Das kleine Häuschen an der Affolternstrasse das abgebrochen werden soll. Fotos: Heinrich Frei

Leserbrief: «Ein Bijou wird wegrasiert»

Hochparterre-Leser Heinrich Frei beobachtet die bauliche Entwicklung in Zürich-Oerlikon. Er bedauert, dass ein weiteres Baugespann den Abbruch eines kleinen Häuschen ankündigt.

«An der Affolternstrasse in Oerlikon wurden in den letzten Jahren viele Häuser abgebrochen, alte und weniger alte Häuser, schöne und weniger schöne. In den so genannten Ersatzbauten gab es nachher natürlich viel komfortablere Wohnungen als vorher, aber zum Wohnen wurde es dann dort auch viel teurer. Die Affolternstrasse wurde durch die neuen Flachdachbauten auch ein wenig langweiliger, und das Grün entlang der Strasse spärlicher. Auch die Hühner in einem Vorgarten verschwanden vor einigen Jahren. Wieder wurde ein Baugespann aufgestellt, das zeigt, dass demnächst wieder der Baggerzahn in Aktion treten wird. Ein kleines Häuschen soll abgebrochen werden, das sicher weit über hundert Jahre alt ist, ein wirkliches Bijou wird wegrasiert. Leider!»

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Kommentare

Danièle Heinzer 10.12.2018 22:01
Es freut mich ausserordentlich diesen Beitrag zu sehen bzw lesen. Mit grösstem Bedauern habe ich das Baugespann kürzlich auch entdeckt. Eines der bald letzten Zeugen des alten industriellen Oerlikons muss wohl bald wieder einer schaurig nichtssagenden Kompaktfassade à la gegenüber weichen. Man kann nur hoffen, dass sich der Neubau am doch recht interessanten Metallbau orientieren wird, welcher sich jetzt noch dezent hinter der romantischen Backsteinfassade verbirgt. Wo bleibt der Schutz für das Ortsbild in Oerlikon? Ein Haus wird unter massivem Aufwand verschoben, der Rest mag verschwinden, ist ja nur die Nordküste..
Andreas Konrad 10.12.2018 17:46
Früher drückte man dem Bauherren einen Katalog in die Hand : Angenehme Fassaden mit italienischen Proportionen , die er dann nach Bedarf mit Zubehör anreichern konnte . Die guten , alten Baumeister -Häuser . Leider scheint das derzeitige Kulturverständnis an einem Nullpunkt angelangt . Diese klassisch proportionierten und schön gestalteten Gebäude verschwinden zugunsten modernistischer Blöcke mit ihren « Arschlochfassaden » : Schallschutzwände mit kleinen Guck - und Agglofenstern oder geisteskranken Materialmixen , wo man zwischen Wellblech und Sickerkies auch gutwillig keinerlei Gestaltungswillen mehr erkennen kann. Zürcher Architekten haben den Sinn für die Bekleidung ihrer Werke verloren . Zwischen all dem Sichtbeton und den momentan grassierenden , äusserst hässlichen Alu - fenster, die immer so aussehen, als hätte sie ein blinder Altstoffhändler zusammengebastelt , tut sich das Elend auf . Schade . Es braucht eine Renaissance der Schönheit , ein Wiederentdecken der überkommenen Proportionen . Und grosszügige Sprengung all der Verbrechen zwischen 1960 und heute , damit wieder Gutes entstehen kann . Zürich hat genug gelitten .
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