Umsetzung – Material kostet wenig, Arbeit viel

Nutze CO2-Tools als Entwurfshilfe, plane die graue Energie frühzeitig ein und setze mit Bedacht auf Zertifikate: vier Klimatipps rund um Werkzeuge, Kosten, Fördergelder und Label.

Fotos: Andrin Winteler

Nutze CO2-Tools als Entwurfshilfe, plane die graue Energie frühzeitig ein und setze mit Bedacht auf Zertifikate: vier Klimatipps rund um Werkzeuge, Kosten, Fördergelder und Label.

30 Werkzeuge: Entwerfen und überprüfen

In der Schweiz gibt es verglichen mit anderen Ländern viele Hilfsmittel, um die grauen Treibhausgase über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu optimieren. Angefangen bei der Einheit von Kilogramm pro Energiebezugsfläche und Jahr. Damit können Planerinnen Erstellung und Betrieb vergleichen. In der Praxis helfen unter anderem der SIA-Effizienzpfad Energie, das SIA-Merkblatt zur grauen Energie, die Ökobilanzdaten im Baubereich der KBOB und die Produktliste von Eco-Bau. Software und Tools nehmen Arbeit ab. Wichtig ist, dass nicht der Umweltingenieur am Ende der Planung die Treibhausgase bilanziert, sondern die Architektin schon am Anfang daran denkt. So wird aus einem Kontrollinstrument ein Entwurfsmittel. Und schliesslich sollten Architekten und Planer routinemässig bei den Herstellern nachfragen, wie gross der ökologische Fussabdruck eines Bauteils ist. Gerade die grauen Treibhausgase fallen sonst unter den Tisch.
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31 Kosten: Arbeit ist teurer als Material

Wer wenig baut, spart Geld. Das gilt für das Raumprogramm, die Abwicklung der Fassade (Kompaktheit), für Untergeschosse (Tiefbau) oder für die Haustechnik. Früh in der Planung laufen graue Energie und Kosten meistens parallel, wer später umplant, legt hingegen drauf. Beim Material und bei der Konstruktion drückt klimafreundliches Bauen häufig negativ aufs Portemonnaie, vor allem in der Planung. Das Problem: Material und damit CO2-Ausstoss kosten wenig, Arbeit kostet viel. Wer schlanker baut, bezahlt oft mehr. Auch die Planer haben keinen finanziellen Anreiz, weniger zu verbauen, weil ihr Honorar von den Baukosten abhängt, ausser sie rechnen nach Zeitaufwand ab. Nötig ist darum ein Bauherr, der langfristig denkt und die ganzen Lebenszykluskosten im Blick hat. Dazu gehören auch Risiken von Materialien, die dereinst nicht mehr erlaubt sind und teuer entsorgt werden müssen.
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32 Fördergelder: Fokus auf die Betriebsenergie

In den meisten Kantonen gibt es Fördermittel für Gebäude, die im Betrieb wenig Energie verbrauchen. Davon profitieren insbesondere energetische Sanierungen, was angesichts der tiefen Erneuerungsquote bitter nötig ist (Umbau). Bei vorbildlichen Neubauten macht der Betrieb aber weniger als dreissig Prozent der Treibhausgase aus. Wie viel CO2 die Erstellung verschlingt, lassen die Gesetze und die meisten Fördertöpfe offen. Bis die Politik die graue Energie reguliert und finanzielle Anreize schafft, hilft darum nur das gute Gewissen des Bauherrn.



33 Label: Die grauen Treibhausgase kommen noch zu kurz

Zertifikate helfen nur bedingt. Viele Nachhaltigkeitslabels gewichten die Treibhausgase gar nicht oder zu schwach, um den nötigen Ansporn zu liefern. Zudem können Bauherren die schlechte Klimabilanz teilweise mit gesellschaftlichen oder ökonomischen Faktoren kompensieren. Dem Klima ist es aber egal, ob ich meine Nutzer befragt habe oder mehr Geld mit dem Gebäude verdienen kann. Der Minergie-Zusatz ‹Eco› verlangt eine Bilanz zu den grauen Treibhausgasen, ‹2000-Watt-Areal› und ‹SNBS› auch zur Mobilität. ‹2000 Watt› bezieht die Ökobilanz zudem auf Personen und nicht auf Quadratmeter, ein wichtiger Unterschied.

Richtig angewendet können Labels Architektinnen und Bauherren trotzdem aufzeigen, worauf sie achten müssen. Sie fokussieren dazu auf die Indikatoren zur grauen Energie sowie den Treibhausgasen und versuchen dort, die höchste Punktzahl zu erreichen. Und sie wählen aus der Liste von Eco-Bau die Produkte der ersten Priorität aus. Ein Zertifikat ist die einfachste Qualitätssicherung für eine treibhausgasarme Planung, es wirkt in der Breite, und auf diese kommt es an. Wer hingegen einen Leuchtturm baut und sich nicht einschränken lassen will, plant mit dem SIA-Effizienzpfad Energie, der auf dem Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft basiert. Beide Instrumente berücksichtigen die Treibhausgase für Erstellung sowie Betrieb und lassen die Umsetzung dabei offen.
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Wie gross der Effekt ist, zeigen die null bis fünf Punkte.

33 Klimatipps für Architekten:
Editorial – postfossile Pflicht
Auftrag – hinterfrage den Bauherrn
Gebäude – die Effizienz der Kiste
Konstruktion – leicht und beständig
Material – wenig verbauen, wieder verwerten
Energie – die Kraft der Natur
Umsetzung – Material kostet wenig, Arbeit viel

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