Gabriela Neuhaus: «Die Klagen der Investorinnen und Hauseigentümerverbände über ständig neue Auflagen und Einschränkungen, die das Bauen verhindern und verteuern würden, sind heuchlerisch.»
Mit der Ablehnung einer griffigen Unterbauungsziffer hat die politische Mehrheit im Zürcher Kantonsrat Eigennutz vor Allgemeinwohl gestellt. Ein Kommentar von Gabriela Neuhaus.
In der Schweiz gilt Eigentum als schützenswertes Gut. In jedem Fall? Nein, nicht wenn die Interessen der Allgemeinheit tangiert oder gar verletzt werden. Deutlich zeigt sich das beim Grundeigentum. Heutzutage würde kaum jemand in Frage stellen, dass Eigentum an Grund und Boden dazu verpflichtet, Vorschriften des Gewässerschutzes, der Feuerpolizei und der Zonenplanung einzuhalten.
Fachleute aus Wissenschaft und Praxis haben unlängst erkannt, dass Grünräume und Sickerflächen im dicht bebauten Siedlungsgebiet überlebenswichtig sind. Langsam, aber sicher begreifen wir, dass wir den Lebensraum in Siedlungsgebieten anders gestalten müssen, um klimaverträglicher zu werden. Doch für eine Mehrheit der Investoren, Grundbesitzerinnen und Politiker steht die private Rendite noch immer an erster Stelle. In Agglomerationen mit Verdichtungspotenzial, wo der Boden begehrt und die erwartete Rendite hoch ist, herrscht nach wie vor Goldgräberstimmung. Parzellen werden bis auf den letzten erlaubten Kubikzentimeter zugebaut, versiegelt und unterirdisch mit Garagen bis hart an die Grundstücksgrenzen ausbetoniert. Der Bestand an grossen schattenspendenden Bäumen ging etwa in der Stadt Zürich in den letzten Jahren als Folge der forcierten baulichen Verdichtung in den Quartieren rapide zurück.
Die Klagen der Investorinnen und Hauseigentümerverbände über ständig neue Auflagen und Einschränkungen, die das Bauen verhindern und verteuern würden, sind heuchlerisch. Mit der Ablehnung einer griffigen Unterbauungsziffer hat die politische Mehrheit im Zürcher Kantonsrat Eigennutz vor Allgemeinwohl gestellt und ein anderswo erfolgreiches Instrument versenkt, das einfach und effizient Massnahmen für eine klimaverträgliche Siedlungsentwicklung ermöglicht hätte.
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Eigennutz vor Allgemeinwohl – wie lange noch?
Mit der Ablehnung einer griffigen Unterbauungsziffer hat die politische Mehrheit im Zürcher Kantonsrat Eigennutz vor Allgemeinwohl gestellt. Ein Kommentar von Gabriela Neuhaus.
01.07.2024 07:59