Dass eine grosse Stadt mit starker Bautätigkeit diese verworrene Lage klären will, ist richtig. Den Leidensdruck bei den Direktanwendungen und damit einer vergleichsweise untergeordneten Frage medienwirksam zu...
ISOS und das Spiel mit dem Feuer
Die Stadt Zürich riskiert durch einen medialen Hilfeschrei, dass Ortsbildschutz und Verdichtung weiter auseinanderdividiert werden. Dabei gibt es Lösungsideen.
06.08.2024 08:00