Wir Wasser – ihr Wasserzins
Simon Walther hat ein grosses Porträt der Staumauern in den Alpen fotografiert. Am 13. November ist in Zürich Vernissage mit dem Kraftwerk-Orchester und der Suite «Wilde Wasser – Starke Mauern».
«Wir Wasser, ihr Wasserzins». Das ist die Kurzformel des Arbeitsverhältnisses von Berggebiet und Unterland. Der Fotograf Simon Walther hat dieses Verhältnis genauer untersucht, und ihm das Buch «StauWerke» gewidmet. Er zeigt in seinem neuen Bildband Staumauern aus unbekannten Blickwinkeln. Er versteht Fotografie nicht nur Darstellung und Dokumentation. Walther sucht das Künstlerische in den monumentalen Bauten, die sonst nur praktischen Zwecken dienen. Er findet es in extremer Auflösung – fast so hoch wie die Mauern selbst.
Neue Sichtweisen auf alten Beton
Die Staumauern aus ungewohnten Perspektiven einzufangen, war aufwendig: meist versteckte sich der ideale Standort oder war gar abgesperrt. Walther überwand für seine Bilder viele Höhenmeter, um den besten Ort zu finden; wartete stundenlang auf perfektes Licht. Oft war er noch unterwegs, als die Sonne unterging oder wanderte los, wenn die Nachtruhe für viele begann. Er stand am Abgrund und stiess an Grenzen – physische und bauliche. Das beste Bild ist nicht planbar: Aus einem Sternverlauf in klarer Nacht wurde zum Beispiel ein mystisches Nebelbild. Ich steure zum Buch einen Essay bei, einen Einblicke in eine Kindheit und Jugend, die von der Wasserkraft mitgetragen war. Und ich habe eine Suite geschrieben «Wilde Wasser - starke Mauern», die ich mit dem Kraftwerkorchester an der Vernissage aufführen werde.
Strom durch Wasserkraft hat Tradition in der Schweiz
Produziert wird Strom dank mächtiger und komplexer Bauwerke hoch oben in den Bergen. Die Staumauern sperren Täler, längst sind die tausenden Tonnen Beton verwachsen mit der Landschaft. Die erste Staumauer in Europa wurde 1872 an der Saane bei Fribourg erbaut und läutete damit das Kapitel des Wasserstroms in der Schweiz ein. Heute gehören die mehr als 200 Talsperren in der Schweiz zur Kultur und zur Landschaft der Alpen. Komplexe Systeme aus Fassungen, Ausgleichsbecken, Stollen, Pumpanlagen, Turbinen und Stromleitungen produzieren 36,3 Terrawattstunden Strom. Simon Walther verleiht dieser unvorstellbar abstrakten Zahl ein Gesicht. Als Betrachterinnen sehen wir immer nur den Augenblick, in dem Walther auf den Auslöser drückte. In warmen Sommernächten, in verschneiten Tälern, bei Nebel – zu Uhrzeiten und Unzeiten, zu welchen viele sich kaum aus dem Haus und erst recht nicht hoch in die Berge wagen. Der Fotograf nimmt uns diese Mühsal ab und liefert uns ungewohnte Bildausschnitte auf Werke, die stauen.
Am 13. November ist Vernissage in der Roehrs & Boetsch Gallery an der Bachstrasse in Zürich. Der Bündner Ständerat Stefan Engler berichtet, wie es wirklich ist, und der Bündner Musikant Köbi Gantenbein spielt mit dem Kraftwerkorchester die Suite «Wilde Wasser-Starke Mauern» – eine Uraufführung.
Simon Walther, Stauwerke, ist im Benteli Verlag erschienen, ISBN 97-3-7165-1849-6