«Es geht um die Nutzungen», schreibt Hans Widmer. «Architektur allein garantiert kein gutes Stadtleben.» Fotos: Maria Rehli

Gerechtigkeit macht Städte schön

Die Stadt fürs glückliche Leben ist keine Architektenstadt, schreibt der Zürcher Autor Hans Widmer. Die ‹Andere Stadt› braucht Landwirtschaft, Bäder und Geselligkeit.

Wie müssen Städte aussehen, die glücklich machen? Die Urbanistinnen und Stadtforscher weisen auf eine ganze Reihe von Faktoren hin, die Städte lebenswert machen: abwechslungsreiche Erdgeschosse, halböffentliche Räume wie Arkaden und Galerien, weiche Ränder, Fussgängerfreundlichkeit, kurze Häuserblocks, Räume für Entfaltung, Kinos und Restaurants, keine Autos und keine Hochhäuser. Die Empfehlungen der Urbanistinnen bleiben jedoch oft an der Oberfläche, weil Städte durch ihre wirtschaftliche Grundlage und nicht durch urbanes Design geprägt werden. Wir aber wollen die Stadt nicht nur verschönern, sondern sie in ihrer sozialen Substanz verändern. Disneyland genügt nicht.Die Andere Stadt ist die Commons-Stadt. Sie erlaubt es den Menschen, die Stadt selbst zu gestalten. Zentralität stellen wir für uns selbst her. Diversität brauchen wir überall, um uns zu amüsieren und um gesund zu bleiben. Aneignung heisst Commons. Statt einer Gentrifizierung, die Menschen ausschliesst und Städte monoton macht, muss es eine ‹Commonifizierung› geben, die von der Vielfalt lebt. Wer nicht von einer postkapitalistischen Commons-Stadt reden will, soll also von urbaner Qualität und von glücklichen Städten schweigen. Erst Gerechtigkeit macht Städte schön.Die Andere Stadt ist keine ArchitektenstadtArchitektur ist kein Thema der Anderen Stadt. Ob eine Stadt schön, hässlich oder langweilig ist, ist ohnehin kulturbedingt. Strikte Bauregeln wie in Paris, Barcelona, in der Berner Altstadt, in La Chaux-de-Fonds oder in Heiden oder monotone Fassaden machen eine Stadt nicht notwendigerweise langweilig. Entscheidend ist, was sich auf dem Boden, wo die Menschen sind, abspielt. Es gibt ‹helikopterschöne› Städte, die für das Bodenpersonal schrecklich sind – wie zum Beispiel Brasilia. Die Frage der Strassenbreite hängt von der Dosierung und der Nutzung ab. Breite Boulevards wie der Bou...
Gerechtigkeit macht Städte schön

Die Stadt fürs glückliche Leben ist keine Architektenstadt, schreibt der Zürcher Autor Hans Widmer. Die ‹Andere Stadt› braucht Landwirtschaft, Bäder und Geselligkeit.

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