Das Bild ist so unscharf wie die Voten der Podiumsteilnehmer am Future Forum.

Was ist ein Architekt?

Am «Future Forum» der Swissbau haben sich Vittorio Magnago Lampugnani, Winy Maas und Paul Knill die Frage gestellt: Was ist der Architekt der Zukunft? Dass sie keinen gemeinsamen Nenner bei der Definition ihres Berufsbildes fanden, erstaunt und zeigt die desolate Situation des Architekten, der seine angestammte Rolle verloren hat.

Am Future Forum haben auf Einladung des BSA und der Architekturabteilung der ETH Zürich Vittorio Magnago Lampugnani, Winy Maas und Paul Knill über «zukünftige Architekten» debattiert. Auch Andrea Deplazes wäre dabei gewesen, er liess sich aber kurzfristig entschuldigen. Begonnen hat Lampugnani. Der Architekt und Architekturhistoriker kam in seinem Referat mit nur drei Bildern aus. Sie zeigten, wen wundert’s, die ersten Architekturtheoretiker: Vitruv, Leon Battista Alberti und Domenico Fontana. Vitruv verstand sich als Generalist, Alberti als Spezialist und Fontana als Bauherrentreuhänder. Anhand der Architektenverständnisse dieser drei Herren zeichnete Lampugnani das Bild des zukünftigen Architekten. Er müss alle drei Kompetenzen in sich vereinen, so Lampugnanis Fazit, denn das Berufsleben des Architekten sei in den letzten Jahren sehr kompliziert geworden ist.

Winy Maas konnte sich, niemand wundert's, nicht auf drei Folien beschränken. Seine Liste, was ein Architekt heute alles ist, beziehungsweise sein muss, war ausufernd und bilderstürmisch. Der holländische Architekt und Städtebauer ratterte über 30 unterschiedliche Berufsverständnisse runter. Maas verlangt von einem heutigen Architekten etwa, dass er auch Zuhörer (rund die Hälfte von Maas' Arbeitszeit), Konzepter, Therapeut, Kopist, Politiker, Stylist, Arbeiter, Forscher, Geschichtenerzähler, Teamplayer, Leader... und noch vieles mehr ist.

In der anschliessenden, von Sascha Menz moderierten, Diskussion gelang es selbstverständlich nicht, ein griffiges Berufsbild eines Architekten zu zeichnen. Zu dispers scheinen die Anforderungen an Architekten heute zu sein. Winy Maas behauptete, dass er sehr wohl Generalist und Spezialist gleichzeitig sein könne, das Spezialistentum würde einfach sein 80köpfiges Büro übernehmen. Knill zeichnete das Bild des lokal verankerten Architekten, der mit Handwerkern und Spezialisten aus der Region ernsthafte und tiefgründige Projekte entwickelt. Ein Bild, dem er wohl selber entspricht und das wohl einer Schweizer Realität entspricht. Lampugnani monierte, dass keiner der beiden praktizierenden Architekten auf dem Podium Intellektualität als Kompetenz aufführte. Diese bräuchte es, um Bauprogramme und -aufgaben zu hinterfragen, nur so könne ein Architekt in dieser Welt der Vielfalt bestehen. «Sonst sind wir einfach Hampelmänner, die alles tun, was man ihnen in Auftrag gibt», so der Architekturhistoriker.

Dass das Podium keine klaren Antworten auf die Frage nach dem zukünftigen Architekten liefern würde, war vorauszusehen. Dass aber ein Architekturhistoriker, ein Stararchitekt und ein Verbandspräsident keinen gemeinsamen Nenner bei der Definition ihres Berufsbildes fanden, erstaunt schon etwas und zeigt die desolate Situation des Architekten, der seine angestammte Rolle verloren hat und verzweifelt nach einer neuen sucht.

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