Sozial nachhaltig ersatzneubauen – geht das? Ein Leitfaden der Stadt Zürich will dazu anregen.

Sozial verdichten

Die bauliche Verdichtung sozial abfedern? Die Verdrängung der Quartierbevölkerung durch steigende Mieten mildern? Die Stadt Zürich legt dazu einen Leitfaden mit Empfehlungen für Eigentümerinnen und Investoren vor.

Die bauliche Verdichtung sozial abfedern? Die Verdrängung der Quartierbevölkerung durch steigende Mieten mildern? Die Stadt Zürich legt dazu einen Leitfaden vor. Er enthält Empfehlungen, wie Eigentümerinnen und Investoren sozialer handeln können, wenn sie ihre Liegenschaften sanieren oder abbrechen und neu bauen wollen. Als ersten Faktor nennt Zürich bezahlbare Mieten. Sie sollen möglich sein, indem Wohnungen nicht luxuriös ausgestattet und angemessen belegt werden. Zweitens empfiehlt die Stadt Zürich den Bauenden, langfristig zu planen und Liegenschaften in Etappen zu erneuern, sodass stets auch ältere, günstigere Wohnungen zum Angebot zählten anbieten – die gesucht seien. Mieterinnen und Mieter sollen zudem zwei Jahre im Voraus informiert und bei der Suche nach einer neuen Wohnung unterstützt werden. Drittens seien räumliche Angebote wichtig, um die Gemeinschaft zu fördern – etwa öffentlich oder gemeinsam genutzte Erdgeschosse, halbprivate Aussenräume oder Gemeinschaftsräume in grösseren Siedlungen. Zu achten gelte es viertens auf eine bezüglich Alter, Herkunft, Einkommen und Familienphase gemischte Bewohnerschaft. Ein vielfältiger Wohnungsspiegel gewährleiste, dass Mieterinnen innerhalb des Hauses umziehen könnten, wenn sich die Lebensumstände änderten.

Knapp gefasst lauten so die Empfehlungen, welche die Stadtentwicklung Zürich aufgrund von Erfahrungen und Branchengesprächen gesammelt und in dem Leitfaden gebündelt hat. Welche dieser Massnahmen sind realistisch und welche Wunschdenken? Am vergangenen Montag, 30. März 2015, stellte die Stadt das Papier der Öffentlichkeit vor. Architekt Aurelio Vaccani und Pensimo-CEO Jörg Koch stellten zuerst in ihren Referaten Bauten und Projekte aus der Praxis vor. Anschliessend diskutierte ein gewichtig besetztes Podium unter der Leitung von Hochparterre-Redaktorin Rahel Marti über den Leitfaden. Albert Leiser, Direktor des Zürcher Hauseigentümerverbands, gab sich geschmeidig: Das Papier fasse lediglich zusammen, was viele Hauseigentümer seit langem praktizierten – weil diese mit ihrer Liegenschaft, den Mieterinnen und dem Quartier ohnehin eng verbunden seien. Die Empfehlungen müssten aber unbedingt freiwillig bleiben, forderte Leiser. Ähnlich reagierte Eva Schumacher: Der städtische Leitfaden unterstütze jene Privaten, die in diesem Sinn handeln wollten, sagte die Geschäftsführerin der Sektion Zürich des Hausvereins. Sie werde das Papier breit verteilen. Auch der Direktor der städtischen Liegenschaftenverwaltung Arno Roggo und der Präsident der Wohnbaugenossenschaften Zürich, Peter Schmid, begrüssten den Leitfaden als Papier der guten Absichten und des steten Dialogs zwischen der Stadt und der Branche in Wohnfragen. Skeptischer reagierte Alex Schärer, Chef Immobilien der Migros Pensionskasse. Persönlich begrüsse zwar auch er den Leitfaden. So lange die Nachfrage im Raum Zürich aber so hoch bleibe, könnten Investoren jede Wohnung vermieten, auch qualitativ schlechte in Siedlungen ohne soziale Räume.
Finanzgetriebene Investoren werden sich vom neuen Papier darum wohl wenig beeindrucken lassen. Indirekt aber vielleicht schon: So wurde klar, dass es für Immobilienfirmen aufgrund des öffentlichen Drucks mittlerweile rufschädigend sein kann, wenn sie mit Mieterinnen und Mietern schlecht umgehen oder die Mieten unangemessen erhöhen.

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