Die Stadt ist ein Park ist eine Stadt

‹Grünes Gallustal› ist ein beispielhaftes Leitbild zum Stadtumbau im Zeichen der Klimakrise. Und eine Aufforderung, Städtebau und Landschaftsarchitektur radikal zusammenzudenken.

Fotos: Geisser Streule Inhelder Architekten

‹Grünes Gallustal› ist ein beispielhaftes Leitbild zum Stadtumbau im Zeichen der Klimakrise. Und eine Aufforderung, Städtebau und Landschaftsarchitektur radikal zusammenzudenken.

Es gibt eine alte, kolorierte Postkarte des St. Galler Broderbrunnens, sie stammt aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Das war die Zeit, als St. Gallen eine Textilmetropole von weltweiter Bedeutung war. Die Fotografie zeigt die monumentale Brunnenanlage vor dem Hintergrund dichter Baumkronen. Sie erstrecken sich links und rechts der zentralen Bronzefigur in die Tiefe des Raums. Vorne, am Fuss des umlaufenden Wasserbeckens, schreiben Blumenbeete die barockisierenden Formen des Brunnens in rot leuchtenden Kreisen fort. Würde man es nicht besser wissen, könnte man meinen, der Broderbrunnen stehe mitten in einem Park (zugegeben: Perspektive und tiefer Augpunkt sind geschickt gewählt). Doch das tut er nicht, im Gegenteil. 1895 zu Ehren der neuen Bodenseewasser-Versorgungsanlage errichtet, besetzte der Brunnen schon immer einen zentralen Ort in der St. Galler Innenstadt, einen von Strassen gesäumten Platz, der den Übergang von der mittelalterlichen Altstadt zum Handelsquartier des 19. Jahrhunderts bildet. Was sich in den vergangenen 100 Jahren jedoch entscheidend verändert hat, ist der umgebende Stadtraum. ###Media_2### ###Media_3### Die Entwicklung ist symptomatisch, nicht nur für St. Gallen: Eine zusätzliche Strassenspur hier, ein neues Geschäftshaus dort, dann noch ein paar pragmatische Einsparungen bei der Grünpflege, und schon wird aus dem stolzen Symbol für die Blütezeit eines Orts ein Mahnmal für die schleichende Zerstörung sinnstiftender Stadt- und Lebensräume. Eingeschlossen von asphaltierten Flächen – die einst schmucken Blumenbeete sind zu ärmlichen Rabatten geschrumpft, die rahmenden Bäume zu grossen Teilen gefällt –, ist der Broderbrunnen heute nicht viel mehr als ein trauriges Überbleibsel aus besseren Zeiten, eine vergessene Jugendstilfreude in der Trostlosigkeit einer autogerechten Stadt. Ein monumentales, visionäres Werk Doch die Zeitläufte b...

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