Kinder, bringt eure Eltern
Eine Ausstellung in der Kunsthalle Zürich führt durch 100 Jahre Spielplatzgeschichte und zeigt, was alles möglich ist.
«Kinder sind wie Uhren», hat der Schriftsteller Jean Paul einmal gesagt. «Man darf sie nicht nur aufziehen, man muss sie auch gehen lassen». Diesem «gehen lassen» widmet sich «Playground Project», die aktuelle Ausstellung in der Zürcher Kunsthalle. Kuratiert von der Stadtplanerin Gabriela Burkhalter lädt sie nicht nur Kunstfreunde ein. Für die Kleinen bietet sie Seile zum Schaukeln, Netze zum klettern und einen original «Lozziwurm», die vom Schweizer Bildhauer Yvan Pestalozzi erfundene Rutsch- und Kletterröhre, welche in den 70er Jahren auf Spielplätzen in ganz Europa lag. Für die Grossen breitet sie 100 Jahre Spielplatzgeschichte aus, vom Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Sozialreformer das «herumlungernde Kind» von der Strasse holten und es auf betreute, nach Geschlecht getrennte Plätze «in Sicherheit» brachten, über die 30er Jahre, als das Gestalten mit Wasser und Sand an Bedeutung gewann, die 70er Jahre mit dem gemeinschaftlichen Experimentieren bis hin zu den 80er Jahren, als Norm und Langeweile Einzug hielten. Dass sich seitdem vergleichsweise wenig verändert hat, weiss jeder, der kleine Kinder hat. Die Trilogie aus Schaukel, Rutsche und Sandkasten dominiert allzu oft. Mit der Gestaltung eines Spielplatzes können Planer keine Karriere machen – diese Ausrede lässt die Ausstellung aber nicht gelten. Sie will im Gegenteil zeigen, was möglich ist. Neben den Schulhofklassikern des Schweizers Michael Grossert, den Aktionen der Group Ludic in Frankreich und den Bauexperimenten von Riccardo Dalisi in Neapel versammelt sie auch aktuelle Lichtblicke. Seien es eine Autoreifen-Schaukel in Lima, eine Bambuswippe in Brasilien oder eine Malwand in Indien - Spielplätze aus aller Welt, von Rural Studio in den USA, von Alejandro Aravena in Chile und von Assemble in Grossbritannien zeigen, dass die derzeitige Rückbesinnung auf Selbstbau und Gemeinschaft die vernachlässigten Nischen der Stadt wieder ins Licht zu rücken vermag.