Die Magadino-Ebene gilt als «Inbegriff des raumplanerischen Sündenfalls». Relativ ist das Tessin absoluter Spitzenreiter im Kulturlandschwund. Fotos: Simone Müller via commons.wikimedia.org

Verlust und Schutz von Kulturland

Ob das Rezept der Einwanderungsinitiative stimme oder nicht, Kulturlandverlust sei ein reales Problem, schreibt ‹Der Bund›. Vor allem in den Landkantonen Tessin und Wallis sowie den Stadtkantonen Genf und Zürich.

«Die Angst vor verschandelten Landschaften gilt als einer der Gründe, weshalb die Schweizer die Einwanderung begrenzen wollen. Mag das Rezept stimmen oder nicht: Dass die Sorge um den Boden berechtigt ist, zeigen die Zahlen zum Kulturlandschwund.» So beginnt die ganzseitige Analyse in ‹Der Bund› mit dem Fazit, die «Täter» seien sowohl der Mensch als auch die Natur. Einerseits erobere der Wald Flächen der Gebirgslandwirtschaft zurück. Was Bauernverbände sorgt, sieht Marcus Ulber von Pro Natura gelassen: «Am Waldwachstum gibt es ökologisch eigentlich nichts auszusetzen.» Bedenklicher sei der «anhaltende menschliche Zugriff auf die Landreserven».

‹Der Bund› stellt qualitative Überlegungen an: Zürich belegt mit einem Kulturland-Minus von 7.6 Prozent zwar Rang vier, doch sei der Pro-Kopf-Verbrauch von Siedlungsfläche landesweit am vierttiefsten. Kritischer sei der Verlust in den Kantonen Tessin und Wallis. ‹Der Bund› erklärt die Magadino-Ebene als «Inbegriff des raumplanerischen Sündenfalls». Innert 25 Jahren hätten die Kantone 16.1 beziehungsweise 10.5 Prozent ihres Kulturlandes verloren. Im Wallis heisst das in absoluten Zahlen: 99'000 Hektare weniger, also 143'000 mittelgrosse Fussballfelder.

Aufgrund der klaren Faktenlage analysiert ‹Der Bund› wenig überraschend, Kulturlandschutz sei «ein brandaktuelles Politikum» und räumt mehreren hierzu aufgegleisten Initiativen grosse Erfolgschancen ein. Das Thema vermöge «linksökologische Kreise und konservative Agrarverbände zu einen».

‹Der Bund› listet einige dieser Initiativen auf. Im Kanton Bern sammeln der Bauernverband Lobag mit den Grünen und der BDP Unterschriften. Im Thurgau ist es noch nicht so weit, doch bereitet eine Allianz von CVP, BDP, Grünen, SVP, FDP und GLP mit dem Bauernverband eine Kulturlandinitiative vor.

In Zürich ist der Prozess längst in vollem Gange. Die Kulturlandinitiative der Grünen wurde 2012 angenommen. Nun präsentierte die Regierung die Umsetzungsvorlage und empfahl sie zur Ablehnung. Die anstehende Revision des kantonalen Richtplans erfülle die Anliegen. Dem widersprechen die Grünen. Präsidentin Marionna Schlatter erklärt im ‹Tages-Anzeiger›, die Lancierung einer zweiten Kulturlandinitiative sei sehr wahrscheinlich. Anders als die erste Initiative, eine allgemeine Anregung, würde diese Durchsetzungsinitiative als konkreter Gesetzestext den strengen Vollzug gewährleisten. Ihr Herzstück: Werden Fruchtfolgeflächen überbaut, müssen sie anderswo ausgezont werden. Der Regierungsvorschlag einer Humusverbesserung bei Einzonungen kommt für die Grünen nicht infrage: «Wir wollen keinen Humustourismus, sondern eine 1:1-Kompensation», stellt Schlatter im ‹Tages-Anzeiger› klar.

Weitere Meldungen:


– Zürcher ‹Superblock›: Laut ‹NZZ› mietet die Stadt Zürich für 26.4 Millionen Franken Büroflächen. Die Verwaltung ist derzeit auf 160 Standorte verteilt. Auf einem Areal beim Bahnhof Altstetten ist nun ein neues Verwaltungszentrum angedacht, das «grösser als der Primetower» werden könnte.

– Berner Stadttheater-Sanierung in Schieflage: Eine unerwartet hohe Offerte zur Bühnensteuerung wirft das Sanierungsprojekt aus der Bahn. Wie ‹Der Bund› kommentiert ist die Projektleitung Schuld, die den Auftrag nicht öffentlich ausschrieb, sondern unter der Hand vergeben wollte.

– Luzerner Europaallee: Die SBB möchte auf dem Rösslimattareal hinter dem Luzerner Bahnhof eine Wohn- und Büroüberbauung realisieren. Wie die ‹Neue Luzerner Zeitung› berichtet, fordert die SP/Juso-Fraktion per Interpellation, dass auch preisgünstige Wohnungen entstehen sollen.

– «Chur wird ein bisschen provinzieller», kommentiert ‹Die Südostschweiz› und auch der Stadtpräsident bedauert die geplante Geschäftsaufgabe des Globus-Kaufhauses.

– Im Pérez Art Museum von Herzog & de Meuron stellt Ai Weiwei wertvolle chinesische Vasen aus, die er übermalte. Dahinter hängen Fotos, wie er andere Vasen zerschlägt. Wie die ‹Basler Zeitung› berichtet, inspirierte dies einen lokalen Künstler: Er zerschlug die Vase von Weiwei.

– «Der Kollaps des Authentischen», titelt ‹Die Südostschweiz› und berichtet eingehend über das Problem funktionslos gewordener Stallbauten und ihre Bedeutung für das Dorf- und  Landschaftsbild in Graubünden.

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