«Schöne Aussichten - von Engagement, Verantwortung und Relevanz» lautete das Thema des Rapperswiler Tages

Schöne Aussichten?

Vor einer Woche traf sich die Landschaftsarchitekturwelt zum Rapperswiler Tag 2014. «Schöne Aussichten» hiess der Titel, und zum Schluss liess er sich mit etwas Goodwill auch bestätigen.

Die Landschaft ist in aller Munde, aber zu wenig wird das Thema mit den Landschaftsarchitekten verknüpft – findet der Berufsstand. Da wollte der Rapperswiler Tag, die traditionelle Jahrestagung der Landschaftsarchitektur, Gegensteuer geben. «Schöne Aussichten» hiess sein Titel, und es ging um «Engagement, Verantwortung und Relevanz.»

Fulminant eröffnete Stefan Kurath die Tagung: «Wartet nicht, bis andere etwas tun! Kümmert Euch nicht nur um die Landschaft – mischt Euch in alles ein! Setzt nichts voraus und seid Euch bewusst: Politische Landschaftsarchitektur bleibt immer riskant!» Kurath, Professor für Architektur und Städtebau an der ZHAW, hat beides studiert, Architektur und Landschaftsarchitektur, und war darum prädestiniert für die einfeuernde Rolle am Tag. Planerinnen und Planer gingen meist davon aus, dass ihre ideengeschichtlich abgeleiteten Idealvorstellungen «richtig» seien und darum akzeptiert würden – statt an den Aushandlungsprozessen teilzunehmen, in denen Stadt entstehe.

Im Lauf des Tages boten Referentinnen Anschauungsbeispiele, wie Landschaftsarchitekten sich einbringen können in Stadt und in Gesellschaft. Zum Beispiel Ines-Ulrike Rudolph, die vom parzitipativen Prozess für die Öffnung des Flughafen Tempelhofs in Berlin berichtete. Oder Marco Broekman von Karres en Brands, der erzählte, wie kollektiv die Landschaftsarchitektur in den Niederlanden heute funktioniert. Oder Sabine Wolf, wie erläuterte, dass kleine und kollektive Gartenprojekte ein wichtiges Entwicklungsfeld für die Errichtung der Genossenschaftssiedlung Kalkbreite waren. Oder das Atelier Le Balto, das über drei Jahre mit Schülerinnen temporäre Gärten für die Internationale Gartenschau in Hamburg-Willhelmsburg entwarf und baute.
Zwei graue Eminenzen brachten kritische Voten ein: Planungssoziologe Wulf Tessin skizzierte den Landschaftsarchitekten als machtbewussten Selbstdarsteller, der nicht unbedingt an der Meinung seiner «Opfer» interessiert sei. Peter Latz forderte nach einem Rückblick auf seine 50 Jahre Landschaftsarchitektur eine Verbreiterung und Vertiefung der Kompetenz dieses Fachs. «Der Aufgabenbereich verschiebt sich. Es reicht nicht mehr, im Studium 250 Pflanzen auswendig zu kennen.»

Die Schlussdiskussion zeigte einmal mehr auf, dass in der Ausbildung nicht alles zum Besten bestellt ist. Das Programm für Bachelor-Studierende ist zwar übervoll, weist aber wenig Schnittstellen zu verwandten Disziplinen wie Raumplanung und Architektur auf. Kaum jemand macht dann den Schritt zum Master-Studium an der ETH Zürich, zumal der Kontakt zwischen den beiden Hochschulen nicht funktioniert.
Doch Engagement, sagte ein Praktiker im Publikum, könne man nicht lehren. Das müsse jede und jeder selbst mitbringen – und leben. Die Zeit dafür wäre jedenfalls da - von der Zersiedelung bis zur Verdichtung reichen die Themen, in die sich Landschaftsarchitektinnen mit ihren Freiraum-Kompetenzen einmischen müssen.

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