Firmengründer Max Bosshard und die beiden Geschäftsleitungsmitglieder Peter Zwick und Marco Bertolini blicken zurück und fragen sich, was auf die Planung und den Bau zukommt.
Herr Bosshard, vor fünfzig Jahren haben Sie als junger Architekt das Büro gegründet, aus dem die heutige b + p Baurealisation hervorgegangen ist. Was war damals der Anlass für Ihren Schritt in die Selbstständigkeit?
Max Bosshard: Ende der 1960er-Jahre herrschte Hochkonjunktur, und es bestand ein grosser Nachholbedarf bei öffentlichen Bauten wie etwa Hallenbädern. Auch die Gemeinde Zumikon plante damals mit dem Zürcher Architekturbüro de Stoutz und Adam ein Hallen- und Freibad. Ich hatte zu der Zeit meine Ausbildung beendet und den Wunsch, mich selbstständig zu machen. Jacques de Stoutz, den ich persönlich gut kannte, gab mir den Auftrag für die Bauleitung des Projekts in Zumikon. So landete ich gleich zu Beginn im Bereich Realisation und hatte Freude daran. Durch das Projekt, an dem übrigens auch die spätere Bundesrätin Elisabeth Kopp als Gemeinderätin beteiligt war, konnte ich weitere Kontakte knüpfen. Gleichzeitig lernte ich dabei viel über den Hallenbadbau. Aus all dem ergaben sich in der Folge weitere Aufträge, schwergewichtig in der Ausführung, und das Büro begann zu wachsen.
Der Schritt in die Baurealisation war also eher zufällig, und dennoch stellte sich der Erfolg schnell ein. Wie präsentiert sich für b + p heute der Markt bei der Realisation von Bauten?
Peter Zwick: Max hatte es als Pionier sicher einfacher, als wir es heute haben. Inzwischen bieten viele Büros Baumanagement-Dienstleistungen an. Das Marktumfeld ist entsprechend härter geworden.
Max Bosshard: Nur schon die Honorarsituation war zu meinen Pionierzeiten eine ganz andere. Wir konnten einfach nach den Vorgaben des SIA die Honorare berechnen, und die wurden anstandslos bezahlt.
Marco Bertolini: Verschärft wird die Situation heute durch die Tatsache, dass auch Total- und Generalunternehmer neben ihrem Kerngeschäft Baumanagement-Dienstleistungen anbieten.
Max Bosshard: Seit der Firmenübergabe 2009 bin ich ja aussenstehender Beobachter. Und aus dieser Warte stelle ich fest, dass man heute viel früher als damals bei den Architekten anklopfen muss, um Aufträge zu akquirieren – oft ist man bereits bei den Wettbewerben mit dabei.
Peter Zwick: Das ist in der Tat so. Es gibt zudem immer mehr Generalplanerwettbewerbe, bei denen die Auftraggeber von Beginn weg das ganze Team dabeihaben wollen. Dazu gehören dann auch Kostenplaner und Baumanager.
Peter Zwick (59)
Er ist Geschäftsleitungsmitglied und Verwaltungsrat von b + p Baurealisation und leitet die Spezialbereiche. Er lernte Hochbauzeichner und ist eidg. diplomierter Bauleiter, Bauökonom AEC / MRICS sowie SIA-Mitglied. Er unterrichtet an der ZHAW Winterthur.
Welche Wichtigkeit hat die Kostenplanung heute in Ihrem Unternehmen und bei der Akquisition?
Peter Zwick: Die Bauökonomie ist für uns ein Schlüsselelement. In diesem Punkt unterscheiden wir uns von manch einem ‹normalen› Bauleitungsbüro. Wir haben dank der entsprechenden Fachleute nicht nur die Bauleitung, sondern auch die Kosten- und Ausführungsplanung im Griff. Und gerade die Ökonomie ist heute schon früh entscheidend in einem Projekt. In diesem Feld haben wir ganz klar einen Wissensvorsprung.
Aber das alleine genügt vermutlich nicht, um genügend Aufträge für ein Unternehmen mit vier Standorten generieren zu können?
Peter Zwick: Nein, man muss natürlich auch innovativ sein. So haben wir bereits vor fünf Jahren reagiert, als BIM in der Schweiz aufkam. Damals dachten viele, das sei nur etwas für die Planung und nichts fürs Baumanagement. Uns war aber rasch klar, wohin der Weg führt, und wir haben Zeit sowie Ressourcen investiert, um uns vorzubereiten.
Und hat es sich ausgezahlt?
Peter Zwick: Tatsächlich konnten wir seitdem schon zwölf Projekte mithilfe von BIM realisieren. Ich glaube, das frühzeitige Erkennen von neuen Entwicklungen und der Wille zur Innovation sind ein wesentliches Element, um uns von Mitbewerbern abheben zu können.
Marco Bertolini: Für mich gehören dazu ebenfalls unsere Datenbanken. Die sind unser Kapital für die Zukunft. Dabei denke ich nicht nur an die Baukosten, sondern auch an Terminkennwerte – also etwa Zahlen zum Zeitbedarf von Planungs- oder Ausführungsschritten. Das ermöglicht uns eine präzise Planung, und dies wird von den Architekten sehr geschätzt. Dank unserer Daten können wir ihnen rasch einen realistischen Planungsablauf entlang der Zeitachse skizzieren. Eine weitere Spezialität von b + p ist das Vertragswesen. Hier übernehmen wir auf Wunsch den Lead und sorgen für faire Vertragsverhältnisse. Geschätzt wird von unseren Planungspartnern zudem auch, dass wir inhouse das gesamte Controlling und Rechnungswesen eines Projekts übernehmen.
Peter Zwick: Nicht vergessen darf man schliesslich unsere interne Wissensdatenbank. Dank dieser können alle Mitarbeitenden vom gesammelten Know-how profitieren. Diese Erfahrung kommt dann weiteren Projekten und deren Auftraggebern zugute.
Welchen Stellenwert hatten das Antizipieren von Entwicklungen und das vorausschauende Handeln zu Ihrer Zeit, Herr Bosshard?
Max Bosshard: Vermutlich bin ich ein Stück weit der Vater dieser Denkweise in der Firma. Mir war es schon früh ein Anliegen, immer auf dem aktuellen Stand der Technik zu sein und neue Entwicklungen zu erkennen. So waren wir 1985 eines der ersten Büros in Zürich, die Computer eingeführt hatten. Damals kauften wir die ersten grossen Kisten von Olivetti. Davor wurden Devis mit der Schreibmaschine auf ‹Schnapsmatrizen› geschrieben und anschliessend vervielfältigt. Mit der Einführung der Computer haben wir begonnen, möglichst viel zu digitalisieren. So entwickelten wir mit dem Softwareanbieter Messerli die ersten Programme für die Bau- und Kostenplanung.
Peter Zwick: Diese Kultur, die Max Bosshard vorgelebt hat, ist weiterhin Teil unserer DNA. Noch heute kreieren wir mit Informatikern zusammen eigene Softwareprodukte, die uns den Alltag erleichtern. Denn oft finden wir auf dem Markt nicht das, was wir brauchen. Ein Beispiel dafür ist das ‹smino›-Werkzeugtool, das wir als Erstkunde massgeblich mitgestaltet haben.
Die Digitalisierung hat die Bauwelt stark verändert. Welche anderen grossen Unterschiede sehen Sie gegenüber früher?
Max Bosshard: Ganz klar die Spezialisierung. Früher war der Architekt der Alleskönner auf dem Bau, heute liegt sein Fokus vor allem auf dem Entwurf.
Marco Bertolini: Die Gesamtleitung von Bauten ist ein Bereich, der sich ebenfalls massiv verändert hat. Wer heute all die Fachleute und Spezialisten in einem Bauprojekt führen will, braucht ganz andere Fähigkeiten als noch vor fünfzehn oder zwanzig Jahren.
Peter Zwick: Die von Max Bosshard angesprochene Spezialisierung ist eine Folge der stark gestiegenen Anforderungen an ein Gebäude. Wenn man schaut, was es heute alles an Vorgaben gibt – sei es bauphysikalisch, brandschutztechnisch oder ökonomisch –, wird schnell klar, wie komplex die Sache geworden ist. Und je mehr Personen beteiligt sind, desto mehr steigen auch die Ansprüche an die Führungsqualität des Planerteams.
Die immer höheren Ansprüche verlangen auch bei b + p nach passenden Fachleuten. Sind diese einfach zu finden?
Marco Bertolini: Nein. Es herrscht ganz klar ein Fachkräftemangel in unserer Branche. Das macht es einerseits für uns als Firma schwer, Personal zu finden. Andererseits leiden auch unsere Mitarbeitenden an der Front darunter. Wenn man es dort als Projekt- oder Bauleiter mit unerfahrenen Fachplanern von externen Firmen zu tun hat, ist die Arbeit mühsam. Kommt dazu, dass auch bei den ausführenden Unternehmen versierte Fachleute oder der Wille, gute Arbeit zu leisten, nicht mehr immer vorhanden sind.
Peter Zwick: Ein Grund für den Fachkräftemangel ist sicher, dass ein Teil der Leute sich dem Arbeitsdruck im Baumanagement nicht aussetzen will. Einen Einfluss hat aber auch die Art, wie wir heute manchmal im Berufsalltag miteinander umgehen. Niemand will mehr Verantwortung übernehmen, schiebt Fehler oft dem anderen in die Schuhe. Wir vom Baumanagement sind dann die Letzten in dieser Beschuldigungskette. Da gäbe es Lösungen in optimierten Zusammenarbeitsmodellen. Aber eigentlich ist ein Job in unserer Branche extrem spannend und bietet die Möglichkeit, schon in jungen Jahren sehr viel Verantwortung zu übernehmen. Wenn aber dann jemand überrollt wird und am Schluss der Blödmann ist, dann steigen viele wieder aus. Hier muss sich die Bauwirtschaft überlegen, wie sie diesem Problem begegnen will.
Was kann man als Unternehmen selbst gegen den Fachkräftemangel tun?
Marco Bertolini: Dazu braucht es ein Engagement, das über die eigene Firma hinausgeht. Schon Max Bosshard hat durch seine Lehrtätigkeit unzählige junge Menschen ausgebildet, und Peter Zwick führt dies an verschiedenen Schulen weiter. Zugleich bietet die Unterrichtstätigkeit die Chance, jungen Leuten unser Unternehmen näherzubringen. Wir investieren aber auch selbst viel in die Ausbildung der Mitarbeitenden – sowohl zeitlich als auch finanziell. Dazu kommen noch interne Weiterbildungsprogramme. Dass ehemalige b + p-Mitarbeitende bis heute sechs eigene Firmen gegründet haben, zeigt, dass sie bei uns das nötige Rüstzeug mitnehmen konnten.
Peter Zwick: Wir bei b + p haben das Glück, sehr viele spannende Bauten realisieren zu dürfen. Das macht einen Job bei uns im Vergleich zu anderen Büros attraktiv. Zugleich ist der Stolz auf Projekte eine Motivation, gute Arbeit zu leisten. Das alleine genügt aber nicht. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, stellen wir jedes Jahr auch mehrere junge Bauleiterinnen und Bauleiter frisch ab den Schulen ein. Unter den Fittichen einer erfahrenen Fachperson und bei einem Projekt passender Grösse machen sie dann bei uns quasi ihre Lehre.
Max Bosshard: Weiterbildung und Motivation waren schon zu meiner Zeit ein Thema. So haben wir an speziellen Bürotagen unser Wissen intern ausgetauscht. Und zur Motivation unternahmen wir Büroreisen, etwa nach New York oder Berlin. Das hat das Team zusammengeschweisst und die Leistungsbereitschaft gefördert.
Was hat Sie drei selbst motiviert, über lange Zeit dabeizubleiben, und was gibt Ihnen heute noch den nötigen Kick?
Peter Zwick: Unsere spannenden Projekte sind für mich persönlich eine grosse Motivation. Es macht mich beispielsweise stolz, durch die Masoala-Halle im Zoo oder durch das Kunsthaus Zürich zu gehen und zu wissen, dass diese Bauten auch dank uns gut herausgekommen sind.
Marco Bertolini: Ich besass in meiner Anfangszeit bei b + p noch ein eigenes kleines Architekturbüro. Irgendwann musste ich mich dann entscheiden zwischen dem Entwerfen von Einfamilienhäusern und den grossen Projekten hier bei b + p. Für mich war rasch klar, wofür mein Herz schlägt, und das ist bis heute so geblieben.
Max Bosshard: Bei mir war die Motivation damals vor allem der Aufbau des eigenen Büros. Und heute kann ich mit Stolz von aussen schauen, was sich daraus entwickelt hat.
Der Fachkräftemangel ist eine Herausforderung für die Branche. Was wird Sie in den nächsten Jahren sonst noch beschäftigen?
Peter Zwick: Ganz klar die Art der Zusammenarbeit, die ich bereits erwähnt habe. So, wie es jetzt läuft, ist es meist nicht angenehm, und so kann es nicht weitergehen. Mein Ziel ist es, ein Projekt in einer neuen Zusammenarbeitsform umzusetzen. Beispielsweise als Projektbündnis oder IPD (Integrated Project Delivery / Integrierte Projektabwicklung), wie es im angelsächsischen Raum genannt wird. In solchen kooperativen Modellen sehe ich die Zukunft.
Kürzlich haben Sie die Integration in die WSP-Gruppe kommuniziert. Was hat Sie zu dieser Lösung bewogen?
Marco Bertolini: Wir haben schon länger Optionen für den Ausbau unseres Angebots sowie für die Nachfolgeregelung geprüft. Doch für eine Erweiterung der Geschäftsfelder fehlten uns Ressourcen und Geld. Verschiedene Unternehmen hatten uns schon Übernahmeangebote gemacht. Doch erst bei WSP hat es jetzt gestimmt. Die Firma verfügt über eine komplementäre Kompetenz und pflegt eine ähnliche Kultur. Zudem kennen wir WSP aus der Zusammenarbeit bei verschiedenen Projekten. Durch die Fusion können wir Fähigkeiten und Erfahrungen bündeln. So lassen sich Leistungen weiterentwickeln. Gleichzeitig erhalten unsere Mitarbeitenden neue Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten.
Marco Bertolini (49)
Der Geschäftsleiter und Verwaltungsrat von b + p Baurealisation lernte Hochbauzeichner, ist eidg. diplomierter Bauleiter und diplomierter Projektmanager VSGU sowie Bauökonom AEC.
Wie lange bleibt die jetzige Führungscrew noch an Bord?
Peter Zwick: Grundsätzlich bleibt b+p eigenständig, nur das Aktionariat ändert. Marco und ich bleiben die nächsten drei bis fünf Jahre noch dabei. In dieser Zeit werden wir uns kontinuierlich aus unseren Führungsfunktionen zurückziehen. Parallel dazu übernehmen Mitglieder des bestehenden Kaders das Management.
Marco Bertolini: Dank Pionierleistung und Markterschliessung hat b + p nun schon seit 25 Jahren Bestand. Mit dem Schritt, Mitglied von WSP zu sein, wurde ein weiterer, erfolgreicher Meilenstein erreicht.
b + p baurealisation ag im Zeitraffer
1971: Gründung des Büros ‹mb-Realisierung› für die Planung und Realisierung von Hochbauten durch Max Bosshard in Zürich-Oerlikon
1973: Aufgliederung des Büros in je einen Bereich für Planung und Realisierung
1983: Erste GU-Submission
1985: Übernahme des Architekturbüros de Stoutz und Adam, Gründung des Zweigbüros Kreuzbühlstrasse, Zürich
1993: Gründung des Arbeitsteams Baurealisation
1996: Gründung von zwei Aktiengesellschaften, eine für das Architekturbüro, die andere für die Baurealisation
1999: Zusammenzug aller Büros in Zürich- Oerlikon
2005: Umbenennung in b + p bau- realisation ag
2009: Übergabe von Max Bosshard an die neue Geschäftsleitung, Eröffnung der Niederlassung St. Gallen
2010: Eröffnung der Niederlassung Basel
2013: Aufbau der Bereiche Bauherrendienstleistung und Gesamtleitungen
2015: Eröffnung der Niederlassung Bern