Der Container informiert mit harten Fakten und Videobeiträgen über Sinn und Zweck der Raumplanung. Fotos: zVg © Heidi Hostettler 2012

Raumplanung auf Reisen

ETH und SIA erklären in einer Wanderausstellung, warum es Raumplanung braucht. Seit gestern macht der Info-Container in Bern Halt. Bis Oktober reist er in 18 weitere Städte.

Raumplanung ist nötiger denn je. Das hat das Schweizer Volk an der Abstimmung zur Zweitwohnungsinitiative überraschend eingesehen. Um auch die restlichen 50 Prozent der Bevölkerung wach zu rütteln, lancieren die ETH Zürich und der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA eine Wanderausstellung. Ein Schiffscontainer reist bis Oktober in 19 Städte zwischen Genf, St. Gallen und Lugano. Den ersten Halt macht die dreisprachige Schau in Bern. «Darum Raumplanung», so der trockene Titel, gibt acht Antworten auf die Frage: «Warum?» Landschaft schützen, Ressourcen schonen, Naturgefahren ausweichen, so einige der Argumente. Diese bleiben nicht im luftleeren Raum. Die Ausstellung untermauert die Schlüsse mit nackten Zahlen. 135 Quadratmeter Bauzone braucht ein Städter in der Schweiz, auf dem Land sind es 482. In den letzten zehn Jahren wurden 7000 Wohnungen ausserhalb der Bauzone erstellt. 500 Kilometer Lawinenverbauungen schützen Siedlungsgebiete und Verkehrswege. In urbanen Gebieten entfallen 2 Kilometer Gemeindestrasse auf eine Person, in ländlicher Umgebung sind es 17. Die Fakten zeigen eindrücklich, was unsere Umgebung alles leisten muss. Und sie machen klar: Von schonendem Umgang mit der Ressource Boden, wie ihn die Verfassung fordert, kann keine Rede sein.

In Videos macht die Ausstellung den Sprung in die Praxis. Der Besucher fährt mit dem Zürcher Kantonsplaner Wilhelm Natrup im Tram durchs Glattal. Er besteigt mit «Lausanne Ouest»-Projektleiterin Ariane Widmer Pham einen alten Gaskessel in Malley. Oder steht mit Paolo Poggiati, dem Kantonsplaner des Tessins, in der Magadinoebene. So erfährt man viel über die konkreten Probleme und Sorgen der Raumplaner vor Ort. Leider ist der Wechsel von der Statistik in die Landschaft teils etwas abrupt. Wer die Themen nicht schon kennt, wird mit mehr Fragen als Antworten nach Hause gehen. Auch fehlt der kritische Blick von aussen auf die Planungen. Überraschend sind die Einspielungen aus den 70er Jahren, die alle im Archiv des Schweizer Fernsehens zu sehen sind. Schon damals meinte man, Teleshopping löse die Staus in Luft auf. Häuser wurden ebenfalls verschoben, um Platz für Verkehrsadern zu machen. Und euphorisch bauten man neue Einkaufszentren abseits der Zentren, etwa jenes in Spreitenbach. Die Bilder machen deutlich, dass 40 Jahre später viele Probleme dieselben geblieben sind. Die Ausstellung ist unabhängig von Raum und Ort. Sämtliche Inhalte sind auch im Internet zu finden. Zudem richtet sich die Kuratorin Martina Koll-Schretzenmayr an Schulen und hat ein Lehrmittel entwickelt. Damit die kommende Generation an der Gemeindeversammlung weitsichtig stimmt – wenn es denn noch Raum zu planen gibt.

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