Gesamtkonzept (ohne Zufahrten) im Überblick. Orange: RBS-Bahnhof als Neubau tief (1) oder als Erweiterung des bestehenden Bahnhofs (2), bis 2025. Rot: vier zusätzliche SBB-Gleise, bis 2035 Fotos: ZBB/Hochparterre

Der vernünftigste aller Bahnhöfe

Grosser Bahnhof, abgespeckt: Heute wurde in Bern das Gesamtkonzept für den Ausbau des Bahnhofs Bern vorgestellt. Priorität haben dabei der meterspurige Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) und die Publikumsanlagen – insbesondere die Perronzugänge – im Bahnhof.

Es geht wiederum um Hochparterres Lieblingsbahnhof, den von Bern. Nach dreijährigem Variantenstudium liegt nun das «Gesamtprojekt im Überblick» vor. Es trägt den vielversprechenden Namen «Zukunft Bahnhof Bern» (ZBB). Barbara Egger, die zuständige Regierungsrätin, stellte ganz am Anfang der Pressekonferenz vom 4. Juli völlig ungerührt und eher nebenbei fest, dass es keine Kombination von Normal- und Schmalspur geben werde. Sie verzichtete darauf, weiter festzustellen, dass dies die bisherige Marschrichtung der Planung gewesen war. Anders herum: Jahrzehntelang hatte man auf Betreiben des Regionalverkehrs Bern-Solothurn (RBS) eine unsinnige Ausdehnung des Schmalspurnetzes geplant. Das ist vom Tisch und schon vergessen. Die Glaubwürdigkeit der Planer allerdings fördert es nicht.


Die praktische Vernunft hat Einzug gehalten in Bern. Schön getrennt sollen nun Normal- und Schmalspur weiter planen. Die SBB will vier zusätzliche Gleise in den Hang der Grossen Schanze graben. Diese seitliche Erweiterung kommt aber erst ab 2025. Vorher schon, ab 2015, sollen die Publikumsanlagen ausgebaut werden, hauptsächlich eine zweite Unterführung im Westen. Bipolarität heisst das in Bern. Unter ferner liefen ist auch die Länggass-Schlaufe noch denkbar, eine «Rückfallposition».


Für die Schmalspur gibt es noch zwei Varianten. Seitlich hinten und vorne tief. Entweder wird hinten neben dem bestehenden RBS-Bahnhof ein zweiter gebaut oder ein neuer Tiefbahnhof vorne, wie er schon in der Machbarkeitsstudie 2008 zu finden war. Beide Varianten sind ungefähr gleich teuer, so um die 520 Millionen. 


Die Erweiterung unter der Grossen Schanze für die Normalspur leuchtet ein. Man wird sich nur fragen müssen, welche Optionen man sich in der Zukunft damit verbaut. Nicht im Bahnhof allein, sondern auch im gesamten Netz. Denn der erste Eindruck der Gesamtlösung ist der einer Bahnhofslösung. Aber nicht das klügste Projekt ist das beste, es ist das durchsetzbarste.

Für die beiden Schmalspurvarianten sind die Geologie und der unbeirrte Wille des RBS nach vorn zu kommen entscheidend. Sondierbohrungen werden zeigen, ob das Gestein neben dem bestehenden Bahnhof für die Erweiterung seitlich geeignet ist. Der Tiefbahnhof vorn hat den alten Nachteil, dass er aus geologischen Gründen 25 Meter tief im Boden steckt, man also eine Hochhaushöhe überwinden muss. Weil die Schmalspur einen knapperen Querschnitt erlaubt, ist der Tiefbahnhof geschrumpft. Allerdings denkt man beim Betrachten des mitgelieferten Schaubilds: Das ist eine Angströhre, in der mir die Decke auf den Kopf drückt.


Was stadtverträglicher ist, ist schwer zu sagen, da vor allem die Schienen untersucht wurden und weniger die der Städtebau. Sicher ist, dass die Verlagerung nach Westen mit den neuen Publikumsanlagen verstärkt wird. In Bern, wo die Stadt am Loebegge aufhört, braucht das noch etwas Gewöhnung.


Wenn man sich die Pläne von 2008 vor Augen hält und wenn man sich an die unbeirrte offizielle Überzeugung von damals erinnert, dass genau dieses überrissene Projekt der beste aller möglichen Bahnhöfe sei, so ist man heute erleichtert. Jetzt haben wir die «vernünftigste Lösung», vermutlich wird es die mit dem Schmalspurbahnhof hinten seitlich sein. Abzuwägen wäre noch, was geschieht, wenn nur die erste Etappe gebaut würde. So hoffentlich um 2025 wären ein neuer RBS-Bahnhof und eine neue Unterführung im Westen vorhanden. Eine durchaus vorstellbarer Zustand bis zur Erweiterung unter der Grossen Schanze. Zusammenfassend: Hochparterre hat die offizielle Planung bisher immer kritisiert und klopft sich auf die Schultern, etwas weniges beigetragen zu haben, dass die praktische Vernunft auch der vereinigten Berner Planungsintelligenz aufgeleuchtet ist.  


www.zukunftbahnhofbern.ch

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